Bist Du bereits alle Sorten und Mischungen der Pirelli-Reifen gefahren?
Kamui Kobayashi: "Ja, ich war mit allem unterwegs, was bislang verfügbar war. Auch mit Regenreifen, wobei dafür die Bedingungen nicht ideal waren. Die Strecke war nicht nass genug. Normalerweise hätte ich Intermediates gewählt, aber ich wollte die Regenreifen gerne kennenlernen."

Was ist der wichtigste Unterschied zum früheren Reifenmaterial?
Kamui Kobayashi: "Grundsätzlich denke ich, dass Pirelli innerhalb einer kurzen Zeitspanne gute Arbeit geleistet hat. Das Ergebnis sind Reifen, die in fast jeder Hinsicht anders sind als die, die wir gewohnt waren. Das Grip-Niveau ist geringer, die Reifen halten nicht so lang, und wenn man sie überstrapaziert, fällt die Rundenzeit dramatisch ab, das können bis zu fünf Sekunden pro Runde sein. Aber diese Eigenschaften sind nicht aus Versehen entstanden und werden für viele Boxenstopps und spannende Rennen sorgen."

Bei dem in Bahrain geplanten Test wären deutlich höhere Asphalttemperaturen als in Barcelona zu erwarten gewesen. Welchen Unterschied bedeutet das aus Fahrersicht?
Kamui Kobayashi: "Höhere Asphalttemperaturen bedeuten einen riesigen Unterschied. Von daher: Ja, in diesem Punkt wird uns Erfahrung fehlen, wenn wir in Melbourne ankommen. Aber das ist für alle gleich, und wir müssen uns so gut wie möglich vorbereiten, indem wir überlegen, wie wir auf welche Situation reagieren können."

Es war viel von Überforderung der Piloten durch die neuen Funktionen - KERS-Einsatz und verstellbarer Heckflügel - die Rede. Wie siehst Du das?
Kamui Kobayashi: "Die wichtigste Frage ist, wie man mit den neuen Systemen die Rundenzeiten verbessern kann und um wie viel. Ich arbeite daran, mich an die neuen Systeme zu gewöhnen. Das ist eine Fahreraufgabe, und Leute, die damit gut zurechtkommen, werden einen Vorteil gegenüber denen haben, die sie weniger effizient nutzen. Es stimmt, dass das eine Sache der Konzentration ist. Ich kann damit definitiv umgehen. Und was das Gerede betrifft: Wir sind Rennfahrer, und manchmal kann Klappern auch zum Handwerk gehören."

Glaubst Du, dass nun tatsächlich mehr überholt werden wird?
Kamui Kobayashi: "Im Moment vermute ich das. Wobei ich nicht erwarte, dass das KERS viel hilft, weil das fast jeder hat. Also reduziert sich die Frage auf den Heckflügel, und da bin ich noch nicht so sicher, ob die Idee mit dem Rückstand von einer Sekunde auf den Vordermann in den Rennen wirklich funktioniert."

Du besitzt ein Talent fürs Überholen. Wird das jetzt weniger wert?
Kamui Kobayashi: "Vielleicht schon, wenn sich herausstellen sollte, dass Überholen wirklich für alle einfacher wird. Aber darüber muss man nicht nachgrübeln, weil es einfach Teil der Regeln ist."

Mittlerweile kennst Du Deinen neuen Teamkollegen ja schon ganz gut. Wie fühlst Du dich bei der Zusammenarbeit in Deiner neuen Rolle des erfahreneren Piloten?
Kamui Kobayashi: "Persönlich fühle ich mich wohl in meiner Haut. Ich muss meine Erfahrung bestmöglich umsetzen und am Auto arbeiten, das ist das Wichtigste. Verglichen mit einem Neueinsteiger ist eine Saison Erfahrung viel. Ich weiß ganz gut, wie das für Sergio ist: Es ist schwierig, und er braucht Zeit. Beim Testen hat man Zeit, und das ist gut. Die ersten Rennwochenenden werden hart: Die Trainingszeit ist begrenzt, und ruckzuck musst du Qualifying und Rennen fahren. Damit muss jeder Neuling klarkommen."

Bringt das Team neue Teile für den Sauber C30-Ferrari nach Barcelona?
Kamui Kobayashi: "Ja, wir werden diverse neue Teile haben. Es ist unser Entwicklungspaket zum Saisonstart und betrifft fast alle Aerodynamik-Komponenten des Autos. Ich freue mich sehr darauf, es auszuprobieren. Der letzte Wintertest ist immer etwas ganz Besonderes, weil jedes Team einen ähnlichen Stand wie beim ersten Rennen hat und jeder herauszufinden versucht, wo er steht. Die Einschätzungen mögen immer noch falsch sein, aber sie sind aufregend."