Nico Rosberg wartet bei Mercedes GP weiter auf seinen ersten Karriere-Sieg. 2010 kam er von Williams zum damaligen Weltmeisterteam, doch die Leistungskurve des Ex-Brawn-Teams ging zunächst nach unten. Außerdem bekam er Michael Schumacher vor die Nase gesetzt. Bei Williams noch alleiniger Starfahrer, musste er sich schnell auf eine neue Situation einschießen.

"Wir haben hier zwei Führungskräfte", betont der GP2-Meister von 2005 gegenüber der FAZ. "Wir tauschen uns oft aus und treiben das Team gemeinsam voran. Wir haben meist dieselben Ideen und verlangen fast immer das Gleiche", so Rosberg weiter. Das helfe bei der Entwicklung, Teamorder gebe es nicht: "Es ist bei uns grundsätzlich so, dass beide Piloten gleichberechtigt sind."

Obwohl er im teaminternen Duell derzeit die Nase vorn hat, betont er, wie schwierig es ist, gegen den siebenfachen Weltmeister zu bestehen: "Michael fährt auf einem sehr hohen Niveau, auch in diesem Jahr. Es ist immer wieder sehr, sehr schwierig, ihn zu schlagen." Die Arbeitsweise im Team beschreibt der 26-jährige als "typisch deutsch". Neben der Leidenschaft interessiere ihn auch die theoretische Seite des Sports.

Die Komplexität des Fahrens

Beim Fahren müssen Einstellungen für das Differenzial, die Bremsbalance und die Motorbremse für jede Kurve neu angepasst werden, Foto: Sutton
Beim Fahren müssen Einstellungen für das Differenzial, die Bremsbalance und die Motorbremse für jede Kurve neu angepasst werden, Foto: Sutton

Die Praxis hingegen ist komplizierter, als viele denken: Während der Runde werden mehrfach Änderungen an der Abstimmung des Autos vorgenommen: "Zumindest muss man während einer Qualifying-Runde die Einstellungen nach einer Kurve schnell verändern, damit das Auto in der nächsten möglichst optimal liegt." Das gelte für die Bremsbalance ebenso wie für das Differenzial, das über vier Drehschalter am Lenkrad (Kurveneingang, -mitte, -ausgang und für schnelle Kurven) geregelt wird.

Zusätzlich müsse auf die Wirkung von KERS beim Bremsen geachtet werden, weil es wie eine zusätzliche Handbremse auf die Hinterräder wirke. "Schließlich gilt es noch die Wirkung der Motorbremse und der Auspuffgase auf die Aerodynamik zu beachten. Das ist alles sehr diffizil, weil sich die Bedingungen ständig ändern", schildert Rosberg die komplizierte Arbeit auf der suche nach Perfektion. Eine Windböe reiche bereits aus, dass man 15 Meter später könne, was einer Welt in der Formel 1 entspricht.

Ganz eigene Trainingsmethoden

Diese Perfektion gelte es allerdings auch noch bei ihm selbst zu suchen. Da das Fahren mittlerweile überwiegend Kopfsache sei, geht Rosberg beim Training ganz eigene Wege: "Ich spiele Memory im Liegestütz und versuche so Konzentrationsübungen mit körperlicher Belastung zu verbinden. Ich habe kleine Autos auf den Karten und damit spiele ich dann."

Der Wiesbadener ist außerdem überzeugt davon, dass es noch großes Potenzial beim Menschen für den Sport gebe: "Ich bin überzeugt, dass wir die Fähigkeit des Gehirns für Leistungssteigerungen im Sport noch längst nicht ausgenutzt haben. Wir alle sind noch meilenweit vom Optimum entfernt."

Sein Ziel sei es, Weltmeister zu werden. Am aktuellen Champion orientiere er sich dabei jedoch nicht: Sebastian Vettel sei kein Orientierungspunkt, er habe einen eigenen Plan, an die Spitze zu kommen. Diesen verrät er auch: "Ich muss mich immer wieder aufs Neue steigern, das Beste rausholen und der Überzeugung sein, dass das Top-Auto bald meins ist."