Kurz sah es so aus, als ob Lewis Hamilton in der Schlussphase des Rennens in Singapur Nico Rosberg attackieren würde. Doch die sechs Punkte für die Weltmeisterschaft waren dem WM-Führenden schlussendlich wichtiger als eine mögliche Kollision mit dem Williams-Piloten. Wie vielen anderen Fahrern gereichte Hamilton die erste Safety-Car-Phase zum Nachteil, er fiel zeitweise vom zweiten auf den neunten Platz zurück. Darum war er mit dem dritten Platz zufrieden.

"Bei meinem ersten Boxenstopp verlor ich etwas Zeit, weil alle gleichzeitig hereinkamen. Danach steckte ich hinter David Coulthard fest. Nach dem zweiten Neustart habe ich versucht, so nahe wie möglich hinter Nico Rosberg zu bleiben. Allerdings wollte ich kein Risiko eingehen, besonders, da die Ferrari-Fahrer außerhalb der Punkteränge lagen", betonte Hamilton und blickte bereits in die Zukunft: "Das erste Nachtrennen der Formel-1-Geschichte hat mir viel Spaß gemacht. Ich freue mich jetzt auf die nächsten zwei Rennen in Japan und China innerhalb von einer Woche."

Mahnung vom Teamchef

Einen maßgeblichen Anteil an der Zurückhaltung Hamiltons in der Schlussphase hatte Ron Dennis. "Nach Kimis Unfall in der Schlussphase sagten wir Lewis über Funk, er solle nicht versuchen, Nico Rosberg zu überholen und sich mit den sechs Punkten zufrieden geben, um seine WM-Führung auf sieben Zähler auszubauen", erklärte der 61-Jährige. Leider sei Heikki Kovalainen um ein besseres Ergebnis gekommen, nachdem er sich beim ersten Boxenstopp hinter Hamilton anstellen musste.

Hamilton war auch mit Platz 3 zufrieden., Foto: Sutton
Hamilton war auch mit Platz 3 zufrieden., Foto: Sutton

Der Finne selbst lieferte sich zu Beginn des Rennens ein packendes Duell mit Robert Kubica. Dabei beschädigte er sich den Unterboden. "Ab Rennhälfte ließen meine Bremsen etwas nach, so dass ich bis zum Ende nicht mehr attackieren konnte. Ich freue mich für Lewis und das Team, einerseits weil er seine WM-Führung ausbaute und wir obendrein auch bei den Konstrukteuren vorn liegen. In den nächsten Rennen werde ich alles geben, damit das so bleibt", versprach Kovalainen.

Adrenalin gegen Vernunft

In der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft übernahm McLaren Mercedes wieder die Führung. Die Silberpfeile liegen mit 135 Punkten einen Zähler vor Ferrari. "Es ist ein gutes Ergebnis", gestand Martin Whitmarsh. "Wenn man nicht gewinnt, ist es schwierig, euphorisch zu sein." Aber realistisch betrachtet könnten die sechs Punkte von Hamilton süßer sein als ein Sieg - denn die Konkurrenten im Titelkampf punkteten alle drei nicht.

"Das sagt einem das logische Denken, doch das Herz möchte immer Rennen gewinnen", sagte Whitmarsh. "Andererseits: wenn mir heute morgen jemand 7 Punkte Vorsprung in der Fahrerwertung und einen Punkt Vorsprung in der Team-WM geboten hätte, hätte ich sie mit beiden Händen genommen." Denn das Verlangen nach dem WM-Titel ist im Team groß. "Dafür müssen wir punkten, nur so gewinnt man die WM. Ein Rennsieg ist ein Adrenalinstoß, aber für die WM ist so ein Ergebnis vielleicht wichtiger."