In der Lausitz erhofft sich die DTM ihre zweite Chance: Nachdem sich Europas wichtigste Tourenwagenserie 2007 vor vollen Rängen mit dem Safety-Car-Chaos ein Missgeschick erlaubt hatte, das die Zuschauer wahlweise verärgerte oder belustigte, will die DTM am morgigen Sonntag unskandalösen, aber lupenreinen Rennsport bieten - wie sie ihn schon in den ersten drei Saisonrennen unter Beweis gestellt hatte. Dennoch ergaben sich heute Parallelen zum verhängnisvollen Lausitz-Wochenende des vergangenen Jahres...

Zweite Glanzleistung

Timo Scheider blieb auch in der Lausitz unangefochtene Audi-Speerspitze, Foto: Sutton
Timo Scheider blieb auch in der Lausitz unangefochtene Audi-Speerspitze, Foto: Sutton

Selten zufrieden präsentierte sich im Anschluss an das Qualifying Norbert Haug. Mit Blick auf Paul di Resta, der mit Startplatz drei und Podestplatz im Rennen schon 2007 für Furore gesorgt hatte, geriet der Mercedes-Sportchef ins Schwärmen. "Kompliment an Paul, er hat eine fantastische Runde hingelegt", beobachtete Haug. "Leider hat Paul bei seinem Kupplungsproblem schon einmal sechs Punkte liegen gelassen hat. Das kann er morgen vielleicht ausgleichen. Paul hat im letzten Jahr schon gezeigt, dass er den Titel des Formel-3-Europameisters verdient hat - genauso wie Jamie Green und Lewis Hamilton. Zwei Drittel seiner Rennen sind dort auf dem Podium geendet."

Auch der sonst so schweigsame di Resta taute auf. "Es war nicht nur ein fantastisches Qualifying, sondern auch ein fantastisches Wochenende. Das Team hat hart gearbeitet und hat mir alle Möglichkeiten gegeben", spulte der Schotte, der seinen Teamkollegen Bruno Spengler mit drei Zehntelsekunden Vorsprung distanzierte, zwar bekannte Botschaften ab. Doch wie schon nach seinem ersten HWA-Podestplatz in Mugello hatte sich die sonst so räikkönensche Miene Paul di Restas deutlich aufgehellt. Auch die Konkurrenz zollte dem pfeilschnellen 22-Jährigen Respekt. "Gratulation an Paul und Mercedes. Er hat eine beeindruckende Runde hingelegt. Aber es war klar, dass unsere Pole-Serie einmal reißen muss."

Zwei Philosophien

Die gerissene Serie, zu der zuletzt Timo Scheider mit drei von acht Audi-Pole-Positions beigetragen hat, trug man im Audi-Lager mit Fassung. "Die verschiedenen Fahrzeugkonzepte führen dazu, dass verschiedene Strecke dem Audi und dem Mercedes einfach verschieden gut liegen", behauptete auch Scheider selbst, der 2007 als einziger Audi-Pilot auf dem EuroSpeedway in die Punkte kam. "Das war in der Vergangenheit ähnlich. Aber im Vergleich zu den vergangenen Rennen auf dem Lausitzring haben wir den Rückstand deutlich verkleinert."

Verschiedene weltanschauliche Ansichten in der Frage um die Existenz von "Audi"- und "Mercedes-Strecken" kamen auf. Während Paul di Resta auf sein mangelndes Urteilsvermögen bei seinem ersten zweiten Lausitzring-Rennen in der DTM verwies, nutzte Norbert Haug die Gelegenheit, die erste Mercedes-Pole seit neun Qualifyings vom Vorwurf streckenarchitektonischer Begünstigungen freizusprechen. "Ich glaube nicht, dass es Audi- und Mercedes-Strecken gibt. Auch Mugello war keine Audi-Strecke, wenn man sich den Speed im Rennen und die Stints gewichtsbereinigt angesehen hat."

Das zweite Regenchaos?

Ex-DTM-Champion Gary Paffett musste sich mit einem mäßigen Startplatz begnügen, Foto: Sutton
Ex-DTM-Champion Gary Paffett musste sich mit einem mäßigen Startplatz begnügen, Foto: Sutton

Der zweite umstrittene Streckenumbau, die zweite Bewährungsprobe für die neue erste Kurve, die zweite Chance für das 2007 allzu verwirrende Lausitzer Safety-Car: Gefahren, aber auch Chancen erwarten die DTM und ihre Piloten am morgigen Samstag. "In der neuen ersten Kurve kann man viele Plätze verlieren, aber auch viele gewinnen", glaubt Persson-Pilot Gary Paffett nach den Erfahrungen des vorherigen Rennens auf dem EuroSpeedway: Wem es gelang, in der ersten Kurve die Strecke nicht zu verlassen, gewann Plätze - wer einen Ausflug ins Grüne unternahm, erlebte das Gegenteil.

Weniger differenziert sieht der DTM-Champion von 2005 die neue Boxeneinfahrt. Als "lebensgefährlich" betrachtet er sie insbesondere im Regen, wo bei schlechten Sichtverhältnissen folgenschwere Missverständnisse zwischen Linksabbiegern und Geradeausfahrenden entstehen könnten. Auch die Wetterverhältnisse könnten nach den Wolkenbrüchen des heutigen Tages für Spannung sorgen. Start und vorzeitige Rennende hinter dem Safety-Car - ähnlich wie im Jahr 2000 - liegen im Bereich des Möglichen. Und könnten es für das Fahrzeug mit den gelben Dachleuchten zumindest erleichtern, seinen Einsatz tatsächlich vor dem Führenden zu absolvieren...