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Kundenfahrzeuge

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Beitrag Montag, 13. Januar 2014

Beiträge: 45360
Ferrari macht sich ja hinter den Kulissen für Kundenfahrzeuge stark. Sie entsprechen ja angeblich nicht der DNA des GP-Sports, doch so ganz stimmt das natürlich nicht. Kundenfahrzeuge gehörten eigentlich immer schon dazu.

Seit wann sind Kundenchassis eigentlich verboten? RAM tauchte 1980 als letztes Kundenchassis-Team auf: Man verwendete einen Williams Cosworth FW7. Natürlich gab es auch später noch Teams, die sich Chassis von Rennwagenschmieden wie Dallara oder Lola haben bauen lassen. Der HRT-Rennwagen, der von 2010 bis 2012 eingesetzt wurde, basierte ja auch auf einer Dallara-Konstruktion. Wir hatten noch die Scuderia Toro Rosso, die bis 2008 als Red-Bull-B-Team die gleichen Rennwagen einsetzte wie Red Bull selbst, allerdings mit einem anderen Motor und auch sonst ein paar Unterschieden, weil schon damals eigentlich Kundenchassis verboten waren. Aber seit wann genau?

Das erfolgreichste Team wenn es um Kundenchassis geht, ist natürlich Rob Walker Racing. Das Team gewann neun Rennen in der Fahrermeisterschaft mit Fremdchassis, darunter 1960 durch Stirling Moss beim Monaco GP - der erste Lotus-Sieg in der Fahrermeisterschaft! Rob Walker Racing ist damit das einzige Team, das Rennen gewann, ohne nie ein eigenes F1-Auto gebaut zu haben, auch wenn es 1961 Pläne dazu gab. Die Fahrzeuge wurden aber freilich weiterentwickelt.

Die Teams mit den meisten Rennen, ohne nie ein eigenes F1-Auto gebaut zu haben:
1. Rob Walker Racing 120
2. Scuderia Italia 92
3. Reg Parnell Racing 72
4. Scuderia Centro-Sud 47
5. Embassy Hill 40
6. Jo Bonnier 39
7. Ecurie Rosier 35
8. Clarke-Mordaunt-Guthrie 28
9. DW Racing Enterprises 27
9. Ecurie Maarsbergen 27

Von den aktuellen Teams gab es auch zwei, die mit Fremdchassis begonnen haben:
- Ferrari setzte in den ersten Jahren nach der Gründung 1929 Alfa-Romeo-Boliden ein, leitete dann ja von 1933 bis 1937 die Werkseinsätze von Alfa.
- Williams begann 1969 mit einem Brabham Cosworth.

Was kann man sonst noch für Geschichten, Statistiken oder Sonstiges zu F1-Kundenchassis sagen?

Beitrag Montag, 13. Januar 2014
AWE AWE

Beiträge: 13287
Rob Walker Racing hat einen eigenen Wagen gebaut ,den Walker Climax .1961 getestet (also fertig) und für zu schwer empfunden . Das Auto steht in England im Museum

Wenn dann waren die ersten Red Bulls und ToroRosso auch Femdchassis um nur mal zwei zu nennen .

Die Alfa Romeo´s der 80er sind ebenfalls so eine Gradwanderung

und ob die Talbots nun nicht doch Ligiers waren ,wer weiss

Beitrag Montag, 13. Januar 2014

Beiträge: 945
In die Siegerlisten von Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft konnten sich ja nicht viele Teams mit Kundenfahrzeugen eintragen.

Am erfolgreichsten war ja das Team von Rob Walker die mit Cooper und Lotus-Wagen 9 Siege einfahren konnten.
Tyrrell konnte mit einem March-Wagen ein Rennen gewinnen und FISA gewann mit einem Ferrari und Giancarlo Baghetti in Reims 1961.

Bei den Nicht-WM-Rennen war Walker auch die erfolgreichste Mannschaft, daneben hat aber auch die Scuderia Ambrosiana, Reg Parnell Racing, British Racing Partnership, Ecurie Rosier, Gilby Engineering, Stirling Moss, Goulds Garage u.a. mehrmals erfolgreich.

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

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MichaelZ hat geschrieben:
Seit wann sind Kundenchassis eigentlich verboten? RAM tauchte 1980 als letztes Kundenchassis-Team auf: Man verwendete einen Williams Cosworth FW7. Natürlich gab es auch später noch Teams, die sich Chassis von Rennwagenschmieden wie Dallara oder Lola haben bauen lassen. Der HRT-Rennwagen, der von 2010 bis 2012 eingesetzt wurde, basierte ja auch auf einer Dallara-Konstruktion. Wir hatten noch die Scuderia Toro Rosso, die bis 2008 als Red-Bull-B-Team die gleichen Rennwagen einsetzte wie Red Bull selbst, allerdings mit einem anderen Motor und auch sonst ein paar Unterschieden, weil schon damals eigentlich Kundenchassis verboten waren. Aber seit wann genau?


Ich meine, die Regel besagt, daß jedes Team ein "eigenes" Auto einsetzen muß und dass der Name des Herstellers Teil der Teambezeichnung sein muß. Wenn ich mich dunkel erinnere, sind aus diesem etwas fadenscheinigen Grund Larrousse mal die Punkte einer Saison aberkannt worden, oder ist das Team in der Startgeld-Rangfolge zurückgestuft worden, weil es einen "unzulässigen" Namenswechsel gegeben hat.

Es gibt aber schon einen grundsätzlichen Unterschied ob es ein Kundenteam a la BRP (mit Lotus), Hesketh (mit March), Williams (WGPE ebenfalls mit March 1977) usw. ist, also ein gekauftes Auto, das dann unabhängig vom Hersteller mit eigener Teamorganisation, Mechanikern etc. eingesetzt wird, oder ein solches "Semi-Werksteam" wie Ferrari (mit Alfa Romeo) oder Euroracing (mit Alfa Romeo) bzw. so "Exklusiv-Kunden" wie Williams (FWRC)-de Tomaso, RAM-March oder Larrousse-Lola.

Und dann gibt es auch noch so Pseudoteams, wie Lec-March, Pagnossin-Surtees, die eigentlich eher nur Sponsorabkommen auf dem Papier waren und die Autos trotzdem vom Werksteam betreut worden sind. Und zahllose Sonderfälle, wie Centro Sud, die sowas wie eine Art B-Team bei Maserati waren.

Von den aktuellen Teams gab es auch zwei, die mit Fremdchassis begonnen haben:
- Ferrari setzte in den ersten Jahren nach der Gründung 1929 Alfa-Romeo-Boliden ein, leitete dann ja von 1933 bis 1937 die Werkseinsätze von Alfa.
- Williams begann 1969 mit einem Brabham Cosworth.


Das heutige Williams-Team wäre aber nach deiner eigenen Philosophie eigentlich 1977 erst als "WGPE" entstanden (ebenfalls als Kundenteam, mit March), das alte "FWRC" ist ja 1976-1977 schrittweise in "Walter Wolf Racing" übergegangen.

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

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JackOMalley hat geschrieben:
Und zahllose Sonderfälle, wie Centro Sud, die sowas wie eine Art B-Team bei Maserati waren.


Das lese ich jetzt das erste Mal. Das Team setzte doch auch Cooper- und BRM-Chassis ein. Woher hast du das mit dem B-Team? Hat es da auch Support von Maserati gegeben?

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

Beiträge: 197
Naja, Mimmo Dei war sowas wie Maserati-Generalvertreter für Mittel- und Süditalien, deswegen "Centro Sud". Ungefähr genauso wie Franco Cornacchia für den Norden (Scuderia Guastalla). Und wenn du dir mal die Fahreraufstellung und die Chassislisten für 1956-58 anschaust, das war ein wildes hin- und her. Da wurde der eine oder andere Fahrer vom Werk auch mal bei den beiden Teams "zwischengeparkt", ebenso die Autos gegenseitig und an "Privatleute" verliehen.

Betrifft zwar nicht Centro Sud, aber ein schönes Beispiel ist Piotti. Der hat 1956 ja Moss zurück an die Box geschoben, als dem das Benzin ausgegangen ist. Dabei waren sie ja nicht mal "Teamkollegen". Warum sollte Piotti dann für ihn Zeit verschenken? Und wenn Moss ausgefallen wäre, hätte er ja sogar einen Platz gutgemacht...

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

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Respekt, was du alles weißt! :wink:

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

Beiträge: 945
In den 60iger und 70iger Jahren wurden ja von manchen Modellen zeitgleich Exemplare für das Werk und für Kunden gebaut, auch im Hinblick auf die entsprechenden Einnahmequellen. Bestes Beispiel ist March, die erstmals 1970 in der F1 vertreten waren. Da gab es vom Erstlings-Modell 701 Wagen für das Werksteam (Amon, Siffert), ein Semi-Werksteam STP (Andretti) und reine Kundenteams (Tyrrell mit Stewart) und Antique Automobiles (mit Peterson). Und prompt war auch der Kunden-March bei Tyrrell der erfolgreichste Wagen.
Ähnlich war das auch bei Lotus, wo z.B. Rob Walker einen nagelneuen Lotus 72 (Chassis 4) erhalten hat.

Bei den meisten anderen Kundenteams kaufte man gebrauchte Modelle, die bereits zum Teil mehrere Jahre alt waren.
Konkurrenzfähig war man damit meistens nicht. Die letzten Kunden-Wagen waren die Williams FW 07 für RAM-Racing und Brands Hatch Racing in der Saison 1980. Die Wagen waren von Williams gekauft und schon ein Jahr alt.
So schaffte es der erste Williams-Siegerwagen (FW 07-2, Regazzoni Silverstone 1979) bei RAM-Racing mit Rupert Keegan ein Jahr später in Hockenheim nicht ins Starterfeld.

Ein weiteres Beispiel: Der Lotus 18 (Chassis 373) feierte bei der International Trophy in Silverstone unter John Surtees seine Rennpremiere für das Werk, wurde 1961 von der Scuderia Colonia (von Trips gegründet) übernommen und von Wolfgang Seidel gefahren, in Spa 1961 an Lucien Bianchi ausgeliehen, 1962 fuhr damit Günther Seiffert für das Team von Wolfgang Seidel, in Spa 1962 von Emeryson Cars für Campbell-Jones ausgeliehen, schließlich 1963 von Kurt Kuhnke gekauft, mit einem Borgward-Motor versehen und bei Nicht-WM-Rennen von Ernst Maring gefahren.
Macht in 4 Jahren über 30 Renneinsätze bei WM und Nicht-WM-Rennen.

Interessant war das damals schon, wenn Kundenteams mit halbwegs gleichwertigen Material die Werkswagen ärgern oder sogar besiegen konnten.

Wenn das mit der Kostenexplosion in der derzeitigen F1 nicht besser wird, könnte ich mir das mit den Kundenteams schon gut vorstellen. Aber der Egoismus der Top-Teams Red Bull, Ferrari oder Mercedes wird das sicher verhindern, es sei denn die FIA spricht da mal ein Machtwort. Sonst bekommt man DTM-Verhältnisse in der Formel 1.

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

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AWE hat geschrieben:
...

und ob die Talbots nun nicht doch Ligiers waren ,wer weiss


Bei Talbot würde ich nicht von einem Kundenfahrzeug sprechen. Natürlich war das ein Ligier. Es wurden zwar mit Jochen Neerpasch und Matra neue Verbindungen geknüpft und der Name war Équipe Talbot Gitanes aber das Auto wurde von den gleichen Leuten gebaut und eingesetzt wie die Ligier-Boliden davor und danach.

Das war genauso, wie die das aktuelle Lotus-Team, zumindest in der ersten Saison, einfach ein Renault war. Der Name war da auch nur ein Sponsor.
Bild

Beitrag Dienstag, 14. Januar 2014

Beiträge: 197
Bleimula66 hat geschrieben:
Wenn das mit der Kostenexplosion in der derzeitigen F1 nicht besser wird, könnte ich mir das mit den Kundenteams schon gut vorstellen. Aber der Egoismus der Top-Teams Red Bull, Ferrari oder Mercedes wird das sicher verhindern, es sei denn die FIA spricht da mal ein Machtwort. Sonst bekommt man DTM-Verhältnisse in der Formel 1.


Gerade das Thema DTM zeigt aber, daß die Sache mit den "Kundenteams" auch nach hinten losgehen kann. Wenn ein Hersteller nun einfach drei, vier Kundenteams an sich bindet, dann kann es auch teamübergreifend zu Stallorder kommen. Und "kleine" Hersteller werden noch eher ausgebremst. Am Ende steht dann vielleicht eine eintönige Zwei-Hersteller-Serie, wie das in der DTM lange Jahre der Fall war.

Beitrag Mittwoch, 15. Januar 2014

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Wenn heute es zu Kundenteams kommt, dann hätten wir DTM-Verhältnisse, da bin ich mir sicher...

Beitrag Mittwoch, 15. Januar 2014

Beiträge: 197
Meine Vision wäre, die Teams sollten nach wie vor eigene Autos bauen, aber es gibt die mechanischen Komponenten (Motor, Getriebe, Hybrid) von der Stange, d.h. die aktuelle Technik mit einer bezahlbaren Preisobergrenze. Die Teams können dann frei wählen. Ein Hauch Siebziger, wo das mit dem Cosworth V8 ganz gut geklappt hat.

Kann aber eben auch zum Problem werden, wenn sich dann alle für den selben Hersteller entscheiden. Eine Lösung, die nicht doch irgendwie ausgehebelt werden kann, gibt es wohl nicht.

Beitrag Mittwoch, 15. Januar 2014

Beiträge: 45360
Wobei wir das ja jetzt in der V8-Ära hatten.

Man könnte durchaus Regelungen schaffen, dass Chassis und Motoren von unterschiedlichen Teams/Hersteller kommen müssen (gerade bei den V8 schien der Einbau eines Fremdmotors kein Problem gewesen zu sein, sagt beispielsweise Tost von Toro Rosso), oder dass Teams mit zwei unterschiedlichen Fahrzeugen fahren müssen (würde aber freilich bei den Setuparbeiten kompliziert werden) und so weiter. Alles nicht befriedigend. Wir haben eine Diskussion darüber in diesem Thread (13. Post ab der Seite 7 gehts los):

allgemein-f1/wie-konnen-f1-teams-sparen-t19531-150.html

Die Probleme sind wohl,
- dass man die F1 nicht für alle Teams öffnet, sondern da einzelne auswählt, die sich ja nicht als die besten entpuppen. Ich mein Caterham wurde ja erst im Nachhinein als viertes Team 2010 nachgewählt und die vierte Wahl war dann die beste: Von den ersten drei Teams kam eines gar nicht (USF1), eines wurde vor dem ersten Rennen verkauft (HRT) und Marussia hat erst 2013 Caterham erstmals schlagen können.
- dass einfach alles zu professionell geworden ist: Gaststarts mit Kundenfahrzeuge sind nicht mehr möglich, die Regelungen für 2-3 Jahre alte F1-Rennwagen sind zu streng, die Teams verkaufen F1-Autos nur noch unter strengen Auflagen.

Beitrag Samstag, 09. Mai 2020

Beiträge: 45360
Noch ein bisschen was zu Kundenteams.

In den 50er Jahren setzte Ferrari beim Heimspiel in Monza bis zu sieben Autos ein. Den Rekord der meisten Autos eines Herstellers bei einem Rennen hält aber Cooper: in England 1959 und 1960, sowie beim USA-GP 1960 waren es jeweils zwölf Boliden. Allerdings waren zum Teil unterschiedliche Motoren verbaut – von Climax, Maserati, Castellotti und Borgward.

Siegreiche Teams mit Kundenautos:
1. Tyrrell 10 (9 mit Matra, 1 mit March, dazu 23 mit eigenen Chassis)
2. Rob Walker Racing 9 (5 mit Lotus, 4 mit Cooper)
3. FISA 1 (mit Ferrari)

Podestplätze mit Kundenautos
1. Tyrrell 19 (15 mit Matra, 4 mit March, 63 mit eigenen Chassis)
2. Rob Walker 16 (8 mit Cooper, 7 mit Lotus, 1 mit Brabham)
3. Williams 2 (2 mit Brabham, 243 mit eigenen Chassis)
3. Hesketh 2 (2 mit March, 7 mit eigenen Chassis)
3. Ecurie Espadon 2 (mit Ferrari)
3. Reg Parnell 2 (mit Lola)
3. Scuderia Italia 2 (mit Dallara)
3. Yeoman Credit 2 (mit Cooper)
9. BRM 1 (mit Maserati, 51 mit eigenen Chassis)
9. BRP 1 (mit BRM)
9. DW Racing Enterprise 1 (mit Brabham)
9. Ecurie Rosier 1 (mit Ferrari)
9. Equipe Moss 1 (mit Maserati)
9. FISA 1 (mit Ferrari)
9. Larrousse 1 (mit Lola)
9. Leslie Hawthorn 1 (mit Cooper)
9. Penske White 1 (mit McLaren)
9. Peter Whitehead 1 (mit Ferrari)
9. Scuderia Centro Sud 1 (mit Maserati)

19 Teams haben also mit Kundenautos 58 Podestplätze herausgefahren. 11 Chassisbauer kamen also mit Kundenteams aufs Podest:
1. Matra 15
2. Cooper 11
3. Lotus 7
4. March 6
5. Ferrari 5
6. Brabham 4
7. Maserati 3
7. Lola 3
9. Dallara 2
10. BRM 1
10. McLaren 1


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