Jeden Januar tauscht Dr. Thomas Schünemann seinen komfortablen Chefsessel in Hamburg für zwei Wochen gegen den engen Schalensitz im 295 PS starken Buggy. 9.000 Kilometer über Stock und Stein, durch Staub und Dreck. Warum tut sich der 59-jährige Unternehmer so etwas an?

"Mich fasziniert die Kombination aus Wettbewerb, Technik, Teamleistung und Natur", beschreibt Dr. Schünemann. "Es ist ein besonderes Gefühl, mit einem Auto in so lebensfeindliche Gegenden wie die Atacama-Wüste vorzudringen. Sich im offenen Gelände im Grenzbereich zu bewegen, das ist der ultimative Kick!"

Doch wie kommt ein promovierter Wirtschaftsinformatiker zu einem solch ausgefallenen Hobby? Die Initialzündung für Schünemanns Rallyebegeisterung liegt mehr als 40 Jahre zurück. 1967, also im Alter von 17 Jahren, lebte er mit seinen Eltern in Tokio und sah einen Film über den ersten Klassensieg eines japanischen Fahrzeugs bei der Safari Rallye in Ostafrika. "So etwas will ich auch machen", dachte sich der junge Schünemann.

Gesagt, getan" Nach dem Umzug nach Hamburg im Jahr 1970 startete das Vater-Sohn-Team zunächst bei Orientierungsfahrten, bis ihnen diese Disziplin zu langweilig wurde. 1975 folgte die erste 'richtige' Rallye, bei der es um Höchstgeschwindigkeiten ging. Fast 30 Jahre lang blieb Thomas Schünemann seinem Hobby treu und war erfolgreich unterwegs. Im Jahr 2000 gewann er sogar die Euro Rallye Trophée, die inoffizielle Europameisterschaft für Privatteams. Nach knapp drei Jahrzehnten hatte allerdings der übliche Rallyesport für Schünemann an Reiz verloren. Eine neue Herausforderung lockte: Marathonrallyes.

"Wüstenrallyes faszinieren mich, weil du als Copilot viel mehr Verantwortung hast als im normalen Rallyesport", beschreibt Schünemann. "Du liest nicht nur vor, was Dir dein Fahrer beim vorangehenden Abfahren der Strecke diktiert hat, sondern musst dein Fahrzeug wirklich durch die Wüste navigieren - ohne vorheriges Abfahren, nur anhand der Informationen im Roadbook. In der Wüste hat mich das Rallyefieber wieder gepackt. Anfangs wollten Matthias und ich nur einen Lauf fahren - jetzt sind wir seit sechs Jahren dabei und haben schon zehn Rallyes mit mehr als 40.000 Kilometern hinter uns."

Das Jahres-Highlight ist die Dakar im Januar, an der das HS RallyeTeam zum vierten Mal teilnimmt - dazu gibt es meist eine weitere Rallye im Sommer oder Herbst. Wie lässt sich dieses zeitintensive Hobby mit Schünemanns Verpflichtungen als Firmenchef vereinen? "Das ist alles eine Frage der Delegation und Organisation", erklärt Schünemann. "Ob in meiner Firma, in meinen Ehrenämtern oder bei mir zu Hause - ich kann auf zuverlässige und begeisterte Leute bauen und vertrauen, die mir den Rücken freihalten und anstehende Aufgaben in meinem Sinne erledigen."