Wie geht es weiter mit der WEC? Diese Frage stellen sich aktuell viele, von Fans über Teams bis hin zu den Machern bei FIA und ACO. Der Ausstieg von Audi hinterlässt nicht nur in der LMP1-Klasse eine große Lücke. Plötzlich wird die gesamte Serie hinter den Kulissen in Frage gestellt.

Die drei obersten Bosse der WEC, Gérard Neveu, ACO-Präsident Pierre Fillon und Sir Lindsay Owen Jones, der Präsident der Endurance Comission der FIA, versammelten sich nach dem 6-Stunden-Rennen in Shanghai zu einem Interview, das bei Dailysportscar nachzulesen ist. Die Kernfragen aus dem Interview im Hinblick auf die Zukunft der LMP1-Klasse und die dazugehörigen Antworten der Chefs:

Gibt es einen kurzfristigen Notfallplan?

Audis Aus deutete sich an, kam aber letztendlich doch überraschend. Vor allem der Ausstieg schon nach der aktuellen WEC-Saison verblüfft, schließlich wurden schon Ressourcen für den R18 e-tron quattro Baujahr 2017 aufgewendet. Seit der Bekanntgabe sind inzwischen knapp drei Wochen vergangen. Haben die WEC-Bosse schon einen kurz- bis mittelfristigen Notfallplan herausgearbeitet?

Gérard Neveu: "Audis Ausstieg war sicher nicht geplant! Unser Auftrag ist es, zusammen mit der FIA und dem ACO daran zu arbeiten und das jährliche Wachstum der WEC sicherzustellen. Wir hatten in den letzten Tagen schon viele Diskussionen mit den Teams im Paddock geführt, um zu sehen, wie wir weitermachen können. Wir sind auch immer noch in Gesprächen mit allen interessierten Herstellern und arbeiten eng mit ihnen zusammen."

Audi überlässt Porsche und Toyota das Feld, Foto: Porsche
Audi überlässt Porsche und Toyota das Feld, Foto: Porsche

Wie realistisch ist der baldige Einstieg eines neuen LMP1-Herstellers?

Der Verlust des langjährigen Big Players Audi muss aufgefangen werden. Immer wieder vernimmt man Gerüchte, wonach Peugeot vor einem Wiedereinstieg stehen soll. Das Bekenntnis der Franzosen steht und fällt jedoch mit der Kostenfrage. Andere Hersteller machen ihre Entscheidung von der Einführung zukunftsträchtiger Technologien abhängig. Wie sieht man generell die Situation?

Sir Lindsay Owen Jones, Präsident der FIA Endurance Commission: "Für uns alle war die Nachricht, im großen Kontext gesehen, keine Überraschung. Die Komission hat diese Situation zu einem gewissen Grad antizipiert und versucht, die Zukunft vorzubereiten. Ich denke, wir können das recht optimistisch sehen, aber eine exakte Zeitvorgabe können wir aktuell nicht liefern."

Neveu: "Auf der anderen Seite besteht die WM ja nicht aus zwei, vier oder sechs hybriden LMP1. Es gibt 32 Autos im Grid. Die Frage ist nur, ob wir nächstes Jahr 30 oder 32 Autos haben werden. Das Ziel ist auf jeden Fall, ein konstantes Grid zu haben. Es gibt wohl zwei LMP1-Fahrzeuge weniger, aber wir werden immer noch wie schon vor vier Jahren 30 oder 32 Autos in der Startaufstellung haben."

Nissan ging mit seinem Konzept baden, Foto: Nissan
Nissan ging mit seinem Konzept baden, Foto: Nissan

Wird das technische Reglement geöffnet, um Interessenten schneller zum Einstieg zu bewegen?

Das technische Reglement ist eines der Alleinstellungsmerkmale der WEC. Es gewährt technologische Vielfalt, was man wunderbar an den unterschiedlichen Konzepten der LMP1-Boliden von Audi, Porsche und Toyota erkennen kann. Doch Technologien wie die Brennstoffzelle stecken noch in den Kinderschuhen. Bis sie ausgereift sind, vergehen noch einige Jahre. Öffnet man trotzdem den technischen Spielraum weiter, um interessierte Hersteller noch stärker anlocken zu können?

Neveu: "Das Hauptziel sind Kosteneinsparungen, damit wir weiterhin Bedingungen haben, mit denen wir die Hersteller willkommen heißen können und ihnen die besten Konditionen garantieren können. Sie werden sich daran erinnern, dass Pierre und Sir Lindsay in Le Mans gesagt haben, man müsse über die Kosten nachdenken, denn das ist die echte Welt und es gibt eine wirtschaftliche Situation."

Pierre Fillon, ACO-Präsident: "Wir wollen nicht die Regeln anpassen, um mehr Hersteller zu bekommen. Aber wir wollen gute Konditionen anbieten, um viele Marken anzuziehen."

Owen Jones: "Ich denke, die Meisterschaft nicht zu kompliziert, zu schwierig und zu teuer zu machen, das ist die Art von Sorge, die wir haben müssen. Daran arbeiten die Regelmacher und Promoter intensiv. Aber ja, einige Hersteller sagen: 'An dem Tag, an dem ihr euch für diese oder jene Technologie entscheidet, werden wir kommen.' Kann man das beschleunigen? Nicht unbedingt. Neue Technologien brauchen ihre Zeit, bevor sie eine realistische Option darstellen."