Starallüren suchte man bei ihnen vergebens: Ebenso wie Stefan Mücke standen auch Pierre Kaffer und Frank Stippler für Bodenständigkeit in der DTM, die sich mit ihren beiden Premiumherstellern, Starpiloten à la Mika Häkkinen sowie zahlreichen VIP-Gästen um Glanz und Gloria bemüht. Ebenso wie Mücke bleibt auch Pierre Kaffer, dem kumpelhaften Eifeler mit dem unverkennbar rheinischen Tonfall, und Frank Stippler, dem zurückhaltenden und eher unglamourösen studierten Techniker, ein weiteres Jahr im Jahreswagen versagt.

Pierre Kaffer und Frank Stippler - zu unauffällig für die DTM-Welt? Während sich Markenkollege Christian Abt - mal gewollt, mal unfreiwillig - mit allzu selbstbewussten Statements und so manchem Wortgefecht nach Kollisionen auf der Strecke, jedoch auch mit fahrerischen Geniestreichen in den Schlagzeilen zu halten wusste, blieb es um Kaffer und Stippler meist eher ruhig. Während Jean Alesi und Heinz-Harald Frentzen ab und an den offenen Zwist mit ihrem Arbeitgeber pflegten, zeigten sich Kaffer und Stippler stets loyal - und versuchten, auf dem Asphalt Ausrufezeichen zu setzen.

Stiller Einstand

2005 hatte Pierre Kaffer oftmals mit dem Qualifying zu kämpfen, Foto: Sutton
2005 hatte Pierre Kaffer oftmals mit dem Qualifying zu kämpfen, Foto: Sutton

Nach ihrem DTM-Einstieg 2005 schien dies sogleich zu gelingen: Zwar gingen Kaffer und Stippler in ihren Jahreswagen des Joest-Audi-Teams anders als Teamkollege Christian Abt noch leer aus. Beim zweiten Saisonlauf auf dem EuroSpeedway Lausitz gelang den beiden Rheinländern mit den Rängen fünf und sechs jedoch mehr als nur ein Achtungserfolg. Der Rest der Saison verlief hingegen weniger nach Wunsch: Nachdem Pierre Kaffer im traditionsgemäß verregneten Spa-Francorchamps-Qualifying noch mit Startplatz fünf hatte aufhorchen lassen, kam er bei den folgenden acht Qualifyings nicht mehr über die letzten drei Startreihen hinaus. Logische Folge: Nur ein weiterer Punkt beim Chaosrennen auf dem Norisring.

Auch Frank Stippler wollte es zunächst - trotz besserer Startplätze - nicht mehr gelingen, aus dem übergroßen Schatten Christian Abts, der im 2005er-Audi-Boliden regelmäßig für Furore sorgte, hervorzutreten - bis zum Finalrennen in Hockenheim: Mit einem starken fünften Platz im Qualifying sowie einem noch stärkeren fünften Rang im Rennen inspirierte er gar DTM-Experte Klaus Ludwig zu einem Gedankenspiel um einen Cockpittausch mit dem damals im Audi-Neuwagen erschreckend schwachen Martin Tomczyk. Die Lernkurve schien Ende 2005 insbesondere bei Frank Stippler deutlich nach oben zu zeigen...

Schleichender Abschied

2005 sah sich Frank Stippler einer langen Pechsträhne ausgesetzt, Foto: Audi
2005 sah sich Frank Stippler einer langen Pechsträhne ausgesetzt, Foto: Audi

"Ich bin ganz glücklich mit dem Team, aber es dauert natürlich, bis alle Zahnräder wirklich ineinander greifen. Wenn alles neu ist, musst du jeden Menschen als Charakter neu verstehen und wie du ihn zu behandeln hast", resümierte Frank Stippler uns gegenüber nach dem ersten Wochen der Saison 2006. Nach dem Ausstieg des Joest-Teams mussten sich Stippler und Kaffer mit der Versetzung in die neuen, noch unerfahrenen Audi-Jahreswagenteams Rosberg und Phoenix abfinden - beim Vorhaben, sich in der zweiten DTM-Saison endgültig in den Punkterängen zu etablieren, keine Hilfe.

"Man hat an allen Ecken und Enden daran gearbeitet, dass man zusammen nach vorne kommt, aber dennoch: Wenn in der DTM, der weltbesten Tourenwagenserie, ein kleiner Schnitzer passiert, steht man eben nicht mehr vorne", berichtete derweil Kaffer von der Eingewöhnungszeit des Phoenix-Teams. Und wenngleich der heutige Wahlschweizer seine Qualifying-Schwäche abzulegen wusste - mit "kleinen Schnitzern" wartete das Team auch zum Saisonende noch auf: Verdiente Punkteränge nach Top-Ten-Startplätzen vereitelte das Eifeler Team um Ernst Moser in Zandvoort und Le Mans mit wenig gelungenen Rennstrategien. Für Kaffer blieb es bei einem Punkt, erneut erkämpft auf dem Norisring.

In Le Mans setzt Pierre Kaffer zeitweise Glanzpunkte, Foto: Audi
In Le Mans setzt Pierre Kaffer zeitweise Glanzpunkte, Foto: Audi

Noch mehr mit dem Schicksal haderte im vergangenen Jahr Frank Stippler: Eine Serie aus Pleiten, Pech und Pannen zog sich durch die ersten sieben Rennwochenenden des gebürtigen Kölners - bis mit Platz sechs in Barcelona endlich der Knoten platzte: "Schließlich wusste ich, woran es bei mir gelegen hat: Es war in den seltensten Fällen so, dass ich eingestehen musste, hinsichtlich des Speeds im Nachteil gewesen zu sein oder mit Timo nicht mithalten zu können. Ich weiß, dass wir auf einem sehr ähnlichen Level waren und beide starke Fahrer sind", lautete Stipplers selbstbewusste Interpretation seiner Saison: Dass Teamkollege Timo Scheider, der 2006 zum mit Abstand erfolgreichsten Audi-Jahreswagenfahrer avancierte, lediglich Fortuna zum Neuwagen verhalf, während Stippler bei der Cockpitvergabe gänzlich leer ausging, dürften die meisten DTM-Beobachter bezweifeln...

Auch Pierre Kaffer schien sich den Ernst seiner Lage auch im Spätsommer 2006 nicht immer bewusst zu machen: "Ich kämpfe immer für einen Neuwagen; es kann länger dauern oder auch ganz schnell gehen, das weiß man nie. Wenn ich zurückdenke an Christijan Albers: Uwe Alzen war draußen, Christijan drin - das geht manchmal sehr, sehr schnell", stellte er damals noch Vergleiche mit dem niederländischen DTM-Vizemeister von 2003 an, der seinen Speed im Mercedes-Jahreswagen 2002 gleichwohl sichtlich konstanter abrief als Pierre Kaffer.

Die Hoffnung auf ein weiteres Jahr im Audi-Vorjahresboliden gaben Kaffer und Stippler dennoch bis zuletzt nicht auf. "Wir müssen den November abwarten und werden wie jeden Winter im Rennfahrerleben wieder spannende Tage erleben. Grundsätzlich fühle ich mich bei Audi sehr wohl und würde mich freuen, auch 2007 wieder dabei zu sein", gab Stippler im Herbst vergangenen Jahres zu Protokoll. Immerhin darf er seinem Arbeitgeber tatsächlich weiterhin treu bleiben. In einem seriennahen Audi A4 der Schwedischen Tourenwagenmeisterschaft wird der Rheinländer 2007 sein Glück versuchen - und dürfte für sein liebstes Hobby künftig mehr Zeit finden als bisher: Beim Schrauben an Oldtimern in der heimischen Garage kam der Diplomingenieur schon zu hektischen DTM-Zeiten zur Ruhe...