"Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich so glücklich fühlte. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich nach einem GP so emotional war", freute sich Lewis Hamilton, als er auf seinen Sieg beim China Grand Prix zurückblickte. Vor allem die Natur des Rennens, in dem er doch einige Überholmanöver fahren musste, hatte ihm viel Freude gemacht. "Mir fehlen die Worte. Das ist eines der besten Rennen, die ich je erlebt habe."

Wenn alles zusammenpasst

Noch schöner war es für ihn, weil er einige Zeit nicht gewonnen hatte. "Das Team hat immer Gas gegeben, ich hatte tolle Unterstützung von den Fans und der Familie. Die Jungs haben das Auto immer weiterentwickelt und heute haben sie einen tollen Job gemacht. Es fühlt sich toll an, wenn alles zusammenpasst und man vorne ist - vor allem nach einem echten Kampf. Von vorne fahren ist etwas ganz Anderes. Überholen macht den Sieg schöner", sagte Hamilton.

Als überholfreudiger Fahrer, hatte der McLaren-Pilot besonderen Spaß daran, seine Konkurrenten nach und nach zu pflücken, denn in der Formel 1 hatten die Fahrer an der Spitze in den vergangenen Jahren nur selten Gelegenheit für so etwas. "In der heutigen Formel 1 gibt es nur selten Kämpfe wie diesmal. Es passiert selten, dass man so viel Spaß und Spannung erlebt. Manchmal ist es auch zu einfach, Leute zu überholen. Heute war das ein guter Kampf, wo man nachdenken musste. Ich mag diese Herausforderung. Das hier gehört wohl zu meinen Top-5-Siegen."

Der Funk rauchte

Beinahe wäre das Rennen aber zu einer Top-Katastrophe geworden, weil er es vor dem Start fast nicht rechtzeitig aus der Box schaffte, da ein Benzinleck Reparaturarbeiten notwendig machte. "Ich dachte, wir sind bereit und das Auto startete nicht. Es war verwirrend, ich wollte aber nicht nachfragen, was los ist, weil der Funk sicher auch so schon geraucht hat. Ich wollte ruhig bleiben und zeigen, dass zumindest einer die Ruhe bewahrt", erklärte der Brite. Nicht ganz so ruhig war er, als er dann losfahren konnte. Denn sein Blick auf die Boxenampel war von dem Gefühl begleitet, sie könnte frühzeitig auf Rot springen. Er schaffte es aber.

Sebastian Vettel war das letzte Opfer, Foto: Sutton
Sebastian Vettel war das letzte Opfer, Foto: Sutton

Im Rennen sorgte dann vor allem das Finish für Aufregung, als er Sebastian Vettel noch abfing und vorbeiging. Trotz besserer Reifen war das Manöver für Hamilton aber kein einfaches, denn der Red Bull hat auch mit alten Reifen mehr Abtrieb als der McLaren. "Auch wenn er langsamer wurde, sah es nicht so aus, als ob er mit dem Auto Probleme hatte. Ich fragte ihn, warum er so langsam war. Er meinte, das Heck sei der Grund gewesen, aber das bewegte sich eigentlich nicht besonders stark", berichtete er. Aufgrund des guten Abtriebs bei Vettel musste Hamilton jedenfalls einen ungewöhnlichen Punkt für das Überholen wählen, weil er Vettel durch Kurven nur schwer folgen konnte.

Überholanzahl unbekannt

Zudem wollte er den Deutschen überraschen und das gelang ihm auch. "Ich bin sehr stolz. Was für ein Grand Prix für mich. Es gab viele Rennen, wo ich vorne gestartet bin und keine Chance auf einen Kampf hatte", sagte er. Das war diesmal eben anders und der McLaren-Pilot musste für die vielen Kämpfe auch dem verstellbaren Heckflügel danken, denn der hatte seiner Meinung nach dazu beigetragen. "Ich weiß nicht, wie oft ich überholt habe, am Ende war ich aber echt überwältigt. Die Jungs haben einen tollen Job gemacht, es ist eine lange Zeit her, seit wir gewonnen haben, ich fühle mich toll."

Nach der verpatzten Wintervorbereitung hätte sich Hamilton so einen Start in die Saison kaum vorstellen können. Daher war er schon in Australien glücklich, als er dort das Gefühl hatte, mit dem stark umgebauten McLaren mithalten zu können. "Heute waren wir hier nicht die Schnellsten, aber wir hatten die bessere Strategie und haben sie umgesetzt. Ich könnte nicht glücklicher sein." Vielleicht könnte er das doch, wenn McLaren auch bei der Performance zu Red Bull aufschließt. Das sei aber noch ein weiter Weg, gab auch Hamilton zu. "Wir müssen im Qualifying noch eine halbe Sekunde bis sechs Zehntel finden. Im Rennen sind sie auch schneller, aber wir sind ihnen am nächsten."

Die Lust zu siegen

Vorerst konnte er sich aber erst einmal darüber freuen, wieder gewonnen zu haben. Er meinte sogar, es sei ihm im Endeffekt egal, wen er dafür hatte besiegen müssen. "Hauptsache, man gewinnt wieder. Ich lebe und atme, um zu gewinnen. Ich liebe es, zu gewinnen. Ich kann nicht erklären, wie glücklich und leidenschaftlich ich werde, wenn es um Wettkampf geht. Heute werde ich mir einen schönen Abend machen, dann nach Hause fahren, trainieren und mich auf das nächste Rennen vorbereiten."