Vor 180 Tagen war Marco Wittmann noch einer von Mike Rockenfellers 22 Jägern. Im kommenden Jahr wird er derjenige sein, den alle jagen. Wittmann sind beide Rollen recht - sowohl die des Jägers als auch des Gejagten. Eine leichte Präferenz hat er dennoch. "Es ist schön, den Titel zu haben und im nächsten Jahr will dich jeder schlagen. Das ist ein tolles Gefühl", gestand er.

Wittmann hat in der DTM eine steile Karriere hingelegt. 2012 war er noch Testfahrer bei BMW, 2013 bestritt er beim Team MTEK seine erste Saison, die er als Achter der Gesamtwertung abschloss. Einmal kletterte er in seinem Premierenjahr aufs Podium, einmal startete er von der Pole Position und zwei Mal erzielte er die schnellste Rennrunde. Damit durfte er sich bester Rookie des Jahres nennen.

Marco Wittmann freut sich auf die Rolle des Gejagten., Foto: BMW AG
Marco Wittmann freut sich auf die Rolle des Gejagten., Foto: BMW AG

Winterzeit = Denkzeit

Doch was ist eigentlich schwieriger - es an die Spitze zu schaffen oder sich dort zu halten? Darauf weiß Wittmann noch keine Antwort. "In diesem Jahr habe ich an sowas nicht gedacht, ich habe einfach die Saison genossen. Ich werde über den Winter noch genug Zeit haben, darüber nachzudenken", erklärte er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

An einem Rennwochenende bleibt zum Grübeln keine Zeit. Aufgrund der zahlreichen Meetings mit Ingenieuren oder Sponsoren geht es nicht ohne einen Zeitplan. "Einen Tag im Vorfeld vorzubereiten ist wichtig, dann kann ich entspannter da rangehen", verriet Wittmann.

Im Auto hat er ein genaues Gefühl für die Zeit, ganz ohne Stoppuhr. "Ich kenne die Strecke auswendig und ich merke, wenn ich hier und dort etwas verliere. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, weiß ich, dass ich zwei oder drei Zehntel verloren habe und dass meine Zeit nicht mehr schnell genug ist. Man hat es als Rennfahrer im Gefühl, ob es eine gute Runde wird."

In der Saison 2014 drehte Wittmann insgesamt sechs Mal die schnellste Runde - drei Mal im letzten Qualifyingabschnitt, um sich die Pole Position zu sichern, und drei Mal im Rennen. Mit insgesamt fünf schnellsten Rennrunden in seiner noch kurzen Karriere teilt sich Wittmann in der ewigen Bestenliste Rang 21 mit Mika Häkkinen, Uwe Alzen, Altfrid Heger und Armin Hahne.

Bei den Pole Positions liegt Wittmann mit insgesamt vier gleichauf mit Rockenfeller, den er als Meister ablöste. Auch Joachim Winkelhock, Alessandro Nannini und Hans-Joachim Stuck kamen auf vier Starts von der ersten Position. Bemerkenswert ist allerdings, dass Wittmann das in gerade einmal 20 Rennen gelang.

BMW schenkte Wittmann einen M4 im Meisterdesign, einen neuen Vertrag und einen Formel-1-Test., Foto: BMW
BMW schenkte Wittmann einen M4 im Meisterdesign, einen neuen Vertrag und einen Formel-1-Test., Foto: BMW

Wie die Zeit vergeht...

Bei seinem ersten Rennstart in der DTM war der Franke 23 Jahre, fünf Monate und elf Tage alt. Mit 24 Jahren, neun Monaten und 21 Tagen feierte er seinen ersten Titel und wurde damit zum jüngsten deutschen DTM-Champion aller Zeiten. International gesehen waren nur Gary Paffett und Paul di Resta bei ihrem ersten Titelgewinn ein paar Monate jünger.

Zur Belohnung erhielt Wittmann von Arbeitgeber BMW neben der Vertragsverlängerung einen Formel-1-Test bei Toro Rosso. Damit kann sich Wittmann einen Kindheitstraum erfüllen, seine Zukunft sieht er aber in der DTM. "Keine Angst, ich bleib der DTM treu", teilte er seinen Fans via Facebook mit. Was er mit Dach über dem Kopf erreichen kann und ob es ihm gelingt, das kometenhafte Tempo zu halten, wird die Zeit zeigen.