Heute geht es für alle Teilnehmer auf dem Paso San Francisco über die Anden. Ich fahre den nun schon zum fünften Mal und finde ihn immer wieder atemberaubend. Selbst als es heute Morgen regnet und die Wolken eher grau sind (um genau zu sein, bekommen wir den wahnsinnig hellblauen, argentinischen Himmel in diesem Jahr eher selten zu sehen) freuen sich alle auf diesen Tag. Den Teilnehmern steht eine herausfordernde Etappe bevor und uns einmalige Bilder, die lange im Kopf nachhallen.

An der Grenze von Argentinien nach Chile werden alle Fahrzeuge von Hunden inspiziert. Hier wird nicht nach Drogen geschnüffelt, sondern nach frischem Obst und Gemüse. Deren Einfuhr ist strikt verboten. Fast schon traditionell machen wir an der Laguna Verde einen Abstecher zu den warmen Quellen. Lichtschutzfaktor 50 ist angesagt, denn die Sonne knallt auf über 4.000 Metern gnadenlos. Danach warten 200 Kilometer Schotter und Sandpiste. Eine Freude für unser G Modell.

Ellen ist mit der G Klasse unterwegs, Foto: Ellen Lohr
Ellen ist mit der G Klasse unterwegs, Foto: Ellen Lohr

Auch die Teilnehmer kommen ins Schwitzen, denn Fiambala - Copiapo ist eine geradezu berüchtigte Dünenetappe. Nach dem vorzeitigen Ende gestern, nun also eine wirklich harte Prüfung. Ursprünglich mal als vorentscheidend eingestuft, sieht die Situation nun etwas anders aus, denn die Dakar ist in diesem Jahr zumindest bei den Autos und Trucks eine Sprintveranstaltung. Das Feld ist so eng zusammen wie nie und so kann einen ein einzelner Reifenschaden bereits im Gesamtklassement zurückwerfen.

In der LKW Wertung sieht es zwar so aus, als ob Kamaz bereits auf der Siegerstraße wäre, aber mit welchem Fahrer kann noch niemand sagen. Zu eng sind alle zusammen. Nach der heutigen Etappe liegen drei Kamaz vorne, aber mindestens ein Tatra und ein Iveco drücken von hinten. Ein Abstand von weniger als einer Stunde trennt die ersten fünf. Das war früher tatsächlich anders. Wenn man da mal auf einer Stage ein, zwei Stunden verloren hat, konnte man immer noch die Dakar gewinnen. Die Zeiten sind eindeutig vorbei.

Drogenhunde? Obstschnüffler!, Foto: Ellen Lohr
Drogenhunde? Obstschnüffler!, Foto: Ellen Lohr

Die MAN beispielsweise spielen seit Tagen auf den vorderen Rängen mit, sind aber am Anfang zu langsam in Gang gekommen. Schlechte Karten also für das Finale. An der Spitze sind die Trucks darüber hinaus unheimlich zuverlässig geworden. De Rooy, lange führend, wirft ein einziger Turboschaden zurück. Loprais mit einem kleinen Problem auf einer der Prüfungen, schafft seitdem den Anschluss an die Spitze nicht mehr. Wir reden hier von 56 Minuten respektive eineinhalb Stunden, dennoch scheint ein Sieg für die beiden Mitfavoriten unerreichbar.

Auch bei den Autos ist die Zuverlässigkeit schon immer ein Schlüssel zum Erfolg gewesen. In diesem Jahr eben auch hier gepaart mit einem Riesenspeed. Deshalb ist es kein Wunder, dass wieder einmal Peterhansel vorne liegt. Der Mann ist ein fahrendes Uhrwerk, sein Mini unkaputtbar, da ist es egal, dass es weniger Etappensiege für ihn gibt als in den Jahren zuvor. Er ist im Feld derjenige, der am verlässlichsten jeden Tag wieder in die Top-5 fährt. Alle anderen leisten sich Patzer. Deshalb wird es schwierig, Stephan die Krone abzujagen, auch wenn De Villiers 50 Minuten dahinter lauert.

Nicht alle schaffen es bis ins Ziel, Foto: Ellen Lohr
Nicht alle schaffen es bis ins Ziel, Foto: Ellen Lohr

Das Bivak leert sich nun deutlich, da einige bereits ausgefallene Teams inzwischen direkt nach Santiago de Chile zur Fähre unterwegs sind. So ist inzwischen auch meine Beifahrerin Antonia, die hier als Teamkoordinatorin von Wevers Sport drei Ex-Werks-Mitsubishis zu betreuen hatte, quasi arbeitslos. Alle drei Autos draußen. Einer vor dem Start (Mutter verstorben), zwei während der Rallye (Überschlag und leider auch ein Totalschaden durch Brand). Insgesamt hält sich die Ausfallquote aber im Vergleich zu den Vorjahren in Grenzen.

Vielleicht ändert sich das morgen noch, denn dann gibt es noch einmal eine richtig schwere Etappe. Geradezu ungewöhnlich bei der Dakar, wo es an den letzten beiden Tagen normalerweise eher ruhig zur Sache geht. Eine letzte große Chance also, die Führenden in Bedrängnis zu bringen. Bei den engen Zeitabständen kann das durchaus noch gelingen. Die Dakar bleibt also auch kurz vor Schluss noch super-spannend.