Nakamoto: Honda hat Ersatzteile für Katar und Jerez, Foto: Honda
Nakamoto: Honda hat Ersatzteile für Katar und Jerez, Foto: Honda

Sicher, die Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und atomarem Super-GAU steht noch immer mit unglaublicher Brisanz im Raum. Doch ganz sicher ist, dass sich vor allem die Menschen in Japan nichts sehnlicher wünschen, als so bald als möglich wieder zur Normalität übergehen zu können, wenngleich das sicher noch Wochen und Monate, ja Jahre dauern kann.

Die Frage, die sich in Sachen MotoGP stellt, ist: Wie geht es weiter? In Japan herrschen derzeit Strombeschränkungen, die Infrastruktur hat gelitten. Der HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto bestätigte bereits: "Wir können täglich nur fünf Stunden arbeiten, da die Stromversorgung reglementiert wurde. Auch der Weg zur Arbeit gestaltet sich schwierig, nur 50 Prozent der Züge fahren. Die Leute steigen daher auf das Auto um, aber darum ist der Verkehr jetzt immens und es braucht bis zu drei Stunden, um zur HRC zu kommen - anstelle von nur einer Stunde."

Das nächste Problem: Die Benzinversorgung. "Die meisten Tankstellen sind geschlossen", so Nakamoto. "Auch schwierig steht es um unsere Zulieferer. Viele von ihnen können im Moment nicht arbeiten und das ist für die nächsten Wochen für unsere Rennaktivitäten ein potenzielles Problem."

"Wir haben alle Ersatzteile, die wir für die Rennen in Katar und Jerez brauchen", machte der Renn-Vizechef von Honda weiter klar. "Aber danach, wenn sich die Situation nicht ändert, werden wir das vorsichtig handhaben müssen." Trotzdem betonte er weiter, dass in Japan jeder versuche, die Situation in den Griff zu bekommen und dass man hoffe, alle Probleme so schnell wie möglich lösen zu können.

MotoGP 2011: 6 Ducatis vorn?

Doch was, wenn sich die Situation in Japan eben doch nicht so schnell stabilisiert? Von den 17 MotoGP-Motorrädern 2011 stammen deren elf aus Japan: Sechs Hondas, vier Yamahas und eine Suzuki. Die restlichen sechs Motorräder stellt Ducati und die haben ihren Sitz in Italien in Europa und sind von dem Unglück nicht betroffen.

Die Medaille hat sicher zweit Seiten. Zum einen steht die Frage im Raum, wie man Millionen von Euros für die MotoGP ausgeben kann, wenn zu Hause in Japan alles, wirklich alles kopfsteht. Da stellt sich die Frage, ob das Geld nicht vielleicht doch sinnvoller genützt werden kann. Zum anderen steht der wirtschaftliche Faktor im Raum. Bekanntermaßen haben Honda und Nissan zum Beispiel ihre Autoproduktion derzeit komplett eingestellt und selbst die Firmen, die weiter produzieren, können nicht in einen normalen Alltag übergehen und nur weniger herstellen, da es eben reglementierten Strom gibt.

Honda hat, wie Nakamoto bestätigte, noch Ersatzteile bis Jerez. Dieses Rennen findet am 3. April statt, durch die Verschiebung des Japan GP auf Oktober wäre das nächste Rennen dann am 1. Mai in Estoril. Wertvolle Zeit für alle Werke in Japan, um eben doch wieder "normal" in den Rennabteilungen arbeiten zu können.

Bridgestone will sie bemühen, die Reifen zu liefern, Foto: Fiat Yamaha
Bridgestone will sie bemühen, die Reifen zu liefern, Foto: Fiat Yamaha

Was aber, wenn die Situation sich nicht drastisch bessert? Dann stehen noch die millionenschweren Sponsorenverträge im Raum, an die zumindest Honda und Suzuki gebunden sind. Yamaha hat keinen Hauptsponsor, lediglich das Tech 3-Team wirbt für den Gummibärchen-Saft Monster. Aber wenn dann eben doch keine Teile mehr nachkommen?

Ein Horrorszenario! Wenn Honda, Yamaha und Suzuki kurzfristig den Stecker aus dem MotoGP-Projekt 2011 ziehen sollten, dann schrumpft die Startaufstellung auf sechs Motorräder - und man könnte das Ganze "Ducati-MotoGP-WorldCup powered by Bridgestone" nennen.

Reifen aus Japan

Bridgestone? Das nächste Stichwort! Auch der Einheitsreifenlieferant der MotoGP kommt aus Japan. Rennen für Rennen werden Tausende Gummis an die Rennstrecken geliefert. Mikio Masunaga, der Vizechef und Vorstandsmitglied von Bridgestone, versicherte aber: "In diesem Moment arbeiten wir hart, um bei der aktuellen Situation unsere Reifenlieferung für die MotoGP aufrecht zu erhalten und ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen können." 100-prozentige Sicherheit klingt anders.

Was nicht großartig in Gefahr sein dürfte, ist die Moto2-Klasse. Hier werden zwar auch Einheitsmotoren der Honda CBR600RR eingesetzt, aber diese werden aus der Schweiz in Europa betreut, gewartet und an die Teams verteilt.

Ebenso ohne Gefahr dürfte die Superbike WM über die Bühne bringen. Dort gibt es derzeit nur zwei echte Werksteams und die stammen von Aprilia aus Italien und von BMW aus Deutschland. Alle anderen Teams, auch die, die japanische Motorräder einsetzten, werden prinzipiell von europäischen Mannschaften "privat" abgewickelt. Den Kawasaki-Werksauftritt stemmt Paul Bird Motorsport, die Honda-Truppe managt die Ten Kate-Familie, Suzuki ist bei Francis Batta in belgischer Hand und Yamaha Italia erklärt schon der Name. Die Reifen dort kommen ebenfalls einheitlich von einer Marke, doch Pirelli sitzt und produziert in Italien.

Im Moment kann der geneigte MotoGP-Fan nicht viel mehr tun, als abzuwarten und zu hoffen, dass sich die Lage in den nächsten anderthalb Monaten bis zum Estoril GP stabilisiert hat und dass die MotoGP-Weltmeisterschaft nicht durch eine solche Kombination vieler Katastrophen beeinflusst oder gar entschieden wird. Das Ziel lautet daher jetzt: So schnell wie möglich zurück zur Normalität und hoffen…