Dem MotoGP-Punktesystem kommt eine enorme Bedeutung zu. Denn die Fahrer der Motorrad-Weltmeisterschaft werden nicht nur mit Punkten für ihre Leistungen in einem spezifischen Grand Prix oder Sprint belohnt, ihre Gesamtpunktzahl entscheidet am Ende einer Saison auch über den Ausgang der drei unterschiedlichen Weltmeisterschaften für Fahrer, Teams und Konstrukteure. Motorsport-Magazin.com erklärt Dir, wie das aktuelle Punktesystem der MotoGP genau funktioniert.

Dabei gilt es zunächst zu beachten, dass in der MotoGP seit Einführung der Sprints im Jahr 2023 je nach Rennart zwei unterschiedliche Punktesysteme greifen. Es gibt einen Verteilerschlüssel für Grand-Prix-Rennen und einen für die kürzeren Sprintrennen. Das Punktesystem für Grand-Prix-Rennen ist das traditionelle, welches bereits seit 1993 in seiner aktuellen Form zum Einsatz kommt. Dabei werden die Top 15 eines Grand Prix mit Punkten entlohnt. Der Rennsieger erhält 25 Punkte, der Zweite 20 Punkte, der Dritte 16 Punkte und so weiter. Hier seht ihr eine vollständige Auflistung der Punkteverteilung im Grand Prix:

Das MotoGP-Punktesystem im Grand Prix:

PlatzierungPunkte
1.25
2.20
3.16
4.13
5.11
6.10
7.9
8.8
9.7
10.6
11.5
12.4
13.3
14.2
15.1
16. und schlechter0

Dieses Punktesystem kommt in sämtlichen WM-Klassen zum Einsatz, neben der MotoGP also auch bei Moto2, Moto3 und MotoE. Außerdem wichtig zu wissen: Es können tatsächlich auch nur die Fahrer Punkte erhalten, die das Rennen vollständig absolviert haben. Sollten in einem Grand Prix durch Stürzen und Defekte also bspw. nur 13 Fahrer ins Ziel kommen, erhalten auch nur diese 13 Fahrer Punkte. Der letzte ausgefallene Pilot wird dann nicht als 14. gewertet und mit zwei WM-Punkten belohnt, er geht ebenso leer aus wie all die anderen ausgeschiedenen Rennfahrer.

Wie bereits angesprochen gibt es einzig in der MotoGP seit 2023 auch noch ein zweites Punktesystem, welches bei den Sprints zur Anwendung kommt. Bei diesem neuen Rennformat handelt es sich um Kurzrennen, die in etwa über die halbe Distanz eines Grand-Prix-Rennens ausgetragen werden. Die Idee dieses zweiten Punktesystems war es, die MotoGP-Stars in einem Sprint dann auch nur mit der halben Punktzahl zu entlohnen. So entstand das nachfolgende Sprint-Punktesystem:

Das MotoGP-Punktesystem im Sprint:

PlatzierungPunkte
1.12
2.9
3.7
4.6
5.5
6.4
7.3
8.2
9.1
10. und schlechter0

Im Sprint erhalten also nur die besten neun MotoGP-Piloten Punkte, ab Platz zehn gehen die Fahrer leer aus. Der Sprintsieger erhält zwölf Punkte, der Zweite neun Punkte, der Dritte sieben Punkte und so weiter. Insgesamt kann ein MotoGP-Fahrer an einem einzigen Rennwochenende also maximal 37 Punkte sammeln [25 im Grand Prix, 12 im Sprint, Anm.].

So funktionieren Fahrer-, Team- und Konstrukteurs-WM der MotoGP

Sämtliche Punkte, die ein MotoGP-Fahrer während einer Saison einfährt, werden ihm auf seinem Punktekonto in der Fahrer-Weltmeisterschaft gutgeschrieben. Hier fließen sämtliche Punkte aus Grand Prix und Sprint ein, es gibt also keine unterschiedlichen WM-Wertungen für die beiden Rennformate. Der Fahrer, der am Ende eines Jahres die meisten Punkte gesammelt hat, wird zum MotoGP-Fahrer-Weltmeister gekrönt.

Daneben gibt es noch zwei weitere WM-Wertungen: Die Team- und die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. In Erstere fließen ebenfalls sämtliche Punkteresultate der beiden Fahrer eines Teams aus Grand Prix und Sprint ein. Es werden also die Punktestände zweier Teamkollegen kombiniert. Wichtig: Auch von Ersatzfahrern eingefahrene Punkte werden in der Team-Weltmeisterschaft mitgezählt, Wildcards jedoch nicht. Somit kann ein Team an einem einzigen Rennwochenende maximal 66 WM-Punkte sammeln.

Jorge Martin feiert die Konstrukteursmeisterschaft Ducatis in Indonesien
Ducati wurde 2023 erneut Konstrukteurs-Weltmeister, in der Team-WM triumphierte Pramac, Foto: LAT Images

In der Konstrukteurs-WM, der Weltmeisterschaft für Hersteller, sieht das etwas anders aus. Hier zählt immer nur das Ergebnis des bestplatzierten Motorrads eines Herstellers in Sprint und Grand Prix, entsprechend der jeweiligen Position. Damit soll die Verfälschung der Wertung durch die zahlenmäßige Überlegenheit eines Konstrukteurs ausgeschlossen werden. Heißt also: Landen in einem Grand Prix drei Ducatis auf dem Podium, werden Ducati in der K-WM trotzdem nur 25 Punkte gutgeschrieben und nicht 61 Punkte. Gleichzeitig gilt, dass nachfolgende Hersteller nicht aufrücken. Würde im angesprochenen Fall eine Honda auf Platz vier landen, erhält Honda auch nur 13 Punkte in der K-WM. Der vierte Platz würde also nicht als zweiter Platz gewertet werden, weil davor nur Ducatis landeten. Auch hier gilt natürlich: Der Hersteller, der am Jahresende die meisten Punkte gesammelt hat, ist Weltmeister.

Was passiert bei Punktegleichstand am Ende einer MotoGP-Saison?

Doch was würde nun passieren, wenn zwei Fahrer, Teams oder Hersteller am Ende einer MotoGP-Saison die identische Anzahl an WM-Punkten vorweisen? Die Antwort ist simpel: Bei Punktegleichstand entscheidet die Anzahl der besten Ergebnisse in den Grand-Prix-Rennen über die Endplatzierung. Dabei wird zunächst die Anzahl der ersten Plätze gezählt, dann die Anzahl der zweiten Plätze und so weiter, bis ein ungleiches Ergebnis gefunden werden konnte.

Im Fall eines Punktegleichstands landet also der Fahrer vorne, der mehr Siege, zweite Plätze etc. vorweisen kann. Das gilt für sämtliche WM-Klassen. In der MotoGP werden die Sprintergebnisse bei der Entscheidung über einen Gleichstand nicht berücksichtigt. Sollte es selbst nach Auswertung sämtlicher GP-Ergebnisse noch einen Gleichstand geben, wird das Datum, an dem die höchste Platzierung eines Fahrers erzielt wurde, berücksichtigt. Dabei 'gewinnt' der Fahrer, der die entsprechende Platzierung zuletzt eingefahren hat.

MotoGP-Historie: Das sind die alten Punktesysteme

Das aktuelle Punktesystem der MotoGP im Grand Prix kommt zwar seit 1993 unverändert zum Einsatz, ist aber bei weitem nicht das einzige System, das bisher verwendet wurde. Im Gegenteil: In der 75-jährigen Geschichte der Königsklasse wurden bereits fünf andere Punkteschlüssel angewendet. Im Debütjahr 1949 erhielten bspw. nur die besten fünf Fahrer Punkte, wobei der Sieger nur zehn WM-Zähler erhielt und der fünfte immerhin noch fünf. Besonders kurios: Damals gab es auch einen Punkt für die schnellste Rennrunde und sogenannte Streichresultate. Das bedeutet, dass in der WM-Wertung nur eine gewisse Anzahl der insgesamt absolvierten Rennen gewertet wurden. 1949 wurden etwa nur die drei besten Ergebnisse eines Fahrers gezählt, obwohl insgesamt sechs WM-Läufe absolviert wurden.

Leslie Graham wurde 1949 Weltmeister, ohne insgesamt die meisten WM-Punkte zu haben, Foto: MotoGP
Leslie Graham wurde 1949 Weltmeister, ohne insgesamt die meisten WM-Punkte zu haben, Foto: MotoGP

Das führte zur kuriosen Situation, dass Leslie Graham 1949 zum ersten Weltmeister der Geschichte gekürt wurde, obwohl die zweit- und drittplatzierten Nello Pagani und Arciso Artesiani insgesamt mehr Punkte gesammelt hatten. Graham hatte jedoch die besseren Einzelresultate, seine beiden Ausfälle in Belgien und Italien flossen nicht in die Wertung ein. Nach Streichung der drei schlechtesten Ergebnisse landete er in der Endabrechnung knapp vor Pagani und Artesiani.

1950 wurde das Punktesystem erstmals leicht überarbeitet: Die Top Sechs wurden nun entlohnt, der WM-Punkt für die schnellste Rennrunde fiel weg. Weitere Veränderungen folgten 1969 und 1988, wobei die Anzahl der Punkteplatzierungen und die Anzahl der vergebenen Punkte immer weiter anstieg. 1992 wurde die Anzahl der Punkteplatzierungen nochmal von 15 auf zehn reduziert, ehe dann ab 1993 das moderne System eingeführt wurde. Die Streichresultate hielten sich übrigens bis 1976 (damals 6 von 10), erst seit 1977 werden sämtliche Ergebnisse eines Fahrers in der WM-Wertung berücksichtigt.