Die DTM-Teamchefs und auch viele Protagonisten waren sich am Samstagabend auf dem Norisring einig: Das war viel zu viel des Guten! Nicht nur die Tatsache, dass beim siebten von 16 Saisonrennen am Samstag derart aggressiv zur Sache gegangen und dabei Schrott in Millionenhöhe produziert wurde, auch der Respekt vor den eigenen Teammitgliedern ging dabei völlig unter.

Denn: Bei Temperaturen jenseits von 30 Grad ist es nun einmal keine Freude, Schwerstarbeit zu leisten. Und die war nötig, um die noch verbliebenen 25 Autos am Sonntagmorgen im Qualifying an den Start zu schicken. Kurz danach traf Motorsport-Magazin.com Dennis Nägele, den Renningenieur von Maro Engel, in der Box des Mercedes-AMG-Teams GruppeM-Racing - aber nicht beim Datenstudieren, sondern Zähneputzen!

"Wir haben bis heute früh um 7:00 Uhr durchgeschraubt und damit war an Schlaf nicht mehr zu denken. Jetzt finde ich wenigstens die Zeit, mir zumindest die Zähne zu putzen", sagte Nägele mit Zahnbürste und Zahnpasta in der Hand, nach Wasser suchend.

"Im Ernst: die Nacht war nicht umsonst, wir haben wenigstens einen Punkt geholt", betonte Nägele und man konnte ihm ansehen, dass sich die Freude in Grenzen hielt. "Anscheinend will man ... nicht, dass wir konkurrenzfähig sind. Maro hatte heute ein perfektes Qualifying, steht aber nur auf Platz 13. Kein Mercedes-Fahrer ist hier an diesem Wochenende in der Lage, auf das Podium zu fahren."

Fahrer und Teamverantwortliche waren ganz gespannt auf das außerplanmäßig angesetzte Briefing am frühen Sonntagmorgen um 08:15 Uhr. Es wurde Tacheles gesprochen, vor allem von der Rennleitung, die offenbar knallharte Strafen für ähnliche Vergehen wie am Tag zuvor ankündigte. Der stramme Kurs sollte sich bewähren: Im Sonntagsrennen entlang des Dutzendteichs ging es im Vergleich zum Vortag fast schon zahm zur Sache!

"Ja, das hatte Auswirkungen. Die Fahrer wurden sensibilisiert, dass das doch alles sehr viel Geld gekostet hat, was da gestern passiert ist. Der Samstag war teuer für jedes Team", betonte gegenüber Motorsport-Magazin.com SSR-Porsche-Teamchef Mario Schuhbauer, der von einem richtigen Signal auch an die Fahrer sprach, "dass es auch anders geht. Spannung und Kämpfe möchte jeder sehen, aber es muss in einem gesunden Verhältnis stehen."

Schon beim Start sollte es mehr Disziplin geben und die Fahrer waren angehalten, nicht versetzt, sondern in ihrer Gruppe hintereinander zu fahren, was den Nachteil mit sich brachte, dass ab der zweiten Startreihe das Ampellicht nicht mehr zu erkennen war.

Immerhin ging es beim mit Spannung erwarteten Sprint zur ersten Kurve viel disziplinierter zu und auch die erste Haarnadelkurve wurde ohne viel Lackaustausch passiert. Als sich das Feld einmal auseinandergezogen hatte, sprachen viele Beobachter schon sehr schnell von einem langweiligen Rennen wie zuletzt in Portimao oder auf dem Lazusitzring sowie am Samstag in Imola.

"Es war ganz wichtig, dass wir heute ein vernünftiges Rennen abgeliefert haben, obwohl man die Vorsicht natürlich im Rennen gesehen hat. Da muss man sich für die Zukunft sicherlich etwas einfallen lassen", wunderte sich Torsten Schubert, Teamchef der werksunterstützten BMW-Mannschaft aus Oschersleben, im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es hat sich kaum einer getraut, mal aktiv ranzugehen, was für den Zuschauer eigentlich auch nicht so schön ist. Aber so einen Krawall wie am Samstag braucht man ebenso wenig."

Faires Racing mit wenig Kontakt wünscht sich allen voran AF-Corse-Ferrari-Teammanager Ron Reichert nicht erst seit dem letzten DTM-Saisonfinale im November vergangenen Jahres an gleicher Stelle. Reichert erwähnte gegenüber Motorsport-Magazin.com zudem lobend: "Es hat auch niemand versucht, Spielchen zu spielen, obwohl das auf der Strecke oder auch in der Box für alle möglich gewesen wäre."

Sein Schützling Felipe Fraga, der sich mit seinem ersten DTM-Triumph kein besseres Geschenk zu seinem 27. Geburtstag hätte machen können, hatte ebenfalls eine klare Meinung: "Es geht nicht ums Briefing. Die Fahrer sind alle aufgewacht und haben aufgehört, wie verrückt zu crashen. Kurz vor dem Start habe ich mit Marco und Maximilian gesprochen und gesagt: 'Lasst uns sauber racen'. Die BMW sind gerade bei den Starts verrückt schnell, aber es ging alles gut."

GRT-Lamborghini-Pilot Mirko Bortolotti fügte nach seinem zweiten Platz an: "Wir haben in der DTM mit die größte Fahrer-Qualität. Was wir gestern gesehen haben, war nicht normal. Heute war es das. Wir brauchen kein Briefing dafür, das hat keinen Unterschied gemacht. Was wir gestern erlebt haben, war einfach Shit!"