Die MotoGP steht vor einer Revolution. Wie 'Autosport' am Freitag in Spielberg erfuhr, wird es aber der Saison 2023 Sprintrennen in der Königsklasse geben. Diese sollen an allen Wochenenden am Samstag stattfinden und die halbe Distanz des Hauptrennens umfassen. In den Sprints soll es Punkte geben, das normale Qualifying wird aber über die Startaufstellung für beide Rennen am Wochenende entscheiden. Um Platz im Zeitplan zu machen, wird ein Training am Samstag gestrichen und das Qualifying vorgezogen.

Die MotoGP-Piloten teilten am Freitag ihre Meinung zu dem neuen Format. Fast alle Fahrer sind sich einig, dass es die Show in der Königsklasse verbessern wird. Mehr Rennen bedeuten mehr Action für die Fans, mehr Zuseher im Fernsehen und mehr Geschichten, über die berichtet werden kann. Hier endet die Begeisterung der Fahrer aber auch schon.

Denn für die Piloten bedeuten die zusätzlichen Rennen eine weitere Belastung. Und das in einer Zeit, in der ständig wachsende Kalender die Athleten ohnehin bereits an ihre körperlichen Grenzen treiben. "Wir haben Strecken wie Austin, wo dir das eine Rennen am Sonntag bereits alles abverlangt. Da noch einen Sprint zu fahren, wird wirklich hart", sagt Francesco Bagnaia.

Auch Fabio Quartararo zeigte sich wenig beeindruckt. "Ist das also wirklich wahr?", fragte der Weltmeister nach, als er zur Sprint-Thematik befragt wurde. "Ich finde das dumm. Das Rennen ist am Sonntag, wozu brauchen wir da auch noch eines am Samstag? Ich finde einen Sprint an allen Wochenenden dämlich. Ähnlich deutliche Worte fand Fabio Di Giannantonio: "Meiner Meinung nach ist das komplette Scheiße. Sie versuchen jetzt die Formel 1 oder die Superbike-WM zu kopieren. Aber wir haben jetzt schon so viele Events rund um den Erdball. Wenn du dich dann verletzt, kannst du noch mehr Rennen verpassen."

MotoGP-Layout in Spielberg: Neue Schikane, neue Gefahren? (09:28 Min.)

"Wir haben dann das doppelte Risiko für das gleiche Gehalt", stellte auch Pol Espargaro fest. "Rennen bedeuten immer mehr Risiko, weil die Motorräder näher beisammen sind und du natürlich versuchst, andere Fahrer zu überholen. Mir ist schon klar, dass die Superbike-WM das auch macht (dort gibt es ein Hauptrennen am Samstag, am Sonntag werden ein Sprintrennen und das zweite Hauptrennen gefahren, Anm.), aber unsere Motorräder sind deutlich schneller und somit ist der Sport auch gefährlicher."

Aleix Espargaro verwies auf den jetzt schon stressigen Modus am Rennwochenende. "Bei allem Respekt gegenüber der Superbike-WM, aber die MotoGP ist etwas ganz anderes. Wir haben wahnsinnig viel Elektronik, Aerodynamik und jede Menge anderes Zeug an diesen Motorrädern. Da ein gutes Setting zu finden ist jetzt schon schwierig genug, weil die Freien Trainings über die Aufteilung in Q1 und Q2 entscheiden und so auch bereits eine Art Qualifying sind. Wenn du dann noch weniger Trainingszeit hast wird es richtig hart. Ich liebe Rennfahren und hasse Trainings, aber es muss eben sein."

MotoGP-Stars von Sprintentscheidung überrumpelt

Was den Fahrern besonders sauer aufstieß: Niemand hatte sie vorab über die Pläne informiert, die am Samstag um 11:45 Uhr offiziell präsentiert werden. "Wir wurden nie danach gefragt", ärgerte sich Quartararo. "Ich hätte schon erwartet, dass man vorher mit uns darüber spricht und wir es nicht aus der Presse erfahren müssen", stimmte Pol Espargaro zu. "Es muss mehr mit uns Fahrern gesprochen werden", findet auch Luca Marini.

Das vollkommene Übergehen der Fahrer in dieser Frage lässt wieder eine bereits bekannte Forderung aufkeimen: Die nach einer Vertretung der Athleten, eine Art Fahrergewerkschaft nach dem F1-Pendant GPDA. "Wir brauchen so etwas einfach", ist Aleix Espargaro überzeugt. "Ich glaube die MotoGP ist der einzige Sport, in dem es das nicht gibt." Di Giannantonio will den Status Quo nicht mehr akzeptieren: "Dorna und IRTA (Promoter und Team-Vereinigung, Anm.) treffen die Entscheidungen, aber wir müssen dann auf der Strecke damit leben. Wir sind die, die unter Verletzungen leiden, dürfen aber nichts entscheiden." Luca Marini sieht das ähnlich: "Wir sind die Fahrer, wir machen die Show - also müssen wir auch Teil der Entscheidungen sein."

Update 20.08.22, 12:30 Uhr: Dorna reagiert auf Vorwürfe

Am Samstag reagierte die Dorna in Person von Carmelo Ezpeleta auf die Vorwürfe der MotoGP-Stars. Der Dorna-Chef wies zunächst einmal sämtliche Vorwürfe von sich: "Die Fahrer müssen von ihren Arbeitgeber, also von ihren Teams informiert werden. Ich habe gestern Abend mit den Fahrer in der Sicherheitskommission gesprochen und dachte, sie wären zu diesem Zeitpunkt bereits informiert gewesen. Das ist allerdings Aufgabe der Teams."

Davon abgesehen versuche die Dorna immer, sämtliche Meinungen zu beachten und zu respektieren. "Wir müssen allerdings auch schauen, von wem diese Meinungen kommen. Jeder Fahrer hat eine unterschiedliche Meinung, weil jeder andere Interessen hat. Sie denken nur an sich. Wir aber eine Entscheidung für den gesamten Sport treffen", so Ezpeleta.

Die Kritik der Fahrer an Sprintrennen kann er nicht nachvollziehen: "Wir versuchen, alle Aspekte in Betracht zu ziehen. Ich denke nicht, dass sie schon am Limit sind. In der Superbike sind die Fahrer nur 1,5 Sekunden langsamer und vollkommen okay. Die Welt ändert sich und ich bin mir sicher, dass die Fahrer das schaffen können, was wir von ihnen verlangen. Wir sind noch weit vom Limit entfernt."