Zwei Gemeinsamkeiten haben die Rennstrecken von Montréal und Indianapolis: Beide liegen in Nordamerika, und beide verlangen ein mittleres Abtriebsniveau. Darüber hinaus könnten sie unterschiedlicher nicht sein. 1.400 Kilometer liegen zwischen dem idyllischen Insel-Kurs in Kanada und dem gigantischen Oval in den USA. Die vielen Tonnen Material der Formel-1-Teams legt die Distanz auf Achse und als zentral organisierte Gruppenreise zurück. Noch am Sonntagabend nach dem Rennen machen sich die Trucks auf den Weg zum Indianapolis Motor Speedway, wo am 2. Juli der zehnte von 18 Läufen zur Formel-1-Weltmeisterschaft 2006 ausgetragen wird. Das BMW Sauber Team freut sich auf die Rennstrecke, die den größten Spagat in Abstimmungsfragen verlangt.

Nick Heidfeld:
Ich freue mich auf den Großen Preis der USA. Indianapolis ist das Mekka des amerikanischen Motorsports. Für uns Formel-1-Fahrer ist es etwas Besonderes, durch diese Steilwand zu fahren. Obwohl das im Grunde natürlich eine einfache Aufgabe ist - man gibt einfach Vollgas. Wir nutzen ja nur einen Teil des Ovals. Für die Formel 1 wurde für das Debüt im Jahr 2000 extra ein kurviges Streckenstück im Infield gebaut. Im ersten Jahr wusste man nicht, ob es nun insgesamt besser ist, für diesen Abschnitt mit viel Abtrieb zu fahren, oder ob es doch wichtiger ist, auf der Geraden möglichst schnell zu sein und dafür den Flügel ganz flach zu stellen. 2006 wird diese Frage wieder neu gestellt werden, weil wir durch den Wechsel von V10- auf V8-Motoren jetzt um die 200 PS weniger Leistung haben. Ich bin in Indianapolis immer gut zurechtgekommen. 2001 bin ich da eines meiner besten Rennen gefahren. Da sind mir der erste, zweite und siebte Gang verloren gegangen, und ich bin trotzdem noch als Sechster in die Punkte gefahren.

Jacques Villeneuve:
Der F1-Kurs in Indianapolis ist nicht schlecht, aber ich denke, er ist auch nicht so gut, wie er sein könnte. Wenn ich ihn gestalten könnte, würde ich beide Geraden des Ovals einbeziehen, anstatt nur die eine, die jetzt den Beginn der Runde darstellt. Sie ist sehr lang, und man wird weit über 300 km/h schnell. Man fährt nah an der Mauer entlang und muss am Ende stark bremsen. Das unterscheidet die Strecke stark von den anderen. Gegen Ende der Runde biegt man durch einen Knick in die letzte Kurve ein. Sie gehört wieder zum Oval und ist überhöht. Dort sind wir mit 280 km/h durchgefahren, das fühlt sich nicht an wie eine richtige Kurve. Der F1-Kurs in Indianapolis ist schwierig zu fahren, außerdem hat er Bodenwellen, das macht es nicht einfacher. Es ist immer schön, nach einigen Europarennen nach Indy zu kommen. Auch die Atmosphäre außerhalb des Fahrerlagers ist immer großartig. Für mich ist es ein bisschen wie ein Heimrennen, weil sehr viele kanadische Zuschauer dorthin kommen. Und die US-amerikanischen Fans kennen mich auch gut.

Robert Kubica:
Indianapolis bedeutet für mich eine weitere neue Strecke und eine weitere neue Erfahrung. Ich hoffe, dass unsere Autos dort gut funktionieren. Die jüngsten Tests waren sehr positiv, wir alle erhoffen uns viel von den nächsten Rennen und von Indianapolis. Ich bin gespannt darauf, den Brickyard zu sehen, natürlich habe ich schon sehr viel von dieser Strecke gehört. Es wird interessant für mich, erstmals einen Formel-1-Rennwagen in einer Steilwand zu fahren. Mit einem Formel 3 habe ich das schon gemacht. Von anderen Fahrern weiß ich vor allem, dass wir dort über 300 km/h schnell werden und ziemlich nah an der Mauer entlang fahren.

Mario Theissen, BMW Motorsport Direktor:
Der Grand Prix der USA läutet die zweite Saisonhälfte ein und ist zugleich die zweite Halbzeit des Übersee-Doppelpacks in Nordamerika. Wir hoffen sehr, dass die amerikanischen Rennsportfans die Enttäuschung von 2005 überwunden haben. Wir wollen ihnen 2006 umso besseren Sport bieten. Gemessen am Absatzvolumen sind die USA der wichtigste Markt für die BMW Group, dort befinden sich auch die größten Produktionsstätten außerhalb Deutschlands. Indianapolis bedeutet für die BMW P86 Motoren maximale mechanische Belastungen. Auf der Geraden des Oval-Abschnitts geben die Fahrer über 20 Sekunden lang Vollgas. Die stärkste Belastung davon ist die zweite Hälfte, wenn am Ende der Geraden über zehn Sekunden lang mit Volllast im siebten Gang gefahren wird. Nach unseren guten Vorstellungen in Silverstone und Montréal wollen wir diesen Trend in Indianapolis fortsetzen. Unser Ziel ist es wieder, beide Autos in den dritten Durchgang des Qualifyings zu bringen und im Rennen zu punkten.

Willy Rampf, Technischer Direktor Chassis:
Indianapolis ist wegen der überhöhten Kurve einmalig in der Formel 1. Wobei man ‚Turn 1' eigentlich nicht als Kurve bezeichnen kann. Dieser sanfte Bogen wird mit Vollgas gefahren und bildet mit 1820 Metern die längste Gerade aller Formel-1-Rennstrecken. Deshalb wünscht man sich für diese Passage einen möglichst geringen Luftwiderstand. Aufgrund der sehr breiten Fahrbahn, die unterschiedliche Linien zulässt, wird man hier auch Überholmanöver sehen. Die Erfordernisse für das kurvige Infield sind andere. Dieser eigens für die Formel 1 gebaute Streckenabschnitt ist eine Aneinanderreihung von langsamen Kurven. Hier braucht man eine gute Bremsstabilität und gute Traktion. Der Kontrast zwischen dem Ovalabschnitt und dem Infield ist extrem. Die Abstimmarbeit ist ein Spagat. Letztlich wird man in Indianapolis mit mittlerem Abtrieb fahren, ähnlich wie in Montréal.