Wer glaubt, Fernando Alonso und Ferrari würden nach dem ersten Saisonsieg des Spaniers am Sonntag in China auf Wolke sieben schweben, der irrt. Vielmehr war der siegreiche Doppelweltmeister nach seinem Triumph im Reich der Mitte darum bemüht, die aufflammende Euphorie bei den traditionell hochemotionalen Tifosi gleich einmal im Keim zu ersticken. Auf die Frage, ob er nun auf Grund seiner dominanten Leistung am Sonntag der Favorit für die kommenden Rennen und letzten Endes auch die WM 2013 sei, antwortete Alonso: "Ich denke, es ist noch ein bisschen sehr früh für derlei Prognosen - wir müssen mindestens bis zur Sommerpause abwarten, um sagen zu können, ob wir ein ernstzunehmender Kandidat sind."

Alonso stellte klar: "Hoffentlich sind wir nach dem Sommer in dieser Gruppe mit dabei. Hoffentlich wird auch Felipe [Massa] Teil dieses Favoritenkreises sein, denn das würde dann definitiv bedeuten, dass unser Auto gut geht." Seinen Kritikern hat Alonso mit der Machtdemonstration von Shangahi vorerst einen Dämpfer versetzt - genauso wie den Ambitionen seines Teamkollegen Massa, der sich am Samstag noch angeschickt hatte, Alonso zum fünften Mal hintereinander im internen Quali-Duell zu besiegen. An diesem Vorhaben scheiterte der Brasilianer jedoch genauso, wie an dem, weiterhin in der WM-Wertung die Nase vor Alonso zu behalten. Doch für den Asturier war der Zweikampf mit Massa ohnehin nur ein Nebenkriegsschauplatz - vielmehr blickte er auf die unmittelbare Konkurrenz der anderen Teams und stellte dabei fest: "Ich glaube, dass Lotus, Red Bull und Mercedes derzeit in der gleichen Position sind wie wir."

Red Bull fällt augenscheinlich zurück

Ein klares Kräfteverhältnis sei kaum auszumachen - entscheiden würden derzeit Marginalien, wie die Streckencharakteristik oder die Tagesform. "Dass jemand einen eindeutigen Vorteil hat, kann ich nicht erkennen. Vielleicht war Red Bull in Australien zunächst sehr dominant, litt dann im Rennen aber etwas an erhöhtem Reifenverschleiß", so Alonso mit Blick auf die Gegner aus Milton Keynes. "In Malaysia waren sie dann schon ein bisschen mehr im Getümmel und hier eher auf dem Niveau des Restes - wir müssen also abwarten und sehen, was die Updates an allen Autos bringen und wer dabei wie viel Glück hat." Diese kommen in größeren Schüben vor allem für das übernächste Rennen, den Europa-Auftakt in Alonsos spanischer Heimat Barcelona.

Zumindest in China sei aber schon einmal alles wunschgemäß verlaufen. "Seit meinem letzten Sieg hier ist es schon ziemlich lange her... acht Jahre, um genau zu sein. Für uns war das also ein perfektes Resultat", strahle Alonso, der in Shanghai 2005 für Renault erstmals gewann. "Das Team hat heute bei den Boxenstopps und mit der Abstimmung einen idealen Job gemacht. Am Ende des Rennens ist dieser Triumph also eine schöne Belohnung für alle im Team und vor allem hochverdient... gerade auch nach der Enttäuschung in Malaysia." In der WM-Wertung liegt Alonso nun neun Punkte hinter Leader Sebastian Vettel auf Gesamtrang drei - schon in einer Woche in Bahrain will er diesen Abstand weiter schmelzen lassen. "Wir müssen in diese Richtung weitermachen, ohne jedoch überhöhte Risiken einzugehen - und dann hoffe ich, dass wir in Bahrain erneut aufs Podium fahren."