1. Wie konnte Rosberg trotz vermeintlicher Reifenprobleme bei Mercedes gewinnen?

"So viel zum Thema, dass die Reifen nicht halten", grinste Norbert Haug schelmisch nach Nico Rosbergs Sieg in China. Nach der silbernen ersten Startreihe aus dem Qualifying hatten viele Kritiker vermutet, dass Mercedes im Rennen wieder einmal Probleme mit den verschleißfreudigen Pirelli-Pneus bekommen könne. Doch dem war nicht so - ganz im Gegenteil: Rosberg steuerte die Box in den 56 Runden lediglich zweimal an, während dahinter Button, Hamilton und Webber dreimal neue Reifen aufziehen ließen.

Pirellis Paul Hembery glaubte, dass Rosberg auch wegen der Ausgangsposition einen Stopp weniger einlegen konnte. Schließlich hatte der Mercedes-Fahrer vom Start weg freie Fahrt, während sich die Verfolger durchs Feld kämpfen mussten. "Und wir wissen, wie viel Vorteil es einem in der Formel 1 verschafft, wenn man nicht durch schmutzige Luft oder Ähnliches muss und stattdessen freie Fahrt hat", sagte Hembery. "Diesen Vorteil haben sie ausgezeichnet ausgenutzt." Ross Brawn gab nach dem Rennen allerdings zu, dass auch der silberne Kommandostand nicht immer ganz sicher war, ob die Reifen an Rosbergs Silberpfeil bis zum Schluss halten würden.

Sie taten es und der 26-Jährige geht als siebter Deutscher in die F1-Geschichte ein, der einen Rennsieg schaffte. Rosberg selbst sah die Lage mit etwas Distanz hingegen ziemlich entspannt: "Es war alles unter Kontrolle. Mir wurde gesagt, was hinter mir passiert und dann habe ich danach ausgerichtet auch immer meine Rundenzeiten korrigiert, denn es ging ja hauptsächlich darum, die Reifen zu schonen."

2. Was lief bei Michael Schumachers Boxenstopp schief?

Freud' und Leid lagen bei Mercedes in Shanghai dicht beieinander. Während Rosberg für silberne Jubelarien sorgte, musste Michael Schumacher wieder einmal vorzeitig die Segel streichen. Bis zur 13. Runde sah noch alles rosig aus: auf Position zwei hinter Nico Rosberg steuerte der Rekord-Weltmeister die Mercedes-Box für einen Satz frischer Reifen an. Doch dann das Drama. Zwischen den Mechanikern gab es offenbar Kommunikationsprobleme und Schumacher wurde zu schnell wieder rausgelassen - dabei saß sein rechtes Vorderrad noch nicht richtig fest.

"Das Vorderrad war lose als ich raus bin", bestätigte Schumacher. "Ich hatte einen relativ großen Schaden an der Vorderachse und entschied, das Auto abzustellen statt an die Box zu fahren und dabei noch mehr zu beschädigen. Es tut mir etwas leid für einen unserer Jungs, aber das ist Teil des Spiels." Zu allem Übel kassierte Mercedes wegen unsafe release auch noch eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro - das dürfte in diesem Fall allerdings das kleinste Problem sein.

3. Wie konnte sich Sebastian Vettel kurzzeitig auf dem zweiten Platz festsetzen?

Sebastian Vettels Rennen in vier Worten: unten, runter, hoch, runter. Der Weltmeister erlebte in Shanghai von Startplatz elf aus eine Berg- und Talfahrt. Beim Start reagierte er zu spät, fand keinen Grip und fiel erst einmal vier Plätze zurück. Dann ging es - Pirelli sei Dank - steil nach vorn. "Unsere Strategie hat uns nach vorne geschwemmt, am Ende aber wieder drei Plätze gekostet", analysierte der Red-Bull-Star. "Nach dem schlechten Start habe ich wieder Fahrt aufgenommen und versucht nach vorne zu kommen, aber das Überholen auf der Geraden war heute fast unmöglich."

Vettel kämpfte sich mit 2 Stopps durchs Rennen, Foto: Sutton
Vettel kämpfte sich mit 2 Stopps durchs Rennen, Foto: Sutton

Vettel wechselte bereits in der neunten Runde von Soft auf Medium, was ihm in der Folge einige Positionsgewinne einbrachte. In Runde 31 ließ er abermals die härtere Mischung aufziehen, während die meisten Rivalen um ihn herum bereits zehn Runden früher gewechselt hatten. Dank besserer Reifen fuhr Vettel trotz schwächelndem RB8 zeitweise auf P2 - dann machte sich der Verschleiß eklatant bemerkbar. Button, Hamilton und Webber fuhren Vettel mit wesentlich frischeren Reifen um die Ohren. Mit P5 zeigte sich der Heppenheimer angesichts der Ausgangslage dennoch zufrieden.

4. Wieso fiel Kimi Räikkönen noch von Platz zwei auf vierzehn zurück?

Lange Zeit sah es so aus, als ob Kimi Räikkönen bereits in seinem dritten Rennen nach dem Comeback auf das Podest fahren könnte. Platz zwei war anvisiert. Doch dann wurde der Abstand zum Führenden Nico Rosberg immer größer und die Verfolger kamen immer näher. Schuld waren seine immer stärker abbauenden Mediumreifen, die bereits gebraucht auf seinen Lotus montiert wurden.

Nettes Duell in der Boxenausfahrt, Foto: Sutton
Nettes Duell in der Boxenausfahrt, Foto: Sutton

"Wir haben versucht mit zwei Boxenstopps durchzukommen, aber gegen Ende des Rennens haben die Reifen nachgelassen", erklärte ein frustrierter Räikkönen, der sich die Pneus im Zweikampf gegen Vettel schließlich völlig demolierte. Doch auch zuvor war der Finne mit seinem Rennsetup nicht wirklich glücklich und ging daher schon pessimistisch ins Rennen. "Wir haben den Reifenverschleiß nicht so hoch eingeschätzt", musste letztendlich auch Teamchef Eric Boullier zugeben.

5. Warum holte Sauber trotz den Startplätzen 3 und 8 nur einen Punkt?

Ein zweiter Platz weckt Begehrlichkeiten. Wie gut, dass Kamui Kobayashi gleich nach Sergio Perez' Podestplatz in Malaysia mit dem dritten Rang im Qualifying von China die gute Leistung bestätigen konnte. Dass Rennen allerdings verlief für die Sauber-Crew mehr als ernüchternd, denn am Ende stand nur ein lausiger Punkt, den der Japaner einsammelte.

Schuld war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Denn schon der Start warf Kobayashi weit - auch hinter die Erwartungen - zurück. Eine Erklärung hatte er selbst nicht. Doch die Probleme häuften sich im Verlauf des Rennens. "Dann steckte ich die meiste Zeit im Verkehr fest und meinen zweiten Boxenstopp hätten wir etwas früher machen sollen, die Reifen waren hinüber", konstatierte ein enttäuschter Zehnter.

Perez ging es nicht besser. Weil sein Teamkollege nach jedem seiner drei Stopps im Verkehr aufgehalten wurde, änderte Sauber für den Mexikaner einfach die Strategie, wodurch er die Box nur zweimal ansteuerte. "Ich denke, ich wäre mit einer Dreistopp-Strategie besser dran gewesen", beäugte Perez diese Entscheidung kritisch, da er am Ende mit ramponierten Reifen auf der Strecke unterwegs war.

6. Wieso fiel Jenson Button nach seinem dritten Stopp nach hinten?

Sekunde um Sekunde - meist gleich mehrere davon - knabberte McLaren-Pilot Jenson Button Nico Rosbergs Vorsprung. Es wurde immer enger und die Köpfe bei McLaren und Mercedes liefen auf Volltouren. Button stoppte einmal mehr, doch reichte Rosbergs Vorsprung? Laut dem Team des Briten nicht. "Wenn du vor dem Stopp noch ein paar Runden draußen bleibst, dann sind wir dran und haben die besseren Reifen", war es aus dem Boxenfunk zu hören.

Ein Plan, der hätte funktionieren können, doch als der Weltmeister von 2009 seine Box ansteuerte, dauerte es deutlich länger als erhofft. Denn das linke Hinterrad ließ sich einfach nicht befestigen und die Sekunden tickten. Als schließlich zehn Sekunden ins Land gezogen waren, ging Button wieder auf die Strecke und war tatsächlich dicht dran - aber nicht an Rosberg. "Dann waren vier Autos vor mir, gegen die ich sonst nicht hätte kämpfen müssen", ärgerte sich Button, der sich aber immerhin wieder bis auf Rang zwei nach vorne arbeitete.

Big trouble in big China, Foto: Sutton
Big trouble in big China, Foto: Sutton

7. Wie schafften es beide Williams in die Punkte?

Große Schritte hatte Williams für 2012 versprochen, doch nach den Qualifying-Plätzen 13 und 14 in China sah es eher wieder nach einem Rückschritt aus. Der Start des Rennens war dann eine erneute Enttäuschung, den Bruno Senna hatte eine Berührung mit Landsmann Felipe Massa, während Pastor Maldonado einige Positionen verlor.

Dennoch schafften es am Ende beide Williams in die Punkte. Grund war eine gut getimte Zweistopp-Strategie, die aber auch so ihre Tücken hatte. "Ich hatte praktisch keinen einzigen Moment zum Ausruhen. Zudem hatte ich immer Leute vor mir oder hinter mir, aber es hat eine Menge Spaß gemacht, auch wenn wir mit unserer Zwei-Stopp-Strategie ein bisschen am Limit waren", zeigte der Brasilianer auf.

Zwei Fahrer in den Punkten, ein Ergebnis, dass letztmals von Rubens Barrichello und Nico Hülkenberg in Korea 2010 erzielt werden konnte. "Auch wenn die Balance unseres Autos hier vielleicht nicht immer optimal war, haben wir unter ganz regulären Bedingungen beide Autos in die Punkte gebracht", zog Senna am Ende ein durchweg positives Fazit.