Herr Kubica, wieviele Nächte haben Sie von diesem Grand Prix schon geträumt?
Robert Kubica: Keine, ich träume nicht von den Rennen.

Früher aber zumindest von Autos. Es gibt eine Geschichte von Ihrem ersten Auto, das Sie im Alter von vier Jahren bekamen.
Robert Kubica: Ja, es war ein Mini-Auto, das in einem Laden stand. Ich war mit meiner Familie spazieren. Plötzlich sah ich dieses Auto, und bin ins Geschäft. Ich habe das Auto angeschaut und wollte nicht weg gehen. Sie haben mir erlaubt, in diesem Auto zu sitzen, und dann habe ich gleich sieben Stunden in diesem Auto verbracht. Das war zwar ein Miniaturauto, aber ziemlich groß für ein Kind. Es hatte einen Viertakt-Motor, zwei Gänge, 45 km/h Topspeed und 2 PS.

Robert hat Jacques nun auch auf dem Truck ersetzt., Foto: Sutton
Robert hat Jacques nun auch auf dem Truck ersetzt., Foto: Sutton

Woher kam diese Obsession für dieses Auto?
Robert Kubica: Ich weiß nicht mehr, aber Jungs mögen halt Autos, auch wenn es nur Matchbox-Autos sind. Jungs spielen entweder Fußball oder lieben Autos. Ich konnte besser fahren als Fußball spielen. Am Anfang war das nur ein Spiel, aber als ich dann mit 13 nach Italien zog, war das ernster und Wettbewerb auf ziemlich hohem Level. Vor dem ersten Rennen dort konnte ich nicht wissen, wie gut ich war. Ich hatte zwar in Polen alles gewonnen, aber das bedeutet nichts. Aber im ersten Rennen hatte ich die Pole und war Zweiter.

Sie waren eben sehr hartnäckig, schon als Kind. Wie konnten Sie Ihren Vater überzeugen, zweimal die Woche 120 Kilometer in eine Richtung zu fahren, nur zum Trainieren.
Robert Kubica: Ich bin sicher: Ohne meinen Vater würde ich heute nicht hier sein. Er war nie Rennfahrer aber er mag Motorsport. Und wenn man sieht, wie sehr es das Kind das mag, macht das alles einfacher. Meine Eltern haben viel Geld und viel Zeit investiert. Denen gehört ein großes Dankeschön. Denn mit 10 kann man nicht den Traum haben, Rennfahrer zu sein.

Waren Sie eigentlich immer der einzige, der auf dieser Strecke trainiert hat?
Robert Kubica: Die meiste Zeit schon. Es gibt in Polen eben keine Motorsport-Geschichte. Und nicht alle wollen gleich 120 Kilometer zum Trainieren fahren. Das ist viel Arbeit.

Sie müssen ein ziemliches Alien in Polen gewesen sein.
Robert Kubica: Das sowieso. Und manche Leute waren schon damals neidisch und sind es immer noch, denn Polen ist das Land der neidischen Menschen. Sie denken, dass man alles hat, aber sie selber nichts. Aber manches muss man sich auch hart erarbeiten. Ich habe nichts einfach bekommen.

Und dann sind sie noch nach Italien umgezogen.
Robert Kubica: Ja. Mit 13 fuhr ich mit den Eltern hin und her und mit 14 bin ich dann ganz nach Italien umgezogen. Es war eine gute Schule. Ich hatte das Glück in gute Hände zu kommen. Ich blieb in der Familie meines Teamchefs, und ab 16 wohnte ich dann allein. Ich habe getestet, bin Rennen gefahren, nach Hause gefahren, gegessen, geschlafen. Und am nächsten Tag wieder das gleiche Programm. Ich mag das so. Ich konnte Rennfahrer sein ohne dafür Geld zu bezahlen. Und das ist der Traum von allen 13-jährigen Fahrern.

Robert hat als Test- und Einsatzfahrer überzeugt., Foto: Sutton
Robert hat als Test- und Einsatzfahrer überzeugt., Foto: Sutton

Aber da beginnt auch das Alter, wo man in die Discos geht und den Mädchen hinterherläuft.
Robert Kubica: Wenn ich Ihnen erzähle, wie oft ich in der Disco war, dann werden Sie es nicht glauben. Ich mag das nicht. Hauptsächlich weil ich keine Zeit hatte und immer zu müde dafür war. Wenn man nichts zu tun hat, dann fängt man an zu trinken und zu rauchen und in die Disco zu gehen. Und dann passieren blöde Dinge.

Im Ausland sind bisher Papst Johannes Paul II, Lech Walesa und Adam Malysz die berühmtesten Polen. Aber schon beim letzten Rennen in Budapest saßen 2,5 Millionen Polen vor der Glotze, um Ihr Rennen zu sehen. Wenn es so weiter geht, sind Sie bald einer von den ganz berühmten Polen.
Robert Kubica: Ich habe kein Interesse daran, der berühmteste Mensch von Polen zu werden. Es ist nur insofern gut, dass Polen so ein großes Land ist und wir keinen Motorsport haben. Vielleicht kann meine Person da etwas öffnen. 95 Prozent der Journalisten im Land haben kaum Ahnung von der Formel 1. Ich kann über viele Geschichten nur lachen. Der Schmerz ist aber, dass die Menschen, die sich für interessieren, falsche Informationen bekommen.

Was bedeutet es ein Pole zu sein?
Robert Kubica: Es ist egal, ob ich Pole, Italiener, Engländer oder Deutscher bin. Aber ich bin stolz, dass ich so schnell so viel erreicht habe. Ich musste mehr opfern als andere, ich habe keine Zeit mit Freunden verbracht. Aber wenn man sieht, wie das Auto besser wird und die Resultate auch, dann mag ich das mehr als alles andere. Das ist für mich das Lebenselixir. Rennfahren ist mein ganzes Leben.

Im vergangenen Dezember haben Sie noch gesagt, dass GP2 wahrscheinlich die beste Alternative für Sie ist. Eine Woche später wurden Sie als Testfahrer bei BMW bestätigt. War es eine Überraschung, dass alles so schnell ging?
Robert Kubica: Ja. Ich wusste, dass es nicht so viele Plätze gibt in der Formel 1. Wenn man Sponsoren hat, geht man zu einem Team wie Midland. Auch das Renault-Programm hilft nicht, weil Renault zumindest als Testfahrer eigene Fahrer bevorzugt. Ich war überrascht und happy, dass ich der dritte Fahrer bei BMW-Sauber wurde. Und dann wurde ich auch noch Einsatzfahrer. Wenn jemand gesagt hätte, dass ich dieses Jahr das erste Rennen fahren würde und dann Siebter werden sollte, egal, ob ich dann disqualifiziert werde, dann hätte ich gesagt, das ist Bullshit.

Robert rechnete nicht damit, schon 2007 Rennen zu fahren., Foto: Sutton
Robert rechnete nicht damit, schon 2007 Rennen zu fahren., Foto: Sutton

Was haben Sie aus Ihrem ersten Rennen in Ungarn gelernt?
Robert Kubica: Nach dem Rennen war ich nicht happy über meine ersten 20 Runden. Aber da hatten wir noch viel Benzin. Wir hatten auch niedrigen Reifendruck, um die Reifen zu schonen. Die ersten 20 Runden waren ein Albtraum. Und der zweite Teil war dann sehr gut. Und die letzten 10 Runden waren wieder schlimm. Ich finde, es war ein gutes Rennen. Und es zeigt, dass selbst wenn man lange Zeit keine Rennen gefahren ist, hat man keinen Grund zur Panik, man muss nur seinen Job machen. Es war nicht einfach, aber ich habe es gut hingekriegt, ich habe gute Erinnerungen von dort.

Für einen, der aus niedrigeren Klassen kommt, ist das Formel-1-Auto ein ziemliches Monster. Wie haben Sie es geschafft, dieses Monster zu zähmen?
Robert Kubica: Ich konnte immer sehr schnell ans Limit, das hilft mir. BMW hat mir die Möglichkeit gegeben, die restlichen Rennen der Saison zu bestreiten, weil ich die Strecken schnell lerne. Denn mit diesem Motorenreglement muss man das Auto schonen. Und es gibt dem Team und auch mir Zuversicht, dass ich keine 30 Runden brauche, um eine Strecke zu lernen.

Was ist Ihr Ziel in der Formel 1?
Robert Kubica: Ich gucke nicht so sehr in die Zukunft, ich möchte nächstes Jahr Rennen fahren, aber wenn ich Testfahrer bleibe, dann werde ich das tun. Ich bin sehr stolz, hier zu sein. Ich denke, es gibt nichts Besseres als Testfahrer zu sein. Das ist auf jeden Fall besser als GP2.

Aber jetzt haben Sie ziemlichen Druck, in den fünf Rennen gute Leistungen zu zeigen.
Robert Kubica: Druck? Ich spüre keinen Druck.

Es fällt auf, dass viele Experte Sie loben. Gerhard Berger, sagt, sie seien ein Killer. Und vom Team hört man, dass sie genau so schnell und cool seien wie seinerzeit Kimi Räikkönen.
Robert Kubica: Das ist schön, solche Kommentare zu hören. Als Fahrer weiß man wie gut man leisten kann. Das kommt vom Kopf. Es ist gut, cool zu bleiben. Wenn man gestresst ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen.