Es ist bittere Realität für alle Fans von Valentino Rossi: Der Doktor wird durch seinen Schien- und Wadenbeinbruch mindestens zwei Rennen ausfallen. Schon 2010, als er durch seinen Crash in Mugello die gleiche Verletzung davon trug, verpasste er neben dem Italien-GP auch die Rennen in Barcelona, Assen und Silverstone. Nach sechs Wochen Pause stieg er auf dem Sachsenring wieder auf seine Yamaha M1. Sechs Wochen - damit würde Rossi pünktlich zum Japan-GP in Motegi wieder einsteigen. Bis der Doktor wieder fährt, muss sich Yamaha um Ersatz kümmern - und hier drängen sich fünf Kandidaten auf:

Katsuyuki Nakasuga

Get well soon, Valentino Rossi! (00:55 Min.)

Nakasuga ist der offizielle Testfahrer der Japaner und damit eigentlich erste Wahl für den Ersatzfahrerposten. Er kennt die Yamaha M1 aus dem Effeff und startet jährlich mit einer Wildcard bei seinem Heimspiel in Motegi. Rennerfahrung auf einem MotoGP-Motorrad hat der Japaner also auch. Zudem konnte er als Ersatzfahrer schon Glanzlichter setzen: Beim verregneten Valencia-GP 2012 fuhr Nakasuga als Ersatzmann von Ben Spies als Zweiter auf das Podium. Doch zumindest in Misano wird Nakasuga Rossis M1 wohl nicht pilotieren können. An jenem Wochenende startet nämlich die japanische Superbike-Meisterschaft, deren Gesamtwertung Nakasuga aktuell anführt, in Autopolis.

Johann Zarco

Zarco und Rossi lieferten sich schon harte Zweikämpfe, Foto: Tech3
Zarco und Rossi lieferten sich schon harte Zweikämpfe, Foto: Tech3

Das Yamaha-Werksteam könnte sich auf der Suche nach einem Ersatzfahrer auch bei seinem Satellitenteam Tech3 bedienen. Gerade Johann Zarco drängt sich hier auf. Der Moto2-Weltmeister der letzten beiden Jahre düpierte als Rookie die MotoGP-Weltspitze bereits mehrfach. Sein erstes Rennen in Katar führte Zarco an, in Assen fuhr er auf Pole und beim Heimrennen in Le Mans auf das Podium. Dass er vor großen Namen nicht zurückschreckt, musste Rossi in diesem Jahr unter anderem schon in Austin erfahren. Zarco hat darüber hinaus schon seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, Rossi mittel- bis langfristig im Werksteam zu beerben. Eine erste unverhoffte Chance könnte sich dem Franzosen nun bieten.

Jonas Folger

Jonas Folger ließ Rossi schon mehrfach in dieser Saison hinter sich, Foto: Tech3
Jonas Folger ließ Rossi schon mehrfach in dieser Saison hinter sich, Foto: Tech3

Bringt man Johann Zarco ins Spiel, muss bei der Frage nach einem Rossi-Ersatzmann zwangsläufig auch der Name Jonas Folger fallen. Folger beeindruckte in seinem Rookie-Jahr ebenso, jedoch nicht in dem Ausmaß, wie es seinem Teamkollegen Zarco gelang. Dennoch, Folger hat schon mehr als einmal bewiesen, dass er im Rennen die Pace der Spitzenfahrer hat. Einzig an der Startphase und der ersten Rennhälfte musste der Deutsche lange arbeiten. Als auf dem Sachsenring alles zusammengepasst hat, wurde er prompt Zweiter. Doch seitdem wird Folger vom Pech verfolgt und muss nach den jüngsten Bremsdefekten erst einmal wieder Vertrauen in sein Bike aufbauen. Die Chance im Werksteam könnte sich also genau zum falschen Zeitpunkt bieten.

Alex Lowes

Alex Lowes hat schon MotoGP-Erfahrung, Foto: Tech 3
Alex Lowes hat schon MotoGP-Erfahrung, Foto: Tech 3

Kann Yamaha keinen Tech3-Fahrer loseisen, so ist das Werksteam aus der Superbike-WM die erste Anlaufstelle. Mit Alex Lowes hat man dort einen Fahrer in den eigenen Reihen, der schon im vergangenen Jahr als MotoGP-Ersatzmann aushalf. Damals fuhr Lowes die Tech3-Yamaha von Bradley Smith in Silverstone, Misano und Aragon. Dort hinterließ Lowes einen ordentlichen Eindruck, selbst wenn er im FP3 von Aragon stürzte und sich dabei selbst verletzte. Lowes hat also die nötige Erfahrung auf einem MotoGP-Bike und ist bei den Bossen in Japan hoch angesehen, nachdem er für Yamaha 2016 und 2017 das prestigeträchtige 8-Stunden-Rennen in Suzuka an der Seite von Nakasuga und Pol Espargaro bzw. Michael Van Der Mark gewann.

Michael Van Der Mark

Michael Van Der Mark hat MotoGP-Ambitionen, Foto: Yamaha
Michael Van Der Mark hat MotoGP-Ambitionen, Foto: Yamaha

Die Chance auf den freien MotoGP-Sitz wittert freilich auch Lowes' Teamkollege Michael Van Der Mark. Van Der Mark ist mit seinen 24 Jahren noch jung und gilt als talentiert, zudem hat er in der Vergangenheit immer wieder klar gemacht, eines Tages den Schritt von der Superbike-WM in die MotoGP vollführen zu wollen. Honda wollte ihm ähnlich wie früher Jonathan Rea die Gelegenheit auf einen MotoGP-Stammplatz nicht bieten, weshalb Van Der Mark vor der Saison zu Yamaha wechselte. Dort sah der Niederländer größere Chancen auf den Sprung in die Königsklasse. Nun würde sich die Möglichkeit bieten. Die jüngste Form spricht jedoch gegen Van Der Mark. Auf dem Lausitzring zog er im Teamduell gegen Lowes klar den Kürzeren.