Am 20. April jährt sich der Todestag von Daijiro Kato zum elften Mal. Viele Fans vermissen den sympathischen Japaner mit der Startnummer 74, die in der MotoGP nicht mehr vergeben wird, noch immer. Oft wird vergessen, dass sich Kato als Wildcard-Pilot seine ersten Sporen in der Motorrad-Weltmeisterschaft verdiente. Doch nicht nur der zweimalige Gewinner der 8 Stunden von Suzuka beeindruckte die etablierten Fahrer mit beherzten Auftritten als Nobody. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf fünf außergewöhnliche Auftritte von Wildcard-Fahrern.

Der gestiefelte Kater: Daijiro Kato, Suzuka 1996-1998

Daijiro Katoh, damals noch mit h am Ende seines Namens, nahm von 1996 bis 1998 jedes Jahr als Wildcard-Pilot am 250ccm-Rennen in Suzuka teil. 1997 und 1998 siegte er, 1996 reichte es zu Platz drei. Das Geheimnis des Japaners, der der erstaunten Weltspitze um die Ohren fuhr, war seine grenzenlose Ruhe. Sein Cheftechniker erzählte 2001: "Vor ein paar Jahren in Suzuka war er eine halbe Stunde vor der Besichtigungsrunde noch nicht in der Box. Ich suchte ihn und fand ihn im Tiefschlaf. Dann öffnete er die Augen und gewann das Rennen. So eine Ruhe habe ich noch nie bei einem Fahrer erlebt." Der Japaner wurde oft mit einer Katze verglichen, die aus vollständiger Ruhe sofort zum Angriff übergehen kann und bekam deshalb den Spitznamen "gestiefelter Kater" angehängt.

Kato, der ab 2002 einem spontanen Einfall folgend auf das h am Ende seines Nachnamens verzichtete, wurde für die 2000er Saison von Fausto Gresini unter Vertrag genommen und belegte Platz drei in der Fahrerwertung. 2001 holte er in überlegener Manier den Titel und stieg 2002 in die MotoGP auf. In Jerez und Brünn stand der sympathische Japaner auf dem Podium und bekam für 2003 eine Honda-Werksmaschine.

Beim ersten Rennen der Saison in Suzuka stürzte er bei der Anfahrt zur "Casio Triangle"-Schikane und prallte gegen eine Mauer. 13 Tage später erlag er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen, ohne vorher aus dem Koma erwacht zu sein. Die Unfallursache selbst wurde nie restlos geklärt.

Leute mit Laune: Daijiro Kato war bei den Fans hochbeliebt, Foto: Milagro
Leute mit Laune: Daijiro Kato war bei den Fans hochbeliebt, Foto: Milagro

Das große Spektakel: Norick Abe, Suzuka 1994

Als die Motorrad-Weltmeisterschaft 1994 zum dritten Lauf nach Suzuka kam, konzentrierte sich die gesamte Aufmerksamkeit auf das Duell Mick Doohans mit dem amtierenden Weltmeister Kevin Schwantz. Das änderte sich in Japan, als ein völlig unbekannter Wildcard-Fahrer namens Norick Abe die Spitze aufmischte. Der Japaner mit den langen, hinter dem Helm her wehenden Haaren fuhr, als hätte er nichts zu verlieren: Er überholte an jeder möglichen und unmöglichen Stelle, driftete mit quer eingeschlagenem Lenker in die Kurven und schlug den völlig perplexen Stars Doohan und Schwantz ein Schnippchen nach dem anderen. Abe fuhr an der Spitze des Feldes mit und schien einen Podestplatz bereits in der Tasche zu haben, als drei Runden vor Schluss doch die Gesetze der Physik siegten und Abe übers Vorderrad stürzte. Valentino Rossi, damals noch ein Teenager, war so beeindruckt, dass er sich das Rennen sechs Monate lang jeden Tag bevor er in die Schule ging, auf Video ansah.

Yamaha-Teamchef Kenny Roberts war trotz des Sturzes beeindruckt von der Performance des Youngsters und nahm ihn unter Vertrag. Abe gewann sein Heimrennen in Suzuka 1996 und 2000 und fuhr bis Ende 2004 in der MotoGP-WM. Für die folgende Saison wechselte er in die Superbike-Weltmeisterschaft.

2007 kam Abe bei einem Verkehrsunfall in Japan ums Leben, als ein LKW-Fahrer vor ihm eine illegale Kehrtwende machte und Abe, der auf einem Scooter unterwegs war, den Weg abschnitt. Die gesamte Motorrad-Welt war geschockt, denn Abe war überall wegen seiner Freundlichkeit beliebt. "Es gab keinen Tag, an dem er nicht jeden Morgen jeden Einzelnen im Team begrüßt hätte und sich nicht abends von jedem Einzelnen wieder verabschiedet hätte", so ein ehemaliger Mechaniker. "Und wenn er stürzte, bat er um Entschuldigung."

Abes Markenzeichen: Die langen schwarzen Haare, Foto: Milagro
Abes Markenzeichen: Die langen schwarzen Haare, Foto: Milagro

Der lachende Dritte: Takuma Aoki, Suzuka 1995

1995 fand der Grand Prix von Japan in Suzuka unter geradezu irregulären Wetterbedingungen statt. Es goss wie aus Eimern, der Dreck lief an manchen Stellen über die Strecke und sogar ein Weltstar wie Kevin Schwantz musste erkennen "Mann, ich werde langsamer!" Das Rennen gewann Daryl Beattie auf Suzuki, nachdem Mick Doohan in der letzten Runde fast von seiner Honda geschüttelt worden war. Die wahre Sensation des Tages lief aber auf Platz drei ein: Takuma Aoki, dessen Brüder Nobuatsu und Haruchika ebenfalls in der WM unterwegs waren, fuhr bei seinem allerersten 500ccm-Rennen mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Gischt und konnte Platz drei erringen.

Der Japaner bekam für 1997 einen Vertrag im Repsol-Honda-Werksteam und durfte eine V2 bewegen. Zwar waren ihm die meisten Strecken völlig unbekannt, doch Aoki schlug sich prächtig und belegte am Ende der Saison Platz drei der Fahrerwertung, mit Platz zwei auf Phillip Island als bestem Ergebnis. Aoki, der unter anderem an der Rallye Dakar teilnahm, stürzte bei Tests im japanischen Tochigi vor der Saison 1998 unglücklich und sitzt seither im Rollstuhl.

Takuma Aoki fuhr nur ein Jahr lang im Repsol-Honda-Team, Foto: Milagro
Takuma Aoki fuhr nur ein Jahr lang im Repsol-Honda-Team, Foto: Milagro

Die Reifeprüfung: Noriyuki Haga, Suzuka 1998

Die Liste der Superbike-Fahrer, die sich in der MotoGP- beziehungsweise 500ccm-WM versuchten, ist lang. Auch Noriyuki Haga schnupperte nach vier Jahren Superbike Grand-Prix-Luft in Suzuka. Der Japaner trat auf einer Yamaha an und belegte auf Anhieb den dritten Platz in einem Rennen, das als das Debüt von Max Biaggi in der 500ccm-Klasse in Erinnerung bleibt. Trotz des Ergebnisses, das sowohl die Zuschauer als auch Haga selbst überraschte, blieb der Japaner den Superbikes fürs Erste treu.

2001 fuhr er für das WCM-Team die komplette 500ccm-Saison. Nach wenig erbaulichen Ergebnissen kehrte Haga in die Superbike-WM zurück, um 2003 mit Aprilia erneut in der MotoGP anzutreten. Die Elektronik machte dem Japaner das Leben schwer und so entschied er sich nach einem Jahr mit gerade einmal 47 Punkten, endgültig in die Superbike-Weltmeisterschaft zurückzukehren.

Platz drei beim WM-Debüt: Noriyuki Haga, Foto: Milagro
Platz drei beim WM-Debüt: Noriyuki Haga, Foto: Milagro

Die Parade der Supermacht: Katoh, Shinya Nakano, Naoki Matsudo, Suzuka 1998

Das 250ccm-Rennen in 1998 in Japan glich einer Parade: Drei japanische Wildcard-Fahrer, Daijiro Katoh, Shinya Nakano und Naoki Matsudo, fuhren an der Spitze den Sieg aus und ließen der etablierten europäischen Konkurrenz nicht einmal den Hauch einer Chance. Das Rennen ist bis heute das einzige in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft, bei dem das Podium komplett von Wildcard-Fahrern besetzt wurde.

Nakano stand ab 1999 bei Tech 3 in der Weltmeisterschaft unter Vertrag. Nach dem Vizeweltmeistertitel 2000 für Nakano und dem Weltemistertitel für seinen Teamkollegen Olivier Jacque stieg das Team in die 500ccm-WM auf. Nakano fuhr bis Ende 2008 in der MotoGP-Weltmeisterschaft, während Matsudo, der jahrelang in der 250ccm-WM unterwegs war, nur 2005 in Motegi an einem MotoGP-Lauf teilnahm. Wieder als Wildcard-Fahrer aber dieses Mal konnte er nicht einmal die erste Runde beenden.

Naoki Matsudo trat nur zu einem MotoGP-Lauf an, Foto: Milagro
Naoki Matsudo trat nur zu einem MotoGP-Lauf an, Foto: Milagro