James Rossiter erlebte am Donnerstag in Jerez keine einfachen Stunden. Der Brite, der bei Force India normalerweise für die Simulatorarbeit verantwortlich zeichnet, aber zu einem Testeinsatz kam, da das Team den zweiten Stammpiloten neben Paul di Resta noch immer nicht benannt hat, fuhr in der Box einen Mechaniker um. Bei dem Teammitglied handelte es sich um den Mann am vorderen Wagenheber, der durch die Wucht des Aufpralls im hohen Bogen durch die Luft geschleudert und anschließend in die Box getragen wurde - er entging jedoch ernsthaften Verletzungen.

"Es war komplett meine Schuld", nahm Rossiter den Fauxpas auf seine Kappe. "Im echten Leben gibt es keine Reset-Knöpfe und im Simulator stehen auch keine Mechaniker vor dem Wagen. Zum Glück ist er okay." Der Testfahrer war bereits am späten Mittwochnachmittag für eine Stunde im Einsatz, doch am Donnerstag stellten sich die Außentemperaturen deutlich kühler dar, was schlussendlich die Ursache für den Unfall gewesen sei. "Wir haben einige Aero-Runs abgespult und alles war kalt", schilderte er. "Die Bremsen waren zu kalt, die Reifen waren zu kalt."

Nachdem geklärt war, dass der Mechaniker keine schlimmeren Verletzungen erlitten hatte, ging Rossiter wieder auf die Strecke und legte insgesamt 42 Runden zurück, die für seine reguläre Arbeit im Simulator von großer Bedeutung gewesen seien, denn so kam er erstmals mit KERS in Berührung. "Es ist so wichtig, mit den Reifen früh in der Saison richtig umzugehen, damit wir die Upgrades entwickeln und helfen können, die Richtung einzuschlagen, um das Potenzial des Wagens abzurufen", führte er aus.

Der Simulator arbeitet gut

Rossiter war zunächst mit einer geringen Spritmenge auf neuen Reifen unterwegs, tankte danach jedoch zu und konnte die Unterschiede deutlich spüren. Diese Erfahrung stellte für ihn eine Neuheit dar, denn als er vor einigen Jahren noch für Honda testete, kam er nie dazu, mit viel Sprit an Bord seine Runden zu drehen. "Es ist sehr interessant und deutlich anders als das, woran ich mich in der Formel 1 erinnern kann", erzählte er. Rossiter beendete den Tag schlussendlich als Sechster, doch die Zeitenjagd habe nicht im Vordergrund gestanden. "Der Fokus lag nicht so sehr auf der Performance, es gab keine Notwendigkeit hart zu pushen", betonte er. "Es ging nur darum, den Speed zu finden und so viel wie möglich zu lernen, damit ich das Wissen mit in den Simulator nehmen kann."

Rossiter saß zum letzten Mal vor viereinhalb Jahren in einem Formel-1-Boliden, doch der Simulator habe ihn auf seine Aufgabe auf der Rennstrecke gut vorbereitet. Der Brite begann am Mittwoch mit den harten Reifen, zog am Donnerstag zunächst die Medium-Pneus auf und wechselte schlussendlich auf die Softs. "Jedes Mal, wenn ich rausgefahren bin, wurde ich schneller", berichtete der 29-Jährige. "Ich bin aber kein Risiko eingegangen und es war auch nicht notwendig." Die Rundenzeit von 1:19.303 würde widerspiegeln, wo Force India derzeit steht - Felipe Massa nahm ihm 1,4 Sekunden ab und beendete den Tag als überlegener Schnellster. "Wenn man sich ansieht, was Paul gestern geleistet hat, ist es nicht so schlecht", war Rossiter mit seinem Job durchwegs zufrieden. "Der Simulator arbeitet also ziemlich gut."

Wie Rossiters Zukunft aussieht, ist noch nicht restlos geklärt, doch er möchte weiterhin mit Force India zusammenarbeiten. "Ich will auch Rennen fahren, das ist völlig klar, aber ich werde so viel Zeit hineinstecken, wie ich kann", äußerte er sich zur Simulatorarbeit. "Wir sehen alle den Nutzen, daher ist es eine lohnende Sache und ich bin glücklich, diese Arbeit zu machen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Glücklicherweise ging Rossiters Kollision mit dem Mechaniker glimpflich aus, doch es ist zu hinterfragen, inwiefern es sinnvoll ist, Piloten bei Testfahrten einzusetzen, die über keinerlei Praxis auf der Rennstrecke verfügen. Rossiter selbst trifft hier weniger Schuld als Force India, das um die Identität des zweiten Piloten weiterhin ein Staatsgeheimnis macht und damit sogar seine eigenen Mitarbeiter gefährdet. Professionelle Arbeit sieht anders aus. (Philipp Schajer)