Ab 2013 führt die FIA neue 1,6-Liter-Turbomotoren mit vier Zylindern in der Formel 1 ein. Einer der davon überhaupt nicht begeistert ist, ist Niki Lauda. "Ich halte wenig davon und verstehe auch nicht, warum man immer kleinere Motoren macht. Man erwartet von der Formel 1 ein starkes Drehwerk für hohe Geschwindigkeiten mit einem gewissen Lärmpegel, den jeder will", gab der dreifach Weltmeister zu Protokoll. "Wenn jetzt der neue Motor kommt, muss man sich überlegen, wie man den lauter macht", meinte der Österreicher gegenüber RTL mit einem Kopfschütteln.

Viel wichtiger finde ich aber, dass sich die Automobilhersteller, die Mercedes, die Ferraris und die Renaults und wie sie alle heißen, auf das richtige Drehwerk der Zukunft einigen. Dadurch, dass die nie in der Lage sind, eine einheitliche Meinung zu abzugeben, kommt dann immer die FIA mit schlechten Kompromissen", meinte Lauda verärgert. Immerhin in diesem Jahr sei der Königsklasse in Sachen Spannung und Show aber ein Sprung gelungen - die kleineren Motoren würden diesen hoffentlich nicht wieder ungeschehen machen. Über die neue Formel 1 im Jahr 2011 meinte der Ex-Weltmeister: "Es ist eine andere Art geworden, Autorennen zu fahren."

"Die Strategen sind jetzt wesentlich mehr gefragt, das ist ein Plus geworden, was jetzt dazu kommt. Man muss nur aufpassen, dass die Zuschauer am Fernseher bei den vielen Stopps den Rennverlauf noch mitkommen. Vier Stopps darf es also auf keinen Fall geben", betonte der Österreicher und spekulierte, dass man nun im Qualifying sogar auf den ein oder anderen guten Startplatz verzichten könne, um im Rennen später besser da zu stehen. "Wenn Du einen neuen, weichen Reifensatz noch im Rennen zur Verfügung hast, kann tatsächlich auch dies eine sinnvolle Strategie sein", unterstrich er seine Theorie.

Vettel & Red Bull auf Kurs

In Bezug auf die allgemeine Ausgangssituation unter den Teams erklärte Lauda: "Red Bull ist das dominierende Team, McLaren hat ein wenig aufgeschlossen und in China die Schwäche von Red Bull genutzt. Bei Ferrari stellt sich die Frage, inwieweit man die Schwächen aus den ersten drei Rennen hat analysieren und mit Blick auf Istanbul hat beheben können." Die Hauptschwächen bei den Roten aus Maranello hatte der Experte schnell ausgemacht. "Die Kombination aus neuen Reifen und Aerodynamik passt bei Ferrari noch nicht zusammen, deswegen ist man noch nicht schnell genug", so der Ex-Ferrari-Pilot, der mit dem Team 1975 und 1977 immerhin zwei WM-Titel holte.

Von Mark Webber und Sebastian Vettel hat sich Niki Lauda ein genaues Bild gemacht - mit eindeutigem Ergebnis, Foto: Sutton
Von Mark Webber und Sebastian Vettel hat sich Niki Lauda ein genaues Bild gemacht - mit eindeutigem Ergebnis, Foto: Sutton

Klassenprimus Red Bull bescheinigte der Österreicher weiterhin hervorragende Karten, den letztjährigen Titel auch dieses Jahr verteidigen zu können. Bis dato sei die Saison bei seinen Landsleuten gut verlaufen. "Es gab keine ernsteren technischen Probleme. Dass in China eine abgerissene Antenne den Boxenfunk gestört hat, ist ein Detail am Rande. Allerdings hat Red Bull seit Anfang des Jahres ein KERS-Problem. In Wirklichkeit war in China die Strategie falsch. Und der kommt anders als noch im Vorjahr eine zentrale Bedeutung zu, wenn man bedenkt, dass einen das Nachlassen der Reifen heuer bis zu 1,5 Sekunden pro Runde kosten kann. So fällt es schon maßgeblich ins Gewicht, wenn man wie Vettel keine Drei-Stopp-Strategie fährt", fügte er an.

Teaminterne Streitigkeiten zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber, die im Vorjahr in der Türkei aneinander geraten waren, wollte er vor der Rückkehr auf das Otodrom in Istanbul als weiteren möglichen Störfaktor beim Team aus Fuschl aber ausschließen. Vornehmlich, da Webber nach Laudas Meinung gegen seinen deutschen Teamgefährten im Moment ohnehin kein Land sehen würde. "Es ist vollkommen klar, dass Vettel, der als Weltmeister noch stärker in diese Saison gegangen ist, noch einen Schritt nachgelegt hat. Übers ganze Jahr gesehen wird Vettel immer der Schnellere sein", meinte der Österreicher in Bezug auf das Duell mit Webber.

Mercedes-Siege unter Normalbedingungen unmöglich

Aufholbedarf habe aber nicht nur der Australier, sondern auch die Mehrzahl der weiteren Konkurrenz in der Königsklasse. Bei Mercedes beispielsweise, sei aber immerhin ein Aufwärtstrend zu erkennen. "In China hat Mercedes bis auf die Tankpanne Zeichen gesetzt, dass es jetzt unter gewissen Bedingungen richtig kompetitiv ist. Jetzt kommt es drauf an, was die nachlegen an Entwicklungen", glaubte Lauda, der aber auch hinzufügte: "Siege von Michael Schumacher oder Nico Rosberg sind im Moment unmöglich unter Normalbedingungen, das ist noch ein weiter Weg. Erst einmal muss es das Ziel sein, sich anstelle von McLaren zur zweiten Kraft hochzuarbeiten."

Eine gewisse Problematik wollte der 62-Jährige auch bei einem anderen Verfolgerteam feststellen. "Renault hatte von Anfang an ein gutes Auto, aber das Team ist natürlich auch bis zu einem gewissen Grad limitiert durch seine Piloten Nick Heidfeld und Vitaly Petrov. Die machen zwar einen guten Job in diesem Auto, aber wenn es dann richtig um das letzte Quäntchen geht, fehlt natürlich der Topfahrer dort", sagte Lauda. "Mit einem Robert Kubica würde ich Renault noch mehr zutrauen. Die Renaults werden immer wieder überraschen, unter Umständen mit weiteren Podiumsplätzen, aber ich glaube, damit wird es auch irgendwann vorbei sein", lautete die Prognose des Ex-Champions.