René Arnoux
Es gibt gewisse Parallelen zwischen Mark Webber und René Arnoux. Beide waren schon für ihr Team unterwegs, als ein neuer, jüngerer Teamkollege kam und ihnen die große Show stahl. Webber gehört zu den Spitzenpiloten, war aber nie Weltmeister, gleiches gilt auch für René Arnoux: Der Franzose war einer der besten Fahrer der Turbo-Ära in den 80er Jahren, fuhr immerhin 18 Pole-Positions ein – aber damit hält er auch den Rekord mit den meisten Pole-Positions, ohne aber je Weltmeister geworden zu sein.
Nach dem Malaysia GP 2013, als Sebastian Vettel die Red-Bull-Teamorder missachtete und Mark Webber trotzdem überholte, wurde auch das Beispiel des Frankreich GP 1982 wieder hervorgekramt. Damals war aber nicht Arnoux der Betrogene, sondern der, der sich gegen das Team auflehnte. René Arnoux und Alain Prost fuhren damals für das von Gerald Larrousse geleitete Renault-Werksteam. Zwei französische Fahrer, die natürlich gerade beim Heimrennen unbedingt den Sieg wollten. Aber Prost wollte noch mehr: Er hatte noch berechtigte Chancen auf den WM-Titel, Arnoux nicht mehr. Und obschon Arnoux mit mehr als einer halben Minute Vorsprung das Rennen vor Prost anführte, wollte Renault die Reihenfolge damals umdrehen – wie vor dem Rennen besprochen. Doch daran erinnerte sich Arnoux offenbar nicht mehr, er feierte seinen Heimsieg. Es war der vielleicht wenigste ruhmvolle seiner sieben GP-Siege.
Frankreich 1982 bildete den Höhepunkt im Teamzwist zwischen Prost und Arnoux. Beide fuhren gegeneinander und weil der Teamkollege eben auch immer der erste Gegner ist, war das Konkurrenzverhältnis einfach zu stark, um in Zukunft gemeinsam weiterzumachen. Arnoux wusste, dass er am Ende weichen musste. Längst knüpfte er Kotakte zu Ferrari, wo er dann aber 1983 auch seine beste Saison hatte: Er beendete die Saison als Gesamt-Dritter. Vizemeister wie schon 1982: Alain Prost im Renault.
Arnoux war schon vor Prost im Renault-Team, fuhr schon sensationelle Rennen, als Prost noch gar nicht in der Formel-1 fuhr. Ein Rennen, dass Arnoux-Fans für ewig in Erinnerung bleiben wird, ist der Frankreich GP 1979: Jean-Pierre Jabouille holte damals den ersten Sieg für Renault und für einen Turbomotor in der Formel-1, aber dahinter gab es einen atemberaubenden Kampf in den letzten Runden zwischen Jabouilles Teamkollege René Arnoux und Ferrari-Star Gilles Villeneuve. Die beiden tauschten mehrmals die Plätze, sollen sich sogar berührt haben. Am Ende mit dem besseren Ende für Publikumsliebling Villeneuve.
Es war die zweite F1-Saison von Arnoux: Im Alter von zehn Jahren fuhr der heute 68-Jährige seine ersten Kartrennen, in einem Kart, das von seinem Vater gebaut wurde. Auch Arnoux hatte technische Expertise, war schließlich Kfz-Mechaniker. 1973 machte er erstmals auf sich aufmerksam, als er die französische Formel-Renault gewinnen konnte. 1975 wurde er im Elf-Team sogar europäischer Formel-Renault-Meister. Im Martini-Team von Tico Martini und Hugues de Chaunac stieg er in die Formel-2 auf – auch hier holte er den Titel: Im Zweiten Anlauf 1977: Damals holte er vier Siege und sicherte sich damit im Martini Renault den Titel vor Eddie Cheever, der im Project-Four-Team von Ron Dennis einen Ralt BMW fuhr.
Martini entschloss sich daraufhin, einen eigenen F1-Rennwagen zu bauen. Mit Arnoux als Fahrer. Doch viel reißen konnte man nicht und Martini zog sich vorzeitig wieder aus der Formel-1 zurück. Schon zuvor gab es erste Verbindungen von Arnoux mit der Formel-1: 1974 liebäugelte Lotus mit einzelnen Einsätzen von Arnoux. In jenem Jahr machte Arnoux auch einen Abstecher in die Formel-5000, fuhr dort einen McLaren Chevrolet von Tony Kitchiner. Nach dem Rückzug von Martini war auch Arnoux ohne Cockpit. Pläne eines eigenen F1-Teams von Talbot versandeten, der Wechsel zu Surtees scheiterte am Ende des Rennstalls der Rennlegende John Surtees. Also wechselte Arnoux für 1979 zu Renault.
Was dann passierte, als Prost kam, wurde bereits erwähnt. Was aber bis heute keiner wirklich weiß: Wieso 1985 sein Ende bei Ferrari kam. 1983 fuhr Arnoux noch vorne mit, 1984 wurde es schon schwieriger, vor allem weil Arnoux neben Michele Alboreto, ein Italiener für Ferrari, natürlich vor allem mental einen schweren Stand hatte. Schon vor der Saison 1985 schlug Enzo Ferrari Arnoux ein Tauschgeschäft vor: Er sollte zu Ligier wechseln und das Cockpit von Andrea de Cesaris einnehmen und der Italiener würde im Gegenzug für Arnoux zu Ferrari kommen. Nun hatte Ligier Ende der 70er Jahre einige Siege erlangen können, gerade die gute Ligier-Performance war ja auch unter anderem ein Auslöser für Martini, es ebenfalls in der Formel-1 zu versuchen. Aber Ligier war 1985 kein Topteam mehr, also schlug Arnoux das Angebot aus.
Arnoux hätte das aber lieber nicht machen sollen: Nach Brasilien wurde er von Ferrari entlassen, also nach nur einem Saisonrennen! Über die Gründe gibt es die verschiedensten Spekulationen: Offiziell hatte Arnoux eine Verletzungen, andere brachten Drogen ins Spiel, sogar von einer Affäre im Ferrari-Team war die Rede. Beide Parteien schwiegen sich aus – Arnoux kam zu Ligier, aber erst für 1986. Bis 1989 fuhr Arnoux mit mäßigen Erfolgen für das Team, dann stieg er nach 149 WM-Rennen aus der Formel-1 aus.
Er wurde Mitbegründer des DAMS-Rennstalls, der noch heute in der GP2 aktiv ist, in den vergangenen beiden Jahren sogar mit Romain Grosjean und Davide Valsecchi den Titel holte. Inzwischen ist Arnoux aber längst nicht mehr im Team involviert, das war er auch nicht mehr, als DAMS 1994 bei Reynard einen F1-Rennwagen beauftragte. Aber zum F1-Debüt kam es nie. Auch Arnoux plante einen eigenen Rennstall mit Ligier-Kundenchassis. Er blieb dem Motorsport ja auch verbunden: Er fuhr noch Kartrennen, oder auch beim 24-Stundenrennen von Le Mans, wo er 1994 auf einem Dodge Viper Rang zwölf holte – gemeinsam mit Bertrand Balas und Justin Bell, dem Sohn des ehemaligen F1-Fahrers Derek Bell. Auch bei der GP-Master-Serie, eine Formel-Rennserie für ehemalige F1-Piloten, war Arnoux aktiv und holte 2006 auch zwei neunte Plätze. 1995 kam Arnoux als Fahrercoach auch noch mal in die Formel-1: Für Pedro Diniz beim Forti-Team.