Ich will mit einer persönlichen Frage beginnen: Vermissen Sie die Formel 1?
Mario Illien: Ja und nein. Ich denke, dass die Regeln im Moment nicht interessant sind. Aus dieser Sicht vermisse ich nicht viel. Was ich schon immer mochte und auch vermisse ist der Wettbewerb.

Sie sprechen also über die Motoren?
Mario Illien: Ja, das sind die aktuellen Regeln.

Also sind sie kein Fan davon?
Mario Illien: Nein, ich denke, was wir im Moment haben schränkt zu sehr ein. Es gibt viele verschiedene Motoren, aber mehr oder weniger sind sie alle gleich. Als Ingenieur würde ich es vorziehen, Dinge zu verändern und zu verbessern und wenn es einen richtigen Kampf und einen Wettbewerb gibt. Aber so ist es nicht.

Was denken Sie über die vorgeschlagenen Regeländerungen der Motoren für 2013?
Mario Illien: Ich denke, technisch ist es eine wirkliche Herausforderung, besonders in Kombination mit der Energierückgewinnung. Ich denke, das wird eine wahre technische Bewegung. Sie werden offenbar einige Risiken eingehen, aber zugleich denke ich, dass man sich dadurch von anderen abheben und einiges gewinnen kann. Man muss auf die Turbomotoren und die Energierückgewinnung als kombinierte Energiequelle achten. Ich denke, das ist wirklich gut.

Sie wissen, dass es viele Diskussionen gab: Montezemolo sagte, dass Vierzylinder für die F1 nicht gut sind.
Mario Illien: Da hat er in gewisser Weise recht, besonders weil sie Ferrari sind. Sie allein haben alte Vierzylinder-Autos, das ist offensichtlich ein leichter Unterschied. Das ganze könnte auch mit einem V6 gemacht werden, aber ich denke, dass eine gute Formel 1 auch mit Vierzylinder-1,6-Motoren möglich ist.

Weitere Zweifel kommen über den Klang der Motoren auf: Denken Sie auch, dass es für das Publikum weniger attraktiv wird?
Mario Illien: Potentiell ja. Es gibt zwei Dinge: Die Vierzylinder mit nur 12.000 U/min und den Turbolader, der den Sound ziemlich leise machen wird. Ich denke aber, dass sie im Moment einfach zu laut sind. Aber ja, der Klang könnte ein potentielles Problem werden.

Ich denke, dass das Design aus technischer Sicht von vorn beginnt.
Mario Illien: Ja, definitiv. Wie die Regeln im Moment aussehen wird Effizienz ein sehr großer Aspekt. Aber gleichzeitig ist die Energierückgewinnung genauso wichtig wie der Motor. Man muss sich auf das Gesamtsystem konzentrieren.

Energierückgewinnungssysteme werden schon 2011 zurück sein.
Mario Illien: Nur teilweise: 2013 werden sie die Möglichkeit haben noch ein bisschen mehr Energie beim Bremsen zurückzugewinnen. Aber gleichzeitig werden sie Abgasenergie zurückgewinnen. So wird es mehr Energie sein, die sie aus dem Gesamtpaket zurückgewinnen.

Es wurde gesagt, dass dieses Wissen auch bei den Straßenautos verwertet werden soll. Ist das möglich?
Mario Illien: Ja, ich denke es wird bei einigen dieser Neuerungen eine Synergie zwischen Straßenautos und Formel-1-Wagen geben.

Also könnte die Energierückgewinnung auch die Zukunft der Straßenautos sein?
Mario Illien: Teile des Konzepts ja. Insbesondere gibt es keine Straßenautos die Abgasenergie zurückgewinnen, mit Ausnahme einiger Trucks. Einige Lektionen, die wir im Rennsport lernen können ganz sicher auch auf die Straßenautos angewendet werden.

Denken Sie, dass das mehr Konstrukteure in diesem Sport anzieht?
Mario Illien: Ich denke schon. Es hat sich schon gezeigt, dass Interesse existiert.

Gibt es Kostenfragen im Zusammenhang mit den Regeländerungen?
Mario Illien: Ja, schon. Wenn du etwas veränderst kostet es immer mehr Geld als wenn du bei dem bleibst, was du hast. Zunächst musst du eine große Investition tätigen. Aber auf lange Sicht, wenn die Regeln so erhalten bleiben, denke ich, dass du Kosten einsparen wirst.

So ist es möglicherweise nicht der richtige Moment so etwas zu tun, denn die Autoindustrie befindet sich ja in einer Krise?
Mario Illien: Es ist wohl nie die richtige Zeit, aber die Autoindustrie sieht im Moment ganz positiv aus und brodelt. Ich denke, es besteht das Bedürfnis nach mehr Effizienz bei den Straßenautos. Das könnte ein Anreiz sein, in die Formel 1 zu investieren und hoffentlich einige der Ideen in der Produktion zu übernehmen. Ich denke, das Timing ist gar nicht so schlecht wie manche Leute denken. Hinzu kommt, dass die Formel 1 ein Vorbild sein muss, indem sie den Kraftstoffverbrauch und die Gesamteffizienz verbessern.