Das ganze Wochenende in Brünn hatte er nur über Presseaussendungen mit den Medien kommuniziert. Seine Pressebriefings wurden abgesagt und an den offiziellen Pressekonferenzen nahm er nicht teil oder musste nicht teilnehmen. Doch anlässlich seines Heim Grand Prix sprach Valentino Rossi wieder mit der versammelten Meute. Er tat das zwar zusammen mit Casey Stoner, Marco Melandri, John Hopkins und Nicky Hayden, doch in unmittelbarer Nähe seines Heimatortes war natürlich Rossi im Mittelpunkt.

Dabei begann er mit den vor einem Rennwochenende üblichen Ausführungen und sorgte dabei schon für ein erstes Aha-Erlebnis. "Wir hatten einen neuen Motor mit pneumatischen Ventilen in Brünn zum Testen. Es ist der erste Entwicklungsschritt und ich denke, am Freitag werden wir versuchen, ihn hier zu benutzen. Im Moment sind wir nicht schnell genug, damit wir um Siege mitfahren können, also müssen wir schauen, ob wir einen Vorteil im Vergleich zum normalen Motor haben", sagte er und widersprach damit den Aussagen von Davide Brivio, der vor ein paar Tagen gemeint hatte, man werde den neuen Motor noch nicht zur Verfügung haben.

Was er nicht auslassen konnte, war das Thema Reifen. In diesem Bereich meinte er, dass es nach wie vor problematisch sei. So habe man zwar ein paar Verbesserungen gefunden, aber wohl nicht genug, um mit Bridgestone mitzuhalten. Seine WM-Chancen sieht er deswegen mit gemischten Gefühlen. "Die WM ist beendet, wenn die Mathematiker das sagen, aber 60 Punkte sind viel und in den letzten drei Rennen waren wir nicht vorne dabei. Wir sind nicht schnell genug, damit wir um das Podest fahren können, also wird es schwer. Wir haben aber noch sechs Rennen, also werden wir das Maximum versuchen", meinte er.

Casey Stoner fühlt sich mit dem neuen Chassis gut, Foto: Ducati
Casey Stoner fühlt sich mit dem neuen Chassis gut, Foto: Ducati

Und schließlich kam es noch zum unvermeidlichen Thema, dem er mit seinem öffentlichen Schweigen in Brünn ausweichen wollte. Die Steueruntersuchung gegen ihn wurde in der Zwischenzeit trotzdem weiter rauf und runter geschrieben, vor allem in Italien. Rossi konnte dazu nur Folgendes sagen: "Für mich war die Behandlung nicht sehr gut, denn ich höre und lese viele eigenartige Dinge - nicht wahre Dinge. Aber ich mache alles dem Gesetz nach. Ich bin ruhig, weil es so ist und jetzt werden wir sehen." Doch er betonte auch, dass er die volle Verantwortung übernehmen werde, sollte sich nach der Untersuchung herausstellen, dass doch etwas nicht in Ordnung war. Rossi gab auch zu, dass das Wochenende in Brünn wegen der ganzen Angelegenheit nicht einfach für ihn war. "Sicher war es in Brünn schwerer, die Konzentration zu halten, denn das war der Höhepunkt aller Probleme. Ich bin ruhig geblieben und die Situation ist nun klarer. Es ist kein fantastischer Moment, aber er ist normaler." Wie er verriet, war er in letzter Zeit jedenfalls öfter auf dem Strand als bei seinen Anwälten, was zumindest etwas Beruhigung auf seiner Seite verriet.

Damit hatte es Rossi hinter sich und die Anderen durften übernehmen. So zum Beispiel Casey Stoner, der von den Fortschritten an seinem Chassis berichtete, an dem man bei den Tests in Brünn einige Dinge ausprobiert hatte und alles recht gut zu laufen schien. "Am Ende des Tages, in den letzten fünf Runden, haben wir die Einstellung am Chassis verändert und ich habe eine große Verbesserung bemerkt. So haben wir es einfach gelassen. Wir waren zufrieden mit dem, was wir gemacht hatten und hoffentlich können wir in den nächsten Rennen eine Verbesserung am Chassis feststellen", erklärte der WM-Führende.

Bezüglich der Strecke war er sich etwas unsicher, da sie recht knifflig, technisch und eng ist. "Wir müssen abwarten und sehen", meinte er. So konnte er von seinen zwei Runden beim World Ducati Weekend nicht viele Informationen mitnehmen. "Ich habe eine Outlap und eine Inlap gefahren und habe dadurch nicht wirklich viele Informationen mitbekommen. Ich habe es nur recht wellig empfunden. Ich habe gehört, sie haben einige raue Punkte neu asphaltiert, aber trotzdem habe ich viele Bodenwellen gespürt, als ich auf dem Scooter um die Strecke bin. Wir müssen sehen, wie die MotoGP-Maschinen das handhaben können."

Für Marco Melandri waren die Bodenwellen eher zweitrangig. Für ihn wird es am Wochenende nur darauf ankommen, das Rennen zu beenden, nachdem er in Brünn wegen eines Nervenproblems im Nacken gar nicht fahren konnte. "Es sieht etwas besser aus. Ich habe noch nicht probiert, die Maschine zu fahren, also kann ich nicht sagen, wie es wird. Es war aber frustrierend, in der Box zu sitzen und den Jungs zuzusehen", erzählte er. In den vergangenen beiden Wochen hat er an seiner Genesung gearbeitet, konnte aber keinen Sport betreiben, weswegen er noch keine Ahnung hat, wie sich der Nacken unter Belastung verhalten wird. "Die Ärzte sagen, ich kann morgen fahren, aber ich muss vorsichtig sein. Ich muss am Sonntag das Rennen fahren können, denn ich will einfach nur in der Lage sein, es zu beenden. Das ist das Heimrennen meines Teams. Ihre Werkstatt ist nur ein paar Kilometer weg und ich möchte ihnen ein gutes Resultat bringen", sagte Melandri. Gleichzeitig entschuldigte er sich aber auch beim Team, da er gerne bei jedem Rennen sein Bestes geben würde, im Moment aber nicht dazu in der Lage ist. "Ich möchte ihnen immer gute Resultate geben."

John Hopkins hat noch WM-Platz drei im Visier, Foto: Rizla Suzuki
John Hopkins hat noch WM-Platz drei im Visier, Foto: Rizla Suzuki

Genauso denkt auch John Hopkins, der zwar so wie Melandri sein Team am Ende des Jahres verlassen wird, aber immer noch alles für seinen aktuellen Arbeitgeber tun will. "Im Moment bin ich hundertprozentig auf dieses Jahr fokussiert. Ich habe immer noch einen Job bei Suzuki und wir wollen Suzuki jede Woche für den Rest des Jahres auf das Podium bringen", erklärte er. Deswegen hat er in Brünn auch eifrig getestet, denn für ihn zahlt sich die Arbeit nach wie vor aus. So probierte er viel an der Maschine und auch an den Reifen. "Ich werde kommendes Jahr immer noch auf Bridgestone fahren, also musste ich auf für sie Arbeit verrichten."

Für die restliche Saison hat er sich vorgenommen, noch auf Platz drei in der WM zu kommen, auch wenn er momentan 44 Punkte hinter Dani Pedrosa liegt. "Ich denke nicht, dass es unmöglich ist, ihn einzuholen, aber Dani ist während des ganzen Jahres konstant gefahren. Deswegen ist er dort, wo er ist. Wir müssen einfach versuchen, konstant auf das Podest zu kommen", meinte Hopkins. Dabei sieht er aber auch seinen Teamkollegen Chris Vermeulen als Konkurrenz, der mit ihm punktegleich ist. "Es wird ein gesunder Kampf zwischen uns, wodurch wir gegenseitig das Beste aus uns herausholen. Das wird uns beide in der WM-Tabelle weiter nach vorne treiben."

Auch noch einen Sprung nach vorne hat Nicky Hayden geplant. Der regierende Weltmeister kam in den vergangenen Rennen immer besser in Fahrt, weiß aber auch, dass ein Rennsieg in diesem Jahr schwer werden könnte. "Es sind noch sechs Rennen, aber wir müssen einen großen Schritt machen, wenn wir dieses Jahr noch einen Sieg holen wollen. Wieder am Podest zu sein, ist gut und in Brünn waren wir viel näher dran. Aber Casey hat uns immer noch 13 Sekunden aufgebrummt und das ist viel", sagte der Amerikaner.

Trotzdem vertraut er auf die Verbesserungen bei Honda. "Wir haben den Fortschritt gemacht, damit wir in den letzten Rennen näher an dem dran sind, wo wir sein müssen. Das Team hat gute Arbeit geleistet und ich habe das Gefühl, dass ich die Maschine besser fahre, als ich es getan habe. Also können wir hoffentlich weiter nach oben kommen." An seiner Motivation soll es jedenfalls nicht scheitern. Denn die ist laut Hayden nach wie vor intakt, auch wenn er ein schwieriges Jahr hinter sich hat. "Ich bin recht aufgeregt, was den letzten Teil der Saison angeht, auch wenn sich das eigenartig anhören möge. Aber die Motivation war nie ein Problem und wir freuen uns auf die letzten sechs Rennen", sagte er.