Toro Rosso hinterließ bei den diesjährigen Testfahrten einen soliden Eindruck. Dennoch ist es schwierig das derzeitige Leistungsvermögen des Teams aus Faenza einzuschätzen, da sich die neuen Fahrer Daniel Ricciardo und Jean-Eric Vergne erst in die Arbeitsabläufe einfinden mussten. Für Vergne galt es zunächst, sich auf Boxenstopps in einem Formel-1-Boliden vorzubereiten, wodurch in dieser Zeit keine Entwicklungen am Auto vorgenommen werden konnten.

Im Laufe der Testfahrten traten einige technische Probleme wie etwa ein Motorschaden auf. Diese konnten zwar schnell behoben werden, doch erreichte man so nicht die angestrebte Zahl an Testkilometern und konnte nur mit Ricciardo eine Rennsimulation durchführen. Nichtsdestotrotz scheint das Team für den Saisonbeginn gewappnet und wird versuchen, sich mit der bei Weitem unerfahrensten Fahrerpaarung im Mittelfeld gut zu positionieren.

Das Team: Die Scuderia Toro Rosso verlor in der vergangenen Saison den Kampf um Platz sieben in der Teamwertung knapp gegen Sauber. Insgesamt verzeichnete das Schwester-Team von Red Bull neun Ausfälle, teils aufgrund technischer Defekte und Fehlern bei Boxenstopps. Teamchef Franz Tost peilt dieses Jahr Rang sechs in der Konstrukteurswertung an, mit Platz sieben würde man sich auch noch zufrieden geben.

Teamchef Franz Tost gibt Platz sechs in der Teamwertung als Ziel aus, Foto: Sutton
Teamchef Franz Tost gibt Platz sechs in der Teamwertung als Ziel aus, Foto: Sutton

An der Performance bei den Boxenstopps wurde über den Winter intensiv gearbeitet, denn im in dieser Saison wohl noch enger zusammenrückenden Mittelfeld zählt jedes Detail. Tost glaubt, dass eine erste Bilanz des aktuellen Leistungsstandes erst nach dem Rennen in China möglich sein wird, da Melbourne und Sepang sehr spezielle Rennen seien.

Die Fahrer: Toro Rosso verfügt mit dem 22-jährigen Daniel Ricciardo und dem ein Jahr jüngeren Jean-Eric Vergne - beide sind zusammen übrigens so alt wie Michael Schumacher - über das jüngste Fahrerduo des Starterfelds. Beide stammen aus der Nachwuchsförderung von Red Bull und stehen seit 2010 bzw. 2011 bei Toro Rosso als Test- und Ersatzfahrer unter Vertrag. Beide hatten zuvor bei den sogenannten Young Driver Days Bestzeiten in den Asphalt gebrannt und sich so für die Königsklasse des Motorsports empfohlen.

Jean-Eric Vergne und Daniel Ricciardo sind zusammen so alt wie Michael Schumacher, Foto: Sutton
Jean-Eric Vergne und Daniel Ricciardo sind zusammen so alt wie Michael Schumacher, Foto: Sutton

Während Ricciardo 2011 neben einigen Freitagseinsätzen elf Rennen für HRT bestritt, wo er Narain Karthikeyan ersetzte, ist Vergne ein waschechter Rookie. Auf dem Australier mit italienischen Wurzeln und dem Franzosen aus Pontoise wird sicherlich ebenso viel Druck lasten wie auf ihren Vorgängern Jaime Alguersuari und Sebastien Buemi, die im Winter aufgrund enttäuschter Erwartungshaltungen ihre Cockpits räumen mussten.

Das Auto: Daniel Ricciardo bezeichnet den STR7 als "sexy". Wie der Name bereits vermuten lässt, ist es das siebte Auto, das unter der Bezeichnung Scuderia Toro Rosso an den Start geht. Allerdings ist es erst der dritte Bolide, der komplett am Teamsitz in Faenza entworfen und gebaut sowie im Windkanal in Bicester getestet wurde.

Daniel Ricciardo findet den STR7 'sexy', Foto: Toro Rosso
Daniel Ricciardo findet den STR7 'sexy', Foto: Toro Rosso

Am Konzept des STR6 wurde größtenteils festgehalten. Der Nachfolger ist in erster Linie dünner und stromlinienförmiger, die Seitenkästen wurden vergrößert. Toro Rosso profitiert vom Verbot der niedrigen Auspufflösungen, da das System am STR6 im Gegensatz zum Auto des Schwester-Teams, dem RB7, nicht zur vollsten Zufriedenheit funktioniert hatte.

Saisonziel: Sauber davonfahren

PRO: 'Nur weiter so!' lautet das Motto der Scuderia Toro Rosso für das Jahr 2012. Zu Saisonende 2011 waren die Italiener zusammen mit Force India das stärkste Mittelfeldteam, legten einen starken Schlussspurt hin. Darauf konnte man im Winter aufbauen, arbeitete solide. Mit dem Rauswurf von Buemi und Alguersuari und der Hereinnahme von Ricciardo und Vergne hat man zudem die Teamphilosophie klar unterstrichen. Es geht um den Aufbau von guten Rookies fürs Hauptteam Red Bull. Dieses Ziel kann man kommende Saison mit aller Ruhe und voller Konzentration verfolgen. Die WM-Platzierung ist dabei nicht so wichtig wie der Ausbildungsauftrag - das nimmt allen Beteiligten Druck und sollte sich folglich durchaus positiv auf die Performance auswirken. (Frederik Hackbarth)

CONTRA:Toro Rosso stellte für die Testfahrten vor Saisonbeginn ein zuverlässiges und schnelles Auto auf die Räder. Als Manko für das italienische Team könnte sich die Unerfahrenheit der beiden Stammpiloten erweisen. Jean-Eric Vergne gibt in Melbourne sein Debüt in der Formel 1. Daniel Ricciardo hat elf Grand-Prix-Starts aus der letzten Saison auf dem Buckel. Ob die beiden Youngster dem Team im Entwicklungswettlauf mit der Konkurrenz technisch weiterhelfen können, wird sich erst noch herausstellen. Der Schuss, in der Winterpause beide Fahrer gegen Neulinge auszutauschen, könnte für Toro Rosso im Kampf um wichtige Plätze in der Konstrukteurswertung auch gut nach hinten los gehen. (Philipp Dunker)