Die australische Fauna besticht vornehmlich durch ihre unbeschreibliche Vielfalt. So manches Tier, das sich auf dem fünften Kontinent finden lässt, mag durchaus Angst und Schrecken verbreiten. Formel-1-Piloten zeichnen sich bekanntlich jedoch besonders durch ihren Mut aus. Für die sechs Deutschen der Königsklasse und ihren schweizer Freund also kein Grund, die Nächte in Melbourne offenen Auges zu verbringen.

Sebastien war am Morgen nach der Kneipentour noch ein bisschen flau zu Mute, Foto: Sutton
Sebastien war am Morgen nach der Kneipentour noch ein bisschen flau zu Mute, Foto: Sutton

So hatte auch die Schlaflosigkeit von Sebastien andere Gründe: "Wir müssen heute Abend noch das Maximum rausholen", lautete in freudiger Erwartung eines Partymarathons seine Ansage. Im Zuge eines Sponsoren-Deals mit einer bekannten australischen Brauerei, besuchte der Toro-Rosso-Pilot auf seinem Streifzug durch das Nachtleben der Metropole daher auch ein Starkbierfest. Extra trainiert habe er dafür, verkündete der Schweizer und fügte an: "Ich habe auch noch einmal einige Kilo Muskelmasse zugelegt und fühle mich damit wesentlich wohler und fitter." Sein Pech war, dass am nächsten Tag ein Formel-1-Qualifying anstand.

Doch bereits nach dem dritten freien Training, zu dem sich der 22-Jährige ob seines Katers eine halbe Stunde verspätete, gab es Entwarnung. Angetrunken zu fahren, sei gar nicht so schlimm. "Wir Fahrer hatten viel Zeit, damit zu üben und uns daran zu gewöhnen, was natürlich ein Vorteil ist. Ich fühle mich inzwischen sehr wohl im Auto, das fühlt sich schon völlig normal und natürlich an", lallte Sebastien nach dem Training zufrieden in die Mikros der verdutzten Journalisten. Ungewöhnlich auch der Abgang des Piloten: Er ritt auf einem Emu zurück in sein Hotel.

Ob Sebastian seinem Kumpel Adrian die Wildhunde auf den Hals hetzte ist nicht bekannt, Foto: Sutton
Ob Sebastian seinem Kumpel Adrian die Wildhunde auf den Hals hetzte ist nicht bekannt, Foto: Sutton

Was zunächst doch arg sonderbar schien, erklärte sich anhand Adrians Problemen in der Rush Hour von Melbourne doch relativ schnell von selbst. Mit dem Auto gab es bei der Abreise von der Strecke jedenfalls kein Vorankommen. "Am Anfang steckte ich etwas im Verkehr fest", sagte der Force-India-Fahrer, der angab, dass im Stau in der Folge auch noch der Motor seines Leihwagens heiß gelaufen sei. "Das Reparieren hat danach natürlich Zeit gekostet", meinte der 28-Jährige frustriert, der bei der Panne am Straßenrand zudem von einem Rudel wild gewordener Dingos und Wildhunde angefallen wurde, die sich zu später Stunde im nahegelegenen Albert Park herumtrieben.

Ein ruhigeres Wochenende verlebte Michael, der den Park ebenfalls nutzte - jedoch um sich zu entspannen und die zum Teamoutfit passenden großen grauen Kängurus zu beobachten. Ein für Sonntag Nachmittag geplantes Picknick auf den grünen Wiesen am See inmitten der Strecke fiel jedoch leider dem Wetter zum Opfer. "Wenn man der Melbourne-Wettervorhersage glauben darf, dann wird es eher besser werden und Regen sollte keine Rolle spielen", hatte der Kerpener davor noch voller Zuversicht verkündet, doch seine Prognose erwies sich als falsch. "Ich kann nicht leugnen, dass ich enttäuscht bin", sagte er zerknirscht und entschloss sich spontan dazu, die Zeit zu nützen und doch noch ein bisschen am Renngeschehen teil zu nehmen.

Nico genoss einen Nachmittag am Strand von Melbourne - nicht im Bild: Koala Rubens, Foto: Mercedes-Benz
Nico genoss einen Nachmittag am Strand von Melbourne - nicht im Bild: Koala Rubens, Foto: Mercedes-Benz

Noch weniger hörte man von seinem Teamkollegen Nico. Gerüchte besagten bereits am Samstag, er habe sich in einer städtischen Zoo-Handlung einen landestypischen Koala-Bären zugelegt und würde die meiste Zeit mit dem völlig verspielten Tier im Hotel verbringen. Auch ausgedehnte Strand-Spaziergänge mit seinem tierischen Begleiter seien auf dem Programm gestanden. "Ich bin seit Freitag hier und war auch ein bisschen in der Umgebung unterwegs. Es ist sehr schön und toll", wollte der Wahl-Monegasse auf Nachfrage zunächst noch ablenken.

Nachdem bei einem Interview im Fahrerlager am Sonntag Vormittag jedoch Eukalyptusbonbons aus seiner Taschen purzelten, bekannte sich der Mercedes-Pilot schließlich zu seinem neuen Gefährten und gab an, das Haustier Rubens genannt zu haben. Dass der Koala nicht mit an der Strecke sei, habe aber rein edukative Gründe. Das Tier habe während seiner Abwesenheit auf Grund einer PR-Veranstaltung, im Hotel regelrecht randaliert und das Zimmer des Deutschen verwüstet. Deswegen müsse Rubens nun auf Stube bleiben, erklärte der 25-Jährige und fügte streng an: "Die Strafe für Rubens ist sicherlich berechtigt - er hätte auch mehr bekommen können."

Men at work: Down Under - Der Stallbursche lässt sich ungern beobachten, Foto: Red Bull
Men at work: Down Under - Der Stallbursche lässt sich ungern beobachten, Foto: Red Bull

Noch drastischer ging Sebastian vor. Er besuchte in Down Under eine Farm und ging den dort beheimateten Schafen an die Wolle. "Ich habe Tiere und das Ländliche gern, deshalb habe ich mich für das Schafescheren entschieden. Ich wollte wissen wie ein Schaf ohne Fell so aussieht", ließ Sebastian tief blicken. Nervös war er trotzdem, denn die viele Presse machte ihm bei der Auslebung seiner Phantasien ein wenig zu schaffen. "Oftmals ist es ein bisschen unangenehm, wenn man Bilder von sich sieht und Sachen von sich liest. Es ist mir einfach ein wenig peinlich, wenn ein Bild nicht so gut getroffen ist", erklärte er in Andacht an Max Mosley und fügte hinzu: "Ich hoffe, ich stelle mich dieses Wochenende nicht so schüchtern an wie heute."

Die unverhältnismäßige Medienpräsenz machte auch den beiden übrigen Deutschen zu schaffen. Nick und Timo flüchteten gemeinsam vor den australischen Paparazzi aus dem Fahrerlager - doch das ging gehörig schief. Auf der wilden Verfolgungsjagd mussten sie hinter einer Kuppe außerhalb der Stadt einem Schnabeltier ausweichen, dass die Küstenstraße überquerte und rammten einen Baum. "Danach war das Auto ziemlich Schrott, auf der rechten Seite fehlte die Hälfte", meinte Nick und fügte an: "Spaß ist was anderes." Vom Unfall selbst war er sichtlich geschockt: "Das ist kein schönes Gefühl, aber was will man machen", jammerte der Mönchengladbacher.

Mit den Fan-Massen kommt Nick klar - bei der Presse sieht es da schon ganz anders aus, Foto: Sutton
Mit den Fan-Massen kommt Nick klar - bei der Presse sieht es da schon ganz anders aus, Foto: Sutton

Sein Kumpel Timo wollte die Schuld für das Missgeschick nicht beim Schnabeltier suchen, das übrigens unverletzt und mit dem Schrecken davon kam. Verärgert war er hingegen in erster Linie über die Fotografen, die die beiden Freunde in den Crash gehetzt hatten. Er sah eindeutigen Gesprächsbedarf in Bezug auf die Privatsphäre der Piloten und hoffte dabei auch auf Unterstützung der FIA, sowie der regionalen Medienverbände.

"Sollte es nicht vorwärts gehen, müssen wir uns an einen Tisch setzen und schauen, warum wir nicht da sind, wo wir hin wollen", erklärte der Virgin-Pilot reichlich angefressen. Daraufhin legte er wütend nach und verglich die Medienschar mit einer wild gewordenen Meute Beutellöwen. Damit zog er jedoch erneut eine Menge Spott auf sich, denn was der Deutsche nicht wusste: Das Tier ist in Australien bereits seit vielen Jahren ausgestorben und gehörte auch zu Lebzeiten lediglich zur Spezies der harmlosen Kampfdackel.