Max Verstappen steht beim dritten Formel-1-Rennen 2023 in Australien wieder einmal auf der Pole Position, doch es liegt eine Sensation in der Luft. Der Albert Park Circuit sorgte am Rennwochenende durch seinen einzigartigen Charakter und wechselhafte Verhältnisse bisher für Überraschungen. Mercedes ist auf einmal am Weltmeister dran und macht Fernando Alonso mit George Russell und Lewis Hamilton im Doppelpack die Verfolgerrolle streitig. Durch das Qualifying-Debakel für Sergio Perez ist Red Bull im Kampf gegen die Herausforderer geschwächt.

1. - S wie Startaufstellung

In Saudi-Arabien klagte Max Verstappen noch bitterböse über inakzeptable Defekte im Qualifying, nachdem er am Samstag durch die Technik lahmgelegt und daraufhin als 15. in den Grand Prix starten musste. Zwei Wochen später ist die Welt für ihn auf der Pole Position wieder in Ordnung, doch dafür war der Weg dorthin für sein Team längst nicht so entspannt wie bisher. Nicht nur, dass diesmal Sergio Perez durch Technikprobleme ausgeschaltet wurde und als Letzter starten muss.

Der Vorsprung Max Verstappens auf George Russell betrug lediglich zwei Zehntelsekunden. Der Brite und sein Teamkollege Lewis Hamilton sind in Melbourne zweite Kraft. Ähnlich wie in der Schlussphase der Saison 2022 lauern beide auf ihre Chance und haben dabei den ewig hungrigen Fernando Alonso im Schlepptau. Ferrari und Lance Stroll werden dahinter ebenfalls Ambitionen anmelden, solle sich eine Möglichkeit eröffnen.

2. - S wie Strecke

Der Albert Park Circuit ist ein absoluter Klassiker im Formel-1-Kalender. Seit dem ersten Rennen im Jahr 1996 war er Schauplatz für diverse geschichtsträchtige Grands Prix. Obwohl die Königsklasse seitdem viele neue Stadtkurse willkommen hieß, ist der Charakter der Rennstrecke in Melbourne seit jeher einzigartig. Im Jahr 2021 wurde das ohnehin schon spektakuläre Layout überarbeitet und noch schneller gemacht.

Seitdem warten auf einer Länge von 5,279 Kilometer insgesamt 14 Kurven, darunter neun Rechts- und fünf Linkskurven. Der Vollgasanteil beträgt 81 Prozent, was für einen hohen Benzinverbrauch sorgt. Gering fällt wiederum der Reifenverschleiß aus. Der Asphalt ist sehr glatt und darüber hinaus gibt es keine langgezogenen schnellen Kurven, welche besonders viel Energie in die Pneus leiten. Im Rennen sorgen ganze vier DRS-Zonen zwischen den Kurven 2 und 3, 8 und 9, 10 und 11 sowie 14 und 1 für Überholmöglichkeiten.

3. - S wie Strategie

Ähnlich wie in Saudi-Arabien wird in Australien kein besonders hoher Reifenverschleiß erwartet. Anders als zuletzt in Jeddah können die Teams in Melbourne jedoch auf deutlich weniger Daten zurückgreifen. Die Trainings am Freitag wurden durch GPS-Ausfälle und Regen behindert, wodurch die Programme nicht wie üblich abgespult werden konnten. Im Vorjahr, als die Formel 1 erstmals auf dem modifizierten Layout unterwegs war, gewann Charles Leclerc mit einer Einstopp-Strategie.

Die ist laut Pirelli auch diesmal die beste Wahl, zumal der Reifenlieferant mit den Mischungen C2, C3 und C4 auch eine Stufe härter unterwegs ist. Die Italiener haben einen ersten Stint über 17 bis 23 Runden auf dem Medium-Reifen gefolgt vom zweiten Stint bis zur Zielflagge auf dem harten Compound als schnellste Variante berechnet. Alternativ ist ein Startstint über 15 bis 21 Runden auf dem Soft-Reifen denkbar. Bei einer Zweistopp-Strategie können alle drei Reifenmischungen zum Zug kommen.

4. - S wie Safety Car

Über alle drei Trainingssessions und das Qualifying hinweg gab es an diesem Wochenende bereits drei Rotphasen. Die nahe an der Rennstrecke verlaufenden Mauern sowie Grünstreifen und Kiesbetten verzeihen kaum Fehler. Selbst ein kleines Problem wie bei Sergio Perez im Q1 kann das Aus bedeuten.

Statistisch beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Safety-Car-Phase 60 Prozent. Seit 2018 rückte Bernd Mayländer in den in diesem Zeitraum ausgetragenen drei Grands Prix von Australien insgesamt vier Mal aus. Eine Rolle spielt auch das zu dieser Jahreszeit in Melbourne oft launische Wetter. Bei Mischbedingungen ist das Risiko eines Unfalls durch den Charakter des Kurses entsprechend höher.

5. - S wie Sonntagswetter

Im Qualifying entgingen die Piloten dem großen Wetterchaos nur knapp. Trotz dunkler Wolkendecke und einer Regenwahrscheinlichkeit von 90 Prozent blieb es die Session über trocken. Am Freitag machte die Formel 1 im zweiten Training allerdings schon Erfahrung mit dem launischen australischen Herbst. Für den Renntag sollen sich die Bedingungen bessern. Höchstwerte von 19 Grad Celsius versprechen wärmere Temperaturen als bisher. Die Luftfeuchtigkeit bleibt mit nahezu 80 Prozent aber weiterhin extrem hoch.

6. - S wie Street Fighter

Sergio Perez machte bei seinem Aus im Q1 keine gute Figur, doch der Mexikaner war für das Desaster möglicherweise nicht allein verantwortlich. Als es seinen Red Bull am Scheitelpunkt von Kurve drei vorbeischob, könnte dabei die Motorbremse eine Rolle gespielt haben. Was auch immer die Ursache gewesen sein mag, für den Sonntag muss mit dem fünfmaligen Grand-Prix-Sieger gerechnet werden.

Allein aus eigener Kraft sind die Chancen gering, es ganz nach vorne zu schaffen, doch die Voraussetzungen für eine Perez-Sensation sind durchaus gegeben. Einerseits zählt der 33-Jährige auf Stadtkursen seit jeher zu den stärksten Piloten, andererseits war er über Jahre hinweg im Mittelfeld durch taktisch intelligente Rennen gepaart mit der richtigen Aggressivität erfolgreich. Seinen ersten GP-Sieg feierte er 2020 beim Sakhir GP im Racing Point, nachdem er in der Startrunde abgeschossen wurde und das Feld von hinten aufrollen musste.

7. - S wie Sieger

Max Verstappen kann am Sonntag mit einem Sieg tatsächlich noch ein bis dato nicht von ihm erobertes Land im Formel-1-Kalender abhaken. Dem Weltmeister gelang dies bereits beim 36. Sieg seiner Karriere am Auftaktwochenende in Bahrain. Dass er in Melbourne bisher noch nicht ganz oben stand, hat mindestens zwei Gründe. Im Vorjahr fiel er mit einem Defekt an der Benzinzufuhr aus, lag zu diesem Zeitpunkt allerdings schon hinter Ferrari zurück. Darüber hinaus fiel der Grand Prix in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund globaler Reisebeschränkungen in Folge der COVID-Situation aus.

Unter den aktiven Fahrern finden sich vier Melbourne-Sieger wieder, von denen zwei am Sonntag durchaus mit Außenseiterchancen ins Rennen gehen. Lewis Hamilton gewann in Australien bereits zwei Mal. Fernando Alonso war im Jahr 2006 ein Mal erfolgreich. Beide haben mit ihrer Ausgangslage gute Karten, Verstappen bei einem entsprechenden Rennverlauf den Sieg streitig zu machen oder ihn unter Umständen vom Favoriten zu erben. Für Charles Leclerc und Valtteri Bottas gestaltet sich eine Wiederholung ihres Melbourne-Sieges deutlich schwieriger.