Alex, was ist dein Eindruck vom ersten Indien Grand Prix?
Alexander Wurz: Ich bin ein Racer, deshalb schaue ich erst einmal auf das Rennen selbst: Es war ein tolles Rennen, nicht das aufregendste, aber wenn man sieht, wie die Fahrer auf der Strecke gekämpft haben, dann ist das cool. Die Streckenführung an sich ist gut. Rund herum sind wir alle ein bisschen verwöhnt, da gibt es noch einige Bereiche zu verbessern, aber unterm Strich ist dies ein wichtiger Schritt auf einen wichtigen Markt mit 1,2 Milliarden Menschen. Und es hat sich wirklich jeder Taxifahrer, jeder Mensch hier in Delhi, mit dem Grand Prix identifiziert.

So gesehen gehört die Formel 1 eher nach Indien als nach Korea?
Alexander Wurz: Von der Akzeptanz her ja. Die Inder haben den Vorteil, dass sie mit Fahrern und einem eigenen Team in die Formel 1 drängen. Zwar nicht ganz vorne, aber sie sind dabei. Das ist ein Vorteil, um die Begeisterung zu wecken. Aber von den Emotionen her nehmen die Inder das Ganze weit mehr an als die Koreaner.

Vettel war heute wieder unantastbar, oder?
Alexander Wurz: Ja, absolut unantastbar. So eine Leistung über die gesamte Saison hinweg, das sieht man ganz selten. Einzelne Höchstleistungen sieht man oft, aber wenn einer kommt, und mit einem Auto, mit dem der Teamkollege nicht dominant sein kann, alles so dominiert, dann muss man ihn wirklich als einen ganz Großen ansehen. Man muss sich das mal vor Augen halten: Webber wird ja nicht laufend Zweiter; der muss kämpfen, um überhaupt aufs Podest zu kommen. Das zeigt einfach Vettels unmenschliche Form.

Sebastian Vettel hat doch mit Button gespielt. Mal lässt er ihn rankommen, dann gibt er wieder Gas. Wie siehst du das?
Alexander Wurz: Es ist kein Spiel, auch wenn es so ausschaut. Wenn einer was wirklich gut kann, sieht es immer leicht aus. Das Schlimme ist, dass er es immer wieder erneut ohne einen Durchhänger so vorexerziert. Ich meine damit, dass er einfach nie den Bogen überspannt. Und das ist einfach unglaublich gut.

Wurz ist der Meinung, dass Rosberg nicht benachteiligt wurde, Foto: Mercedes GP
Wurz ist der Meinung, dass Rosberg nicht benachteiligt wurde, Foto: Mercedes GP

Verstehst du, warum Red Bull immer so eine Panik kriegt, wenn Vettel am Ende noch schnellste Runden fährt?
Alexander Wurz: Die haben keine Angst davor, dass er rausfliegt. Die haben Angst, dass die anderen Teams wegen einer solchen Performance die FIA aufsuchen und versuchen, das Auto für illegal zu erklären. Die haben bei Red Bull mehr politische Angst als Angst vor dem Racing.

Kannst verstehen, warum Vettel es trotzdem macht?
Alexander Wurz: Ja, das verstehe ich schon, das machen andere auch. Speziell, wenn einfach von Runde zu Runde die Strecke schneller wird, macht es Spaß, noch einmal zu zeigen, was man kann. Zum Schluss ist es mit dem leichten Auto und wenig Reifenverschleiß am einfachsten, noch eine schnellste Runde zu fahren. Gut, einfach ist es nicht, aber für ihn schon.

Was sagst du zur Mercedes-Strategie? War das Absicht, Rosberg so früh reinzuholen? Irgendwie sieht das komisch aus.
Alexander Wurz: Man muss schauen: Wer hat mehr Reifen gespart? Schumacher war nicht für Q3 qualifiziert. Das ist für Nico nicht so gut gelaufen beim Start. Dass sie ihn früher reingeholt haben liegt einfach am neuen Reglement mit den Pirelli-Reifen, die da sicherlich mitspielen. Michael ist im Rennen sehr gut, Nico im Vergleich zum Qualifying nicht so brillant im Rennen.

Nico hat zumindest angedeutet, dass es nicht nötig gewesen wäre, ihn so früh reinzuholen.
Alexander Wurz: Das kann ich von außen nicht nachvollziehen. Man müsste das Rechenprogramm, das das Team erarbeitet hat, zurückverfolgen. Wenn Nico auf das Team schimpft, dann könnte er das tun, weil sie die falschen Daten in das Programm getippt haben, aber nicht, weil sie ihn benachteiligen.