Das Williams-Team befand sich zuletzt im freien Fall. Lediglich fünf Punkte konnte der Traditionsrennstall 2011 erzielen. Der schlechteste Wert seit der Gründung des Teams 1977. Nach einer teaminternen Umstrukturierung sowohl in der Geschäftsführung als auch auf dem technischen Sektor will der Williams-Rennstall den Abwärtstrend umkehren.

Neu an Bord als Motorenhersteller ist Rückkehrer Renault. Mit dem französischen Hersteller im Rücken dominierte Williams die Formel 1 über weite Teile der 90er Jahre. Vier Fahrer-Weltmeisterschaften und fünf Konstrukteurstitel im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrtausends sprechen eine eindeutige Sprache. Daran möchte das Team ab 2012 wieder anknüpfen.

Das Team Neun Konstrukteurstitel und 113 GP-Siege kann Williams vorweisen. Der letzte Titel geht allerdings auf das Jahr 1997 mit Jacques Villeneuve zurück. Den letzten Sieg konnte Juan-Pablo Montoya 2004 in Sao Paulo einfahren. Lange Zeit ist es her. Seither rutschte das ehemals erfolgsverwöhnte Team in der Konstrukteurswertung immer weiter ab. Mitte 2011 zog die Geschäftsführung die Reißleine. Technik-Direktor Sam Michael musste das Team verlassen. Stattdessen stieß der ehemalige McLaren-Ingenieur Mike Coughlan zum Team.

Frank Williams hofft 2012 auf regelmäßige Punkteplatzierungen, Foto: Sutton
Frank Williams hofft 2012 auf regelmäßige Punkteplatzierungen, Foto: Sutton

Nach 35 Jahren an Bord trat zum Jahreswechsel auch Patrick Head ins zweite Glied. Zuletzt gab Teamchef Frank Williams aus Altergründen seinen Abschied aus dem Vorstand des Rennstalls bekannt. Die Umstrukturierung ist also noch in vollem Gange. Technisch scheint das Team nach den Testfahrten verbessert dazustehen. "Es sieht gut aus. Im Mittelfeld ist aber alles sehr eng. Wir stehen auf jeden Fall besser da als voriges Jahr", ist Pilot Pastor Maldonado optimistisch.

Die Fahrer Williams ist inzwischen auf Paydriver angewiesen. Pastor Maldonado liefert beim Team Millionen aus der venezolanischen Ölindustrie ab. Bruno Senna hat ebenfalls die ein oder andere Sponsoren-Million im Köcher. Damit ersetzt er kommende Saison Rubens Barrichello. Pastor Maldonado fuhr 2011 seine erste Formel-1-Saison. Bruno Senna bestritt bisher 26 Grand Prix. Ob diese noch recht unerfahrene Fahrerpaarung die technische Weiterentwicklung bei Williams im Laufe der Saison mit positiven Impulsen unterstützen können, bleibt fraglich.

Können Maldonado und Senna wichtige Impulse geben?, Foto: Sutton
Können Maldonado und Senna wichtige Impulse geben?, Foto: Sutton

Nichtsdestotrotz zog sich Maldonado vergangene Saison gegen Rubens Barrichello durchaus beachtlich aus der Affäre. Die Kombination aus Williams-Renault und Senna gab es vor nunmehr 18 Jahren bereits einmal in der Formel 1. 1994 nahm Bruno Sennas Onkel, Ayrton, hinter dem Williams-Lenkrad Platz. Bruno Senna war während der Testfahrten noch nicht am Limit unterwegs und ist auch deshalb optimistisch. "Zwischen den Testfahrten und Melbourne sollte noch einiges kommen, was dem Auto ein bisschen mehr an Performance bringt."

Das Auto Williams glänzte bei den Testfahrten zwar nicht mit Bestzeiten, lag aber mit der in Barcelona gefahrenen Zeit am Ende der zweiten Testphase über die gesamt Distanz gesehen im vorderen Feld. Zuverlässig scheint das Auto auch zu sein. Technisch hat Williams aus den Fehlern der vergangenen Saison gelernt. Der obere Querlenker der Hinterachse ist nicht mehr an der Heckflügelstütze befestigt, sondern an einem Rahmen am Getriebegehäuse. Damit steigt die Verwindungssteifigkeit im Heckbereich. Dort war im vergangenen Jahr einer der Konstruktionsfehler des Autos begraben.

Laut erster Einschätzungen scheint der neue Williams eine Verbesserung gegenüber 2011 zu sein, Foto: Sutton
Laut erster Einschätzungen scheint der neue Williams eine Verbesserung gegenüber 2011 zu sein, Foto: Sutton

Einen weiteren Pluspunkt haben die Fahrer im neuen Renault-Motor ausgemacht. Im Vergleich zum bisherigen Cosworth-Motor besitzt der französische Treibsatz im Heck eine deutlich bessere Fahrbarkeit. Wo das Team in Melbourne letztlich stehen wird, vermag noch niemand genau zu sagen. Teamintern wird jedoch eine Verbesserung gegenüber dem letzten Jahr diagnostiziert, allerdings bei einem deutlich enger zusammenliegenden Feld.

Saisonziel: Regelmäßig punkten

PRO: Williams startet nach einigen sehr mageren Jahren ab 2012 wieder mit Renault-Motoren. Man erhofft sich viel von dieser Partnerschaft, wenngleich das Anknüpfen an alte Erfolge und Weltmeistertitel sicherlich nicht realisiert werden kann - zumindest nicht in naher Zukunft. Dennoch sprechen die Zeiten der Testfahrten eine positive Sprache. Vielleicht klappt es in dieser Saison mit einem jungen und dynamischen Fahrergespann wieder mit einem vorderen Platz im Mittelfeld.(Marion Rott)

CONTRA: Mit dem neuen Boliden scheint Williams durchaus ein Schritt nach vorne gelungen zu sein, allerdings hätte der FW34 im Vergleich zum Vorgängermodell auch nicht viel schlechter sein können. Nur magere fünf Punkte fuhr Williams 2011 ein. Somit sollte das Team diese Saison lieber erst mal tief stapeln und versuchen konstant in die Punkte zu fahren. Träumereien von 100 WM-Punkten oder gar Podestplätze sind aktuell fehl am Platz.(Kerstin Hasenbichler)