Ducati Titelfavorit? Honda nur noch Nachzügler? Und was ist mit Suzuki? Die Testfahrten in der vergangenen Woche ließen viele Fragen offen und riefen die Kaffeesudleser auf den Plan. Tests sind nun einmal nur Tests und die Schlüsse daraus stets mit Vorsicht zu genießen. Aufgrund der Einführung der Einheitselektronik und der Michelin-Reifen erhoffen sich viele Fans und Fahrer einen Umsturz im Klassement. Doch wie berechtigt sind diese Hoffnungen? Motorsport-Magazin.com hat einen Blick auf vorangegangene Regelumbrüche und deren Folgen auf das Kräfteverhältnis in der MotoGP geworfen:

2002: Von den 500ern zur MotoGP

Rossi und Biaggi duellierten sich auf 500cc- und MotoGP-Maschinen, Foto: Milagro
Rossi und Biaggi duellierten sich auf 500cc- und MotoGP-Maschinen, Foto: Milagro

Es war die größte Umstellung in der Geschichte der Motorrad-WM. Die alte 500cc-Zweitakt-Klasse wurde im Winter 2001/02 durch die neue 990cc-Viertakt-Klasse ersetzt. Zwei völlig unterschiedliche Konzepte, deren Umstellung am Kräfteverhältnis in der Königsklasse aber nichts änderte. Honda war zum Schluss der 500cc-WM quantitativ und qualitativ die dominante Marke und blieb dies auch in der neuen MotoGP.

Erfolgsgarant Nummer eins hierbei: Valentino Rossi, der das letzte 500cc und das erste MotoGP-Rennen der Geschichte jeweils für sich entschied. Fast selbstredend, dass der Dominator auch in beiden Jahren Weltmeister wurde und seinem Arbeitgeber beide Male die Konstrukteurs-WM sicherte. Jeweils Zweiter: Rossis ewiger Rivale Max Biaggi auf Yamaha. Dahinter folgte eine Honda-Armada.

HerstellerSiege '01/'02Rennen am Podium '01/'02Pkt. Hersteller-WM '01/'02
Honda12 - 14 (+2)15 - 16 (+1)367 - 390 (+23)
Yamaha3 - 2 (-1)12 - 12 (=)295 - 272 (-23)
Suzuki1 - 0 (-1)1 - 2 (+1)153 - 143 (-10)

2007: Begrenzung auf 800cc

Und plötzlich waren sie da: Ducati dominierte das erste Jahr mit 800cc, Foto: Ducati
Und plötzlich waren sie da: Ducati dominierte das erste Jahr mit 800cc, Foto: Ducati

Im Winter 2006/07 mussten die Hersteller den Hubraum ihrer Motoren auf 800 Kubikzentimeter begrenzen. Das stellte vor allem Honda vor ungeahnte Probleme. 2006 stellten die Japaner noch vier verschiedene GP-Sieger, standen in jedem Rennen auf dem Podium und holten mit 360 Punkten überlegen die Konstrukteurs-Wertung (Nicky Hayden wurde Fahrer-Champion).

Doch das 800cc-Konzept setzte dem Erfolg auf breiter Basis ein jähes Ende. Es dauerte zehn Rennen bis Honda dank Dani Pedrosa siegte, bis Saisonende folgte nur ein weiterer Erfolg. Bei vier Events verpasste man das Podium und holte in der Hersteller-Wertung 47 Punkte weniger, obwohl es 2007 ein Rennen mehr gab als im Jahr davor.

Während Yamaha, wo Valentino Rossi zum Alleinunterhalter avanciert war, seine Bilanz annähernd halten konnte, stieg Ducati zum großen Sieger der Saison 2007 auf. Ob es das Motorrad alleine war oder doch der Stoner-Effekt? Denn ein Großteil des Erfolges der Saison ging auf die Kappe des Australiers, der zehn der elf Siege beisteuerte und 14 Mal auf dem Podest stand. Stoners 367 WM-Punkte alleine hätten 2007 schon gereicht, um den Konstrukteurs-Titel zu gewinnen.

Suzuki konnte 2007 dank Chris Vermeulen in einem chaotischen Regenrennen in Le Mans seinen ersten Viertakt-Sieg holen und war neben Ducati der zweite Profiteur der Umstellung, denn auch im Trockenen holte Suzuki Podestplätze und hatte Ende 2007 um 59 Prozent mehr WM-Punkte auf dem Konto als 2006.

HerstellerSiege '06/'07Rennen am Podium '06/'07Pkt. Hersteller-WM '06/'07
Honda8 - 2 (-6)17 - 14 (-3)360 - 313 (-47)
Yamaha5 - 4 (-1)11 - 9 (-2)289 - 283 (-6)
Ducati4 - 11 (+7)8 - 17 (+9)248 - 394 (+146)
Suzuki0 - 1 (+1)1 - 6 (+5)151 - 241 (+90)

2009: Das Reifenmonopol

Yamaha setzte 2008 Lorenzo auf Michelin und Rossi auf Bridgestone, Foto: Yamaha
Yamaha setzte 2008 Lorenzo auf Michelin und Rossi auf Bridgestone, Foto: Yamaha

In der Saison 2009 beendeten die MotoGP-Offiziellen den kostspieligen Reifenkrieg zwischen Bridgestone und Michelin und führten den japanischen Reifen verpflichtend für alle Teams ein. 2006 war Michelin immer mehr in die Defensive geraten und musste schließlich das Feld räumen. Alle Honda-Teams sowie Tech 3 Yamaha und Jorge Lorenzo waren die Letzten, die auf dem französischen Reifen unterwegs waren und für die der Bridgestone-Pneu 2007 neu war.

Auf die Kräfteverhältnisse wirkte sich die Einführung des Reifenmonopols nicht aus. Yamaha blieb Primus und holte 2008 wie 2009 alle WM-Titel. Jorge Lorenzo stieg auf Bridgestone zum Vizeweltmeister auf, war in der Saison davor allerdings erst Rookie und hatte zudem mit Verletzungen zu kämpfen gehabt.

Für Honda, das Dani Pedrosa schon in den letzten Rennen 2008 auf Bridgestone gesetzt hatte, besserte sich im ersten Bridgestone-Jahr kaum etwas. Zwei statt drei Siege, in gleich vielen Rennen auf dem Podium und am Ende 18 Punkte weniger in der Konstrukteurs-Wertung - allerdings bei einem Rennen weniger.

Für Suzuki erfolgte ohne den Vorteil der Bridgestone-Reifen der endgültige Absturz. Von 181 Punkten purzelte man auf 133 und stand 2009 unter dem Reifenmonopol kein einziges Mal mehr auf dem Podest. Dass auch Ducati weniger Punkte und Siege holte, lag in erster Linie daran, dass Stoner vier Rennen auslassen musste.

HerstellerSiege '08/'09Rennen am Podium '08/'09Pkt. Hersteller-WM '08/'09
Honda2 - 3 (+1)13 - 13 (=)315 - 297 (-18)
Yamaha10 - 10 (=)18 - 17 (-1)402 - 386 (-16)
Ducati6 - 4 (-2)13 - 9 (-4)321 - 272 (-49)
Suzuki0 - 0 (=)3 - 0 (-3)181 - 133 (-48)

2012: Die modernen MotoGP-1000er

Stoner war 2007 erster und 2011 letzter Weltmeister auf 800cc-Maschinen, Foto: Honda
Stoner war 2007 erster und 2011 letzter Weltmeister auf 800cc-Maschinen, Foto: Honda

Im Jahr 2012 gab es für MotoGP-Bikes die bislang letzte Hubraumänderung. 1000 Kubikzentimeter bei maximal vier Zylindern waren ab sofort erlaubt. Auf das Kräfteverhältnis in der MotoGP hatte das kaum Auswirkungen. Ducati war schon in den Jahren zuvor stark in Rückstand geraten und war im letzten 800cc-Jahr ähnlich schlecht wie im ersten mit den 1000er-Maschinen. Auch das Verhältnis zwischen Honda und Yamaha änderte sich kaum und die Honda blieb das tonangebende Motorrad, auch wenn man sich in der Fahrer-WM am Ende Jorge Lorenzo, der sich stets über eine zu schwache Yamaha beschwert hatte, geschlagen geben musste.

HerstellerSiege '11/'12Rennen am Podium '11/'12Pkt. Hersteller-WM '11/'12
Honda13 - 12 (-1)17 - 18 (+1)405 - 412 (+7)
Yamaha4 - 6 (+2)18 - 17 (-1)325 - 386 (+61)
Ducati0 - 0 (=)2 - 2 (=)180 - 192 (+12)