Stärke, das ist es, was Valentino Rossi im Moment am meisten fehlt. So war der Italiener in Indianapolis mit Platz vier vor allem deswegen glücklich, weil er zwischendurch so schnell wie Jorge Lorenzo und Ben Spies fahren konnte. Er ist wieder seinem Weg gefolgt und hat sich nicht mehr an Lorenzos Abstimmung orientiert, da der Spanier einen anderen Fahrstil hat. Die Kraft ist aber eine andere Sache und in einem Hitzerennen wie Indianapolis leidet Rossi. Denn Lauftraining ist nach seinem Beinbruch immer noch nicht möglich. "Ich brauche Zeit. Ich muss ruhig bleiben und wieder ans Maximum kommen. Als ich so 1,2 bis 1,4 Sekunden hinter Jorge lag, war ich nicht so weit weg, ich habe viel gepusht, aber dann war meine Kraft weg, ich konnte die Richtung nur schwer ändern und musste aufgeben", berichtete Rossi.

In etwa einem Monat will der Italiener das Lauftraining wieder aufnehmen können, daher wird er zuerst mit einem Fahrrad beginnen - was er eigentlich hasst. "Mein physischer Zustand ist aber schon sehr verbessert, denn ich habe jetzt nicht mehr solche Schmerzen wie zuvor, das ist ein großer Schritt. Ich habe aber keine Kraft. Als ich in den letzten Runden auf mein Pitboard sah und dort [noch] acht Runden stand, dachte ich, scheiße, ich hoffe nur noch eine." Rossi befürchtete, dass es ihm in Misano sogar noch schlechter ergehen könnte, doch er baute darauf, dass die Yamaha dort besser laufen wird, denn in Indianapolis machte sie einige Probleme. "In Misano waren wir die vergangenen zwei Jahre sehr schnell."

Müdigkeit führte zu Stürzen

Seine größte Hoffnung war, dass es bei seinem Heimrennen viel Schatten geben wird. Zudem dürfte ihm die Atmosphäre vielleicht ein wenig helfen. Das Hauptproblem ist für Rossi aber nach wie vor er selbst, weder die Maschine, die er zwar gerne früher schon wieder für sich umgerüstet hätte, noch die Crew, da die gut arbeitet, sind seiner Ansicht nach schuld. Wie sehr ihn die fehlende Kraft beeinflusst, zeigte sich darin, dass er eingestand, zwei der drei Stürze am Indy-Wochenende wegen seiner Müdigkeit gehabt zu haben. "Das passiert normal nie, ich pushe immer bis zum Ende. Aber nach dem Sturz verstand ich das im Rennen und nahm mich zurück. Als ich also wieder ausgelaugt war, versuchte ich geschmeidig zu fahren. Wenn man so fährt, ist man aber langsamer."

Nichts konnte Rossi dazu sagen, was Jeremy Burgess im nächsten Jahr machen wird. Er habe ihm Zeit gegeben, meinte Rossi. Es gehe vor allem darum, dass er nicht wisse, ob er weitermachen will. Dem entgegen hatte Burgess am Wochenende gemeint, er wisse schon, dass er nächstes Jahr etwas machen werde - was, wollte er aber nicht verraten. Viel mehr gab Rossi nach dem Rennen aber zu denken, dass 51 Sekunden zwischen Platz eins und Platz zehn lagen. "Fuck!", meinte er dazu nur.

Es muss sich was ändern

Und er sah das durchaus als Problem für die MotoGP, denn dadurch, dass die Rennen doch eher langweilig sind, büßt man ein Plus gegenüber der Formel 1 ein. "Bis 2006, als wir Michelin und Bridgestone, den 1000er-Motor und weniger Elektronik hatten, waren die Rennen unglaublich. Viele Leute klebten am Fernseher, denn man wusste, die MotoGP würde Spannung bringen. Als Bridgestone kam, die 800er kamen und so viel Elektronik kam, wurde es sehr langweilig. Das ist so einschläfernd wie die Formel 1", sagte er. Deswegen hoffte Rossi, dass 2012, wenn die 1000er kommen, die Elektronik wieder weniger wird. "Was vom Anti-Wheelie und Anti-Spin wegnehmen", meinte er. "Die Leute wollen die Maschinen Wheelies machen und sliden sehen. Jetzt ist es wie ferngesteuert, wisst ihr? Der Fahrer kann nicht mehr den Unterschied machen."