Dass Porsche in der Formel-E-Saison 2024 weiter auf sein Top-Duo bestehend aus Pascal Wehrlein und Antonio Felix da Costa vertrauen würde, kam wenig überraschend. Dass der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen für die 'Rookie-Sessions' bei den Vorsaison-Testfahrten in Valencia (24.-27. Oktober) aber Gabriela Jilkova als Fahrerin nominieren würde, umso mehr.

Die deutschsprachige Tschechin erhält beim Kollektiv-Test auf dem spanischen Circuit Ricardo Tormo zum ersten Mal die Gelegenheit, den aktuellen Porsche-Rennwagen auf der Strecke zu bewegen. Um neuen Piloten eine Bewährungsmöglichkeit bieten zu können, hat die Formel E alle Teams verpflichtet, in Valencia mindestens einen Rookie in einer Session am Vor- oder Nachmittag einzusetzen. Dabei handelt es sich nicht um einen speziellen Rookie-Test, stattdessen wechseln sich die Neueinsteiger je nach Teamplanung mit den Stammfahrern im normalen Testbetrieb ab.

Gabriela Jilkova: 2023 bereits im Porsche-Simulator

Jilkova befindet sich im Feld der Rookies in Gesellschaft prominenter Namen wie Sheldon van der Linde (Jaguar), Robert Shwartzman (DS Penske), Adrien Tambay und Tim Tramnitz (beide Abt-Cupra), Zane Maloney (Andretti), Yann Ehrlacher (Maserati), Taylor Barnard (McLaren), Jack Aitken (Envision) und Luca Ghiotto sowie Victor Martins (beide Nissan).

Jilkova lief in der Formel-E-Welt bislang komplett unter dem Radar, war hinter den Kulissen aber schon aktiv und dem Porsche-Gesamtprojektleiter Florian Modlinger seit längerer Zeit bekannt: In der vergangenen Saison half sie den Porsche-Stammfahrern im Simulator bei der Vorbereitung auf die Rennwochenenden. Jilkova ist die erste Frau seit Alice Powell (Valencia-Test 2021 mit Envision), die in einem Formel-E-Boliden Platz nimmt. Die bislang letzte Einsatzfahrerin war die Schweizerin Simona de Silvestro (2015/16).

Gabriela Jilkova im Prototype Cup Germany
Gabriela Jilkova startet seit 2021 im deutschen Motorsport, Foto: ADAC Motorsport

Jilkova: Erste Podesterfolge in Motorsport-Deutschland

Die 28-Jährige, in den sozialen Medien auch als 'QuickGabi' unterwegs, galt lange Zeit als unbeschriebenes Blatt, machte sich in den vergangenen Jahren aber vermehrt einen Namen in der deutschen Motorsport-Szene. Jilkova kehrte 2021 nach einigen Jahren Auszeit - bedingt vorrangig wegen finanzieller Engpässe - in den Rennsport zurück und gab ihr Debüt in der ADAC GT4 Germany, die im Rahmenprogramm des ADAC GT Masters gastierte.

In der GT-Nachwuchsserie hinterließ sie direkt einen bleibenden Eindruck, als sie mit Teamkollege Robert Haub - laut Bild-Zeitung dem Enkel des 2018 verstorbenen Tengelmann-Patriarchen und Milliardärs Erivan Haub - beim Saisonauftakt in Oschersleben einen Podestplatz erzielte. Im Feld der rund 20 GT4-Rennwagen ließen Jilkova/Haub später in Zandvoort eine weitere Podiumsplatzierung folgen.

Das Duo teilte sich damals einen Mercedes-AMG GT4 des deutschen Traditionsrennstalls Zakspeed, der 2022 in der ADAC GT4 Germany in das Drago Racing Team ZVO (Philipp Zakowski und Ex-DTM-Fahrer Jörg van Ommen) überging. Haub hatte sich mit seiner Drago Immobilien GmbH auch als Investor beim neugegründeten Team engagiert. Jilkova und Haub konnten in ihrer zweiten gemeinsamen GT4-Saison nicht an die Vorjahreserfolge anknüpfen, und die Wege trennten sich vorzeitig.

Formel E, Jilkova, Porsche, Portrait
Gabriela Jilkova testet den Formel-E-Porsche in Valencia, Foto: Porsche AG

Jilkova siegt in van Ommens LMP3-Rennwagen

Der frühere Mercedes-DTM-Werksfahrer Jörg van Ommen verpflichtete Jilkova im Anschluss für sein Team JvO Racing by DataLab, um 2023 im Prototype Cup Germany anzutreten. In der vom ADAC und Creventic organisierten Rennserie kommen LMP3-Prototypen mit einer Leistung von rund 450 PS zum Einsatz. Jilkova teilte sich den V8-Duqueine mit dem Spanier Xavier Lloveras - und erzielte in Zandvoort nicht nur zwei Podestplätze, sondern auch ihren ersten Sieg im Prototypen-Sport.

In der Gesamtwertung des Prototype Cup Germany belegte Jilkova den neunten von 28 Plätzen, verpasste allerdings zwei Rennwochenenden auf dem Norisring sowie am Nürburgring. In der Eifel sprang Belen Garcia Espinar, Lloveras' Lebensgefährtin, für Jilkova ein. Van Ommen war von seinen Prototypen-Rookies, zu denen neben Jilkova auch Julian Apotheloz zählte, überzeugt: "Wir haben denen die Umstellung schnell zugetraut und sie haben die schnell gemeistert."

Gabriela Jilkova im Prototype Cup Germany beim Rennen in Zandvoort
Sieg im Prototype Cup Germany: Gabriela Jilkova und Xavier Lloveras, Foto: ADAC Motorsport

Jilkova: Frisch zurück vom GT3-Test im Porsche

Jilkovas Test im Formel-E-Porsche dürfte zunächst eine einmalige Angelegenheit bleiben. Mit welchem offiziellen Test- und Ersatzfahrer das deutsche Werksteam die Saison 2024 in Angriff nimmt, ist noch nicht kommuniziert worden. Dieses Jahr begleitete David Beckmann die Mannschaft zu den Rennen und kam beim Porsche-Kundenteam Andretti in Jakarta sogar zu seinem ersten Renneinsatz.

Jilkova, die vor 2021 noch nie eine volle Saison in einer Rennserie bestritten und nur vereinzelte Läufe in der Formel Renault 2.0 (2012), dem Renault Clio Cup (2016) oder der 24H Series (2019) bestritten hatte, erlebt rasante Zeiten: Vor zwei Wochen absolvierte sie in Hockenheim ihren ersten GT3-Test in einem Porsche 911 GT3 R des DTM-Rennstalls von Porsche-Ikone Timo Bernhard. Ihr Rennprogramm für die Saison 2024 hat Jilkova, die zuletzt auch auf der Nürburgring-Nordschleife in der NLS fuhr, bislang nicht kommuniziert.