Bereits das Qualifying hatte in Verbindung mit einer feuchten Asphaltdecke auf dem Circuit de Catalunya jegliche Langeweile ausgeschlossen. Diese ist auch für das Rennen nicht zu erwarten - sollte es beispielsweise zu folgenden Szenarien kommen...

Das erste Szenario

Fitkion... "Lässig schlendert Jamie Green am Mittag durch das Fahrerlager; in der Startaufstellung hört der Brite seinem Renningenieur nur mit einem Ohr zu und steigt geistesabwesend in seinen Dienstwagen ein. Angesichts seines aussichtslosen 13. Startplatzes verzichtet Green in der Einführungsrunde darauf, die Reifen aufzuwärmen. Und siehe da: Fernab der Pole Position gelingt ihm ein perfekter Start, der ihn von Rang 13 auf drei katapultiert. Nachdem unterdessen Tom Kristensen am Start Martin Tomczyk, der seinerseits auf der ungewohnten Pole Position stehend den Motor abwürgte, aufgefahren ist und seinen Audi irreparabel beschädigt hat, erweist sich eine Audi-Finte derweil als doppelt hilfreich:

Ist dem Mann in diesem Auto endlich einmal alles egal?, Foto: Sutton
Ist dem Mann in diesem Auto endlich einmal alles egal?, Foto: Sutton

Angesichts der Äußerungen Bernd Schneiders, nur einen Platz vor Kristensen ankommen zu wollen, hatten die Ingolstädter an den beiden weißen A4 DTM Frentzens und Kristensens die Veltins- und Siemens-Werbeschriftzüge getauscht. Der zunächst führende Frentzen im Siemens-A4 lässt sich gemäß der Order von Dr. Wolfgang Ullrich immer weiter zurückfallen - was bei Schneider nicht unbemerkt bleibt: Nachdem er den Dänen aus Mönchengladbach überholt hat, konzentriert er sich nur noch auf den Rückspiegel, hält stets eine Sekunde Vorsprung aufrecht - und bemerkt nicht, dass Frentzen sich bis zum Rennende auf den letzten Platz hat zurückfallen lassen. Trotz des frühen Ausfalls des Mönchengladbachers aus Dänemark baut Schneider seinen Meisterschaftsvorsprung somit nicht aus. Jamie Green gewinnt derweil sein erstes Rennen - und verspricht, nie wieder auf die Pole Position zu fahren..."

... und Realität: Dass Jamie Green ausgerechnet in Barcelona sein persönlicher Befreiungsschlag in Form eines ersten Sieges darf als ebenso unrealistisch gelten wie ein weiteres Mitmischen Bruno Spenglers im Titelkampf. Doch trotz der wenig überzeugenden HWA-Mannschaftsleistung im Qualifying ist mit Bernd Schneider auch diesmal zu rechnen - insbesondere nach seiner allseits bekannten Zandvoort-Vorstellung: Während dem Saarländer bei einem reinen Regenrennen aus Audi-Reihen bestenfalls Frentzen im Wege stünde, darf auch im Trockenen durchaus mit einem Podestplatz für den Meisterschaftsführenden gerechnet werden.

Sitzt in diesem Fahrzeug Heinz-Harald Frentzen?, Foto: Sutton
Sitzt in diesem Fahrzeug Heinz-Harald Frentzen?, Foto: Sutton

Der auch ohne Regen schwierige Umgang mit der Taktik, der aus dem hohen Reifenverschleiß sowie den entsprechend begrenzten strategischen Möglichkeiten resultiert, sollte gerade für die HWA-Truppe kein Hindernis darstellen. So bleibt für Schneider zu hoffen, dass sich die Mercedes-Bestzeiten aus dem eher nebulösen zweiten Freitagstest bestätigen, stand doch auch für Mercedes nur eine begrenzte Zeit zur Erarbeitung einer auf längere Distanz passenden Trockenabstimmung zur Verfügung.

Das zweite Szenario

Fitkion... "Von den Plätzen vier und fünf aus legen Bernd Schneider und Mika Häkkinen gelungene Starts hin: Während sich der Saarländer auf Platz zwei hinter Martin Tomczyk schiebt, nimmt sich der Finne auf Platz vier Heinz-Harald Frentzen zur Brust. Beflügelt vom guten Start geht Häkkinen aufs Ganze - und reißt nicht nur Frentzen im Rahmen eines etwas übermotivierten Überholmanöver, sondern auch sich selbst ins Aus. Die Rennleitung spricht gegen den mit abgestorbenen Motor im Kiesbett steckenden zweifachen Formel-1-Weltmeister eine Boxendurchfahrtsstrafe aus. Nach 15 Minuten - Norbert Haug ereifert sich noch immer über jene Entscheidung ("Was auch gar nicht geht, sind die vielen Strafen, die immer uns treffen") - ist Häkkinen noch immer nicht in der Boxengasse aufgetaucht. Die Rennleitung verhängt eine weitere Drive-through-Penalty.

Denkt Mika Häkkinen daran, seine Durchfahrtsstrafe anzutreten?, Foto: DTM
Denkt Mika Häkkinen daran, seine Durchfahrtsstrafe anzutreten?, Foto: DTM

Während der ratlose Finne, auf dem Beifahrersitz eines Abschleppwagens sitzend, den Fahrer anweist, einmal mit seinem gelben 7,5-Tonner durch die Boxengasse zu fahren, unterläuft auch Bernd Schneider ein folgenschweres Missgeschick: Anders als noch in Zandvoort reißen die Geduldsfäden des vierfachen DTM-Champions vorzeitig. Er fährt Tomczyk versehentlich in der Anbremszone auf - die beiden Fahrzeuge finden sich stark beschädigt im Kies wieder. Als sich Schneider noch über seine Durchfahrtsstrafe(n) ärgert, öffnet der Himmel seine Schleusen. Es siegt Vanina Ickx vor Mathias Lauda und Tom Kristensen..."

...und Realität: Zwar bedarf es keiner prophetischer Fähigkeiten, um einen Sieg Vanina Ickx' auszuschließen, ein dritter Saisonsieg Kristensen wäre gleichsam nicht nur von Propheten prognostiziert worden. Sollte dem Dänen ebenso wie in Zandvoort ein guter Start gelingen, mittels dessen er sich vor Schneider halten kann, stehen seine Chancen gut. Während Tomczyk schon heute seine Hilfsbereitschaft andeutete, kann es sich auch Heinz-Harald Frentzen teamintern kaum erlauben, zu Gunsten eines eigenen Einzelerfolgs die Titelaussichten Kristensens außer Acht zu lassen. Sollten sintflutartige Regenschauer während des Rennens ausbleiben, stehen den Ingolstädtern alle teamtaktischen Möglichkeiten offen. In Folge des sportlich positiven Vorbilds, das Mercedes in Nürnberg und Nürburg am Beispiel Schneider/Spengler darlegte, könnte ein allzu eifriges und offensichtliches Ausschöpfen derselben die Ingolstädter jedoch etwas in Verruf bringen.

Um jene Zwickmühle zu umgehen, muss der Audi-Kommandostand darauf hoffen, dass sich Kristensen von Beginn an aus eigener Kraft gegen Tomczyk und Frentzen durchsetzt, was - anders als auf feuchter Strecke - im Trockenen vielleicht durchaus zu erwarten wäre. Ein kleines Fragezeichen steht jedoch hinter der Barcelona-Performance des Audi A4 DTM im Trockenen: Zwar äußerte sich insbesondere Tomczyk hiezu optimistisch; als sonderlich aussagekräftig konnte der zweite Freitagstest als bisher einzige trockene Session des Wochenendes diesbezüglich jedoch nicht gewertet werden.