Brennpunkt #1: Titelkampf entwickelt sich zum Duell

Fünf Fahrer unterschiedlicher Marken führen die DTM-Tabelle an: Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini, 173 Punkte), Thomas Preining (Manthey-Porsche, 164), Ricardo Feller (Abt-Audi, 142), Titelverteidiger Sheldon van der Linde (Schubert-BMW, 113) und Luca Stolz (HRT-Mercedes, 106). Das spricht für ein insgesamt ausgeglichenes Feld im Reigen der knapp 30 Autos, faktisch läuft aber alles auf einen Titel-Zweikampf zwischen Bortolotti und Preining hinaus.

Abt-Ass Feller erwartet mit Spielberg ausgerechnet Audis Angst-Strecke und der amtierende Champion van der Linde bräuchte angesichts von 60 Punkten Rückstand ein Kunststück a la Lausitzring 2022, als er beide Rennen am Wochenende gewann und damit den Grundstein für den späteren Titeltriumph legte.

Langsam wäre es an der Zeit, dass sich die beiden Meisterschaftsaspiranten Bortolotti und Preining auch direkt auf der Strecke duellieren - das war bislang nur selten der Fall, eher erleben die Fans ein 'Fernduell' um den Titel. Preining überragte in der ersten Saisonhälfte, bis sich das Blatt leicht wendete und Bortolotti mit drei Start-Ziel-Siegen aufdrehte. "In den letzten Wochen ist Mirko häufiger von Pole gestartet, da habe ich nicht viel von ihm mitbekommen", sagt der Porsche-Werksfahrer. Bortolotti: "Wenn er ein starkes Rennen hatte, hatten wir Probleme."

Brennpunkt #2: Gibt es wieder Teamorder?

Teamorder ist seit Jahrzehnten ein Dauer-Thema in der DTM, bleibt aber auch unter dem ADAC als neuem Promoter per Reglement verboten. Wer erwischt wird, einem Fahrer Anweisungen zu seinem Nachteil zu erteilen, kassiert bis zu 250.000 Euro Geldstrafe. Hilft ein Fahrer aus eigenem Antrieb heraus jedoch einem Kollegen, so wäre das erlaubt.

Bisher dürften die DTM-Fans zufrieden gewesen sein: In den Rennen wurde beinhart selbst unter Markenkollegen gekämpft, offensichtliche Geschenke gab es für keinen der Titelanwärter. Bleibt das so? Zumindest zahlenmäßig ist Porsche mit sechs 911 GT3 R von drei Teams (Manthey, Toksport, Bernhard) der Lamborghini-Phalanx bestehend aus fünf Huracan GT3 der Rennställe SSR Performance und Bortolottis langjährigem Team GRT überlegen. Ab sofort wird haargenau beobachtet, wie die Markenkollegen untereinander umgehen!

DTM-Tabelle 2023 nach 12/16 Rennen

Pos.FahrerTeamPunkte
1Mirko BortolottiSSR-Lamborghini173
2Thomas PreiningManthey-Porsche164
3Ricardo FellerAbt-Audi142
4Sheldon van der LindeSchubert-BMW113
5Luca StolzHRT-Mercedes106

Brennpunkt #3: Ewig grüßen die Track Limits

Was war das für eine Wohltat, als die DTM-Rennleitung auf dem Sachsenring komplett auf Track Limits verzichtete! Die Streckenbedingungen ließen es zu - in Spielberg sieht es ganz anders aus. Der Red Bull Ring gilt wegen seines Layouts als 'Track-Limit-Mekka', 2022 gab es in den beiden DTM-Trainings wieder wahnwitzige 237 Verstöße gegen die Streckenbegrenzungen. Die Hoffnungen ruhen auf dem umsichtigen Rennleiter Sven Stoppe, der die Track-Limit-Thematik stets versucht sensibel zu lösen.

Titelanwärter Mirko Bortolotti rigoros: "Es muss klare Linien und Vorgaben geben und zu 100 Prozent kontrolliert und bestraft werden. Egal, für welche Marke man fährt. Wenn man draußen ist, muss es eine Strafe geben." Meisterschaftsgegner Thomas Preining meint: "Solange es von Anfang an eine klare Kommunikation zwischen dem Rennleiter, den Fahrern und den Teams gibt - was der Fall war - weiß jeder, wie er sich zu verhalten hat. Die Strecke lädt dazu ein, das ist unumgänglich. Ich sehe dieses Wochenende aber wenig Potenzial für Streitigkeiten."

Brennpunkt #4: DTM im Grenzbereich der Regeln

Zwar ist die DTM seit 2021 'nur' noch eine GT3-Kundensportserie, doch die Teams (und Hersteller hinter den Kulissen) tricksen weiter wie zu besten Zeiten! Zuletzt auf dem Sachsenring gab es eine Klarstellung der Rennleitung bezüglich des Verbots, die Pirelli-Reifen mittels der Umgebungstemperatur aufzuwärmen. Heizdecken sind in der DTM aus Kostengründen verboten.

So ließen mehrere Teams ihre Boxentore etwa sperrangelweit geöffnet, damit die Reifen irgendwie von der Sonne erfasst werden können - was nicht erlaubt ist. Auch wurden Trolley-Wagen mit darauf befindlichen Reifensätzen gerne mal in der Sonne 'vergessen'. Und sicherlich ist es kein Zufall, dass einige Reifenzelte mit schwarzem statt weißem Stoff bespannt sind. Die Teams nutzen jeden Graubereich im Reglement aus.

Das wurde der Rennleitung zu bunt und die Regelhüter sahen sich zu einer Klarstellung - einem letzten Warnschuss an die Teams, bevor es Strafen hagelt - veranlasst. Darin heißt es unter anderem: "Als einzige Ausnahme gilt die Dauer des Aufenthalts der auf Trolleys befindlichen Reifen in der Startaufstellung. Daher sind die Teams verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Räder vor Sonnenlicht zu schützen, egal ob sie in den Boxen oder in den Reifenzelten gelagert werden."

Brennpunkt #5: Spielberg droht Regen

Der Aufwärmprozess der Reifen könnte gerade in Spielberg eine entscheidende Rolle spielen, denn Meteorologen erwarten zum Wochenende hin einen echten Temperatursturz. Herrschten beim Test am Donnertag noch schönster Sonnenschein und über 20 Grad, soll es ab Freitag merklich auf bis zu 15 Grad abkühlen. Für den Trainings-Freitag und ersten Renntag am Samstag ist sogar Regen vorhergesagt. Das Sonntagsrennen soll nach aktuellem Stand trocken über die Bühne gehen, doch die Berglandschaft in der Steiermark folgt ihren eigenen Naturgesetzen.

Das sind gänzlich andere Verhältnisse als sie die DTM bei den vergangenen Rennwochenenden auf dem Lausitzring und am Sachsenring mit teils über 30 Grad erlebt hat. Mit Regen waren die Fahrer und Teams dieses Jahr bereits auf dem Nürburgring konfrontiert, das Rennen musste mit größerer Verspätung beginnen.

"Wenn es trocken ist und wir 2022 als Referenz nehmen, glaube ich, dass es ausgeglichen sein wird. Ferrari und BMW haben einen leichten Vorteil. Wenn es regnet, ist alles möglich", mutmaßte Mirko Bortolotti. Porsche-Fahrer Thomas Preining, der letztes Jahr beim Heimspiel das Sonntagsrennen gewann, fügte hinzu: "Im Regen ist immer alles möglich."

DTM 2022: Regenschlacht auf dem Red Bull Ring, Foto: DTM
DTM 2022: Regenschlacht auf dem Red Bull Ring, Foto: DTM

Brennpunkt #6: Klarheit beim DTM-Kalender 2024?

Die DTM hat ihren Rennkalender für die Saison 2024 mit acht Events frühzeitig bereits am 04. August kommuniziert, um den Teams und Partnern Planungssicherheit zu verschaffen. Das kam gut an im Fahrerlager. Gleichzeitig ließ der ADAC ein mögliches neuntes Rennwochenende im europäischen Ausland als Option offen.

Während des Spielberg-Wochenendes könnte es dazu Klarheit geben, merkte ADAC-Motorsportchef Thomas Voss zuletzt an. Die meisten Experten gehen davon aus, dass ein neuntes Event nicht zustande kommen wird. "Das hat einfach mit wirtschaftlichen Gegebenheiten zu tun", erklärte Voss. Wenn ein externer Geldgeber sich die DTM einkaufen will, wären die meisten mit an Bord. Der ist aktuell aber nicht in Sicht. Voss: "Die Formel 1 schafft das. Die DTM früher auch, und da möchten wir gerne wieder hin. Soweit sind wir aber noch nicht."

Brennpunkt #7: BMW beim Vor-Test an der Spitze

An diesem Donnerstag stand für die DTM-Teams ein Kollektiv-Test am Red Bull Ring auf dem Programm. Die Rundenzeiten können getrost vernachlässigt werden, üblicherweise packt niemand die Karten auf den Tisch. Die Abstände im Feld betrugen zum Teil über 1,5 Sekunden. Das Audi-Kundenteam Attempto mit seinen Fahrern Patric Niederhauser und Mattia Drudi ließ den Test sausen.

Project-1-Junior Sandro Holzem verpasste eine der drei aufgeteilten Sessions komplett und fuhr in Session 3 deutlich weniger Runden als die Konkurrenz. Sein Teamkollege Marco Wittmann erzielte mit dem BMW M4 GT3 zwei von drei Bestzeiten (1:28.231 und 1:28.160), während am Mittag Rene Rast im Schubert-BMW den Spitzenplatz ergatterte. Der dreifache DTM-Meister fuhr in 1:28.083 Minuten auch die Tagesbestzeit.

Mercedes-AMG machte sich ebenfalls auf den vorderen Plätzen breit. Zum Rennwochenende werden kühlere Temperaturen und zeitweise Regen erwartet, womit sich der Mehrwert des Donnerstags-Tests eher in Grenzen halten dürfte.