Noch fehlt Sebastian Vettel ein Sieg in Montreal, doch der Red-Bull-Pilot hat mit seiner Pole Position im Qualifying den Grundstein gelegt, um diese Scharte auszuwetzen. "Ich bin mit dem Ergebnis sehr glücklich. Wir wussten, dass wir gut unterwegs waren", strahlte der Heppenheimer über das ganze Gesicht. Dabei verlebte Vettel bis zum Zeittraining beileibe kein einfaches Wochenende auf dem Circuit Gilles Villeneuve, denn neben dem immer wieder umschlagenden Wetter stimmte auch die Performance seines RB9 am Freitag noch nicht. "Ich bin glücklich auf der Pole zu stehen - das sind ideale Voraussetzungen für das Rennen", unterstrich er noch einmal.

Besonders knifflig stellte sich das Qualifying dar, weil in allen drei Segmenten unterschiedliche Wetterbedingungen vorherrschten. "Es ist immer ein bisschen eine Lotterie und man muss zum richtigen Zeitpunkt draußen. Heute war es so schwierig, weil es nur in ein paar Kurven geregnet hat - das kann man nicht vorhersagen und braucht auch das Quäntchen Glück. Es war wichtig, bei dem ganzen Regenchaos sauber durchzukommen und mit Startplatz eins kann man das so sagen", schilderte Vettel, der ein bisschen Zeit benötigte, um in den erforderlichen Rhythmus zu kommen. Kurios: der Heppenheimer wusste zunächst gar nicht, ob er tatsächlich seine 39. Pole erreicht hatte. "Dann habe ich aber das Ergebnis gesehen und war froh, dass es gereicht hat", grinste er.

Schlussendlich griff Vettel in Q3 zu einem neuen Satz Intermediate-Reifen und fuhr zwei Runs. "Wir dachten, der zweite würde schneller werden, aber dann fing es an zu tröpfeln und ich habe auf der zweiten Runde einen kleinen Fehler gemacht", erklärte er. "Die Bedingungen waren beim ersten Run deutlich besser - das war eine Überraschung für uns, denn normalerweise kann man auf den neuen Reifen mehr pushen. Am Ende wurde die Strecke im letzten Sektor aber schlechter."

Auch im Trockenen vor Mercedes?

Letztendlich behielt Vettel die Nase um 87 Tausendstel vor Lewis Hamilton, während Valtteri Bottas überraschend Dritter wurde. "Es war sehr knapp gegen Lewis. In den ersten beiden Sektoren haben wir uns beide verbessert, während es im dritten Sektor schwieriger war und niemand schneller wurde", führte er aus. "Das war mir recht und zeigt, wie schwierig das Qualifying war." Lob erhielt Bottas für seine bis dato mit Abstand beste Vorstellung im Qualifying: "Ich möchte Valtteri gratulieren, er hat außergewöhnliche Arbeit geleistet, um einen Williams auf Platz drei zu stellen", so Vettel.

Obwohl Mercedes zuletzt in den Zeittrainings nahezu unschlagbar war, glaubte Vettel, dass er auch unter trockenen Bedingungen eine gute Chance auf den Platz an der Sonne gehabt hätte. "Das ist schwierig zu sagen, aber ich denke schon", mutmaßte er. "Mercedes hatte in der Vergangenheit gute Qualifyings, aber es ist nicht so, dass sie außer Reichweite sind. Sie waren auch in Monaco schlagbar und im Trockenen wäre es heute auch knapp geworden." Davon, dass er den Kontrahenten im leidigen Reifen-Test-Streit nun etwas ausgewischt hätte, wollte er jedoch nichts wissen, denn diese Thematiken seien unabhängig voneinander zu betrachten.

Keine Gedanken an die Zielflagge

Ob es für Vettel nun zum ersten Triumph auf dem Circuit Gilles Villeneuve reichen wird, vermochte er nicht abschließend beurteilen, denn zu schwierig sei es, eine Vorhersage zu treffen. "Es wird ein langes Rennen und wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass alles passieren kann - sowohl was das Wetter als auch die Strategie angeht", betonte er. "Unser Fokus liegt jetzt nicht auf der Zielflagge, sondern einen guten Start hinzulegen und zu sehen, wo wir dann stehen." Dass der Kurs auf der Île Notre-Dame keine Fehler verzeiht, musste Vettel schon vor zwei Jahren erleben, als er in der letzten Runde von der Strecke rutschte und Jenson Button den sicher geglaubten Sieg schenkte. "Ich hoffe, wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt", hob er daher mahnend den Finger.

Laut letzten Prognosen sollte der Grand Prix unter trockenen Bedingungen über die Bühne gehen - für Vettel spielt das Wetter aber lediglich eine untergeordnete Rolle. "Uns ist das eigentlich egal, wir haben noch einige Reifen übrig", erklärte er. "Viele Slicks, aber auch für den Regen sollten wir entsprechend gewappnet sein." Zwar verfügt der 25-Jährige für den Grand Prix über keine frischen Intermediates mehr, was angesichts der geringen Laufleistung jedoch kein Problem darstellen sollte. "Sollte das Wetter wechselhaft sein, wird es ein interessantes Rennen geben", richtete er den Blick auf den Sonntag. "Wir sind im Nassen und Trockenen gut aufgestellt."