Der Titelkampf hinterlässt seine Spuren. Nach außen hin präsentierte sich Ferrari in den vergangenen Wochen als Einheit und blieb trotz zahlreicher Rückschläge im Duell mit Red Bull zuversichtlich und gelassen. Allen voran Fernando Alonso, der weiterhin gebetsmühlenartig wiederholt, dass er zu 100 Prozent vom Titelgewinn überzeugt ist, insbesondere, weil bei den Roten alle an einem Strang ziehen würden. Doch um die Teamchemie ist es offenbar keineswegs so rosig bestellt, wie es bislang den Anschein hatte. Das beweist ein Vorfall, der sich nach dem Qualifying zum Großen Preis von Indien abspielte.

Laut einem Bericht der italienischen Zeitung La Stampa soll Alonso die Beherrschung verloren haben, nachdem Technik-Chef Pat Fry die Fahrer indirekt für das schlechte Qualifying-Ergebnis verantwortlich gemacht hatte. "Das Resultat reflektiert unser Potenzial", sagte der Brite, nachdem Alonso und Felipe Massa über eine schnelle Runde die fünft- und sechstbeste Zeit gefahren waren. "Um dort zu sein, wo wir hinwollen und wozu wir in der Lage wären, hätten wir heute perfekt sein müssen, das waren wir nicht." Viele Anzeichen sprechen dafür, dass es sich um einen schwelenden Konflikt zwischen Alonso und Fry handelt.

Der Titel ist immer Pflicht: Druck gehört für Pat Fry zum Alltag, Foto: Sutton
Der Titel ist immer Pflicht: Druck gehört für Pat Fry zum Alltag, Foto: Sutton

Alonso war auf die Technik-Abteilung ohnehin nicht besonders gut zu sprechen gewesen. Vor dem Start des Grand-Prix-Wochenendes in Indien hatte er sich beklagt, dass es trotz allem Gerede kaum substanzielle Verbesserungen am Auto gegeben habe. Auch der Kommentar, er kämpfe gegen das Auto von Adrian Newey, drückt nicht gerade große Wertschätzung für dessen Ferrari-Pendant aus.

Die Aussagen des Technik-Chefs sind durchaus als eine Reaktion auf die Kritik des Spaniers zu werten. Als Alonso mit Frys Kommentar konfrontiert wurde, soll er nach Angaben von La Stampa einen Wutausbruch gehabt haben. Teamchef Stefano Domenicali habe versucht, den Streit zwischen dem Star-Piloten und dem Technik-Direktor zu schlichten, doch die Diskussion sei bis ein Uhr morgens weiter gegangen, berichtete das Blatt.

Alonso hatte offenbar geplant, eine Twitter-Nachricht mit folgendem Inhalt zu verschicken: "Ich möchte meinen 1.2 Millionen Followern mitteilen, dass die aerodynamischen Schlüsselkomponenten am Heck des Ferrari immer noch die gleichen sind wie im Mai." Es soll die Ferrari-Verantwortlichen viel Mühe und Überredungskünste gekostet haben, den WM-Zweiten davon abzuhalten, die Nachricht via Twitter zu verbreiten. Ob es sich wirklich so zugetragen hat? Domenicali zumindest dementierte den Vorfall. "Die Medien sind gut darin, Geschichten zu erfinden, die nicht existieren."

Sollte die Begebenheit allerdings wahr sein, birgt sie für Ferrari reichlich Gefahrenpotenzial. Eine Entzweiung von Alonso und Fry würde die ohnehin nicht glänzende Ausgangsposition im Kampf um die Meisterschaft weiter schwächen. Wer letzten Endes am längeren Hebel sitzt, machte Ferraris allmächtiger Präsident Luca di Montezemolo allerdings schnell klar. "Alonso tut gut daran, die Ingenieure zu pushen", stellte er bei der Gazetta dello Sport klar. Der Technik-Abteilung räumte er das Recht hingegen nicht ein.