Nervenaufreibender ging es nicht mehr, oder?
Kai Ebel: Ich weiß nicht, ob ich jemals so einen hohen Puls hatte, ob ich ein Formel-1-Rennen jemals so intensiv verfolgt habe. Sebastian Vettel sind alle möglichen Steine in den Weg gelegt worden. Spannend hat es schon Lokalmatador Bruno Senna gemacht, der ihm ins Auto gefahren ist. Und auch sein Teamkollege Mark Webber hat es ihm nicht leicht gemacht. Der hat ihm ganz anders geholfen als Felipe Massa dem Fernando Alonso. Dann hat es aber zum Glück noch den Regengott gegeben und einen konstanten Jenson Button, so dass es dann am Ende knapp gereicht hat. Ich kann mich nicht an ein so spanendes WM-Finale erinnern. Gratulation! Ich ziehe den Hut von Sebastian, jetzt ist er ein wirklich außergewöhnlichen Fahrer.

Was ist das Besondere an Sebastian?
Kai Ebel: Das Tollste ist, dass er nicht aufgibt. Er hat vorhin gesagt: 'Da stehe ich, eigentlich sollte es mit dem Auto gehen und plötzlich spüre ich einen Stups, sehe das ganze Feld auf mich zukommen und fühle mich wie ein Geisterfahrer.' Dass er in solchen Situation den Humor behält, finde ich ganz toll. Und dass er kämpft, nie aufgibt und das Ding nach Hause fährt.

Es war nicht nur Sebastians dritter WM-Titel, sondern auch Michael Schumachers Abschiedsrennen. Und es hatte sogar einen versöhnlichen Ausgang...
Kai Ebel: Ich finde es interessant, dass Michael Schumacher, der Sebastian Vettel durch seine Erfolge bewirkt hat - deswegen ist Sebastian ins Kart gestiegen -, seine Karriere auf dem siebten Startplatz begonnen hat - damals war das Rennen bereits nach 700 Metern beendet - und nun auch auf Platz sieben aufhört. Das ist Schicksal, ein Kreis hat sich geschlossen. Bei ihm freue ich mich, dass er unverletzt aus dem Auto gestiegen ist und noch ein versöhnliches Ende gefeiert hat. Ich wünsche ihm in seinem weiteren Leben viel Spaß. Jetzt kommt er nicht mehr wieder, glaube ich. Ein tolles Kapitel geht damit zu Ende. Es ist großartig, dass wir das miterleben durften. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sieben Titel genug sind, um Sebastian fernzuhalten. Er hat jetzt schon drei Titel und ist jünger als Schumacher bei seinem ersten. Er hat noch alle Zeit der Welt, ihn zu überholen.

Steht uns in der Formel 1 die nächste deutsche Epoche bevor?
Kai Ebel: Ich glaube schon. Wir dürfen nicht vergessen, dass es nicht nur Sebastian gibt. Nico Hülkenberg hat das Zeug ein Großer zu werden. Er hat das Feld im unterlegenen Force India lange angeführt. Er hatte dann einen Unfall mit Hamilton, den er wohl selbst verschuldet hat - vielleicht fehlt es noch ein bisschen an Erfahrung. Aber sein Talent und seine Geschwindigkeit hat er heute gezeigt. Wir werden noch viel Spaß an ihm haben, ich sehe in ihm einen zukünftigen Grand-Prix-Sieger. Und es gibt auch noch Nico Rosberg, der schon einen Grand Prix gewonnen hat. Aus deutscher Sicht ist mir wirklich nicht bange.

Dürfen wir uns nach einer tollen Saison 2012 also schon auf eine tolle Saison 2013 freuen?
Kai Ebel: Ich freue mich jetzt schon auf Australien. Eine Pause tut not, aber wenn es wieder losgeht, werden die deutschen Piloten wieder ein Wörtchen um den Titel mitreden.