Jarno Trulli steht vor seiner 15. Saison in der Formel 1 und blickt auf eine Karriere zurück, die viele Höhen und Tiefen erlebt hat. Die anstehende Weltmeisterschaft dürfte für den Italiener wieder keine ganz einfache werden, immerhin geht das Team Lotus erst in seine zweite Saison und hat noch viel Aufholarbeit zu leisten. Doch damit scheint er sich arrangieren zu können, auch wenn er als Rennfahrer immer auf der Jagd nach Punkten und Podestplätzen ist. "Die Leidenschaft, die Liebe für diesen Sport und die Herausforderung, die nie endet", sind für ihn die Gründe, warum er nach wie vor weitermachen will.

Wie der erste Tag

"Jeder erste Testtag ist wie mein erster Tag in der Formel 1. Ich bin aufgeregt, stehe wirklich unter Strom und bin emotional, wenn ich das Auto am ersten Morgen sehe. Das ist immer besonders", meinte er gegenüber ESPNF1. Der Motorsport-Virus hat Trulli also noch voll im Griff, das war schon in seiner frühen Jugend so, als er noch seinem Vater beim Kartfahren zusah. Daher will er auch noch nicht sagen, dass er der F1-Welt überdrüssig geworden ist. "Bevor ich das sagen kann, muss ich es fühlen. Im Moment fühlt es sich noch toll an, aber man muss sich vor allem schnell fühlen, wenn man in der Formel 1 bleiben will. Solange ich schnell bin, kann ich wohl bleiben, aber es gibt viele wertvolle Dinge für mich, die ich auch berücksichtigen muss."

So hat Trulli Familie und ist als Wein-Erzeuger auch außerhalb der Formel 1 erfolgreich. Gleichzeitig gab er zu, dass es ihm nicht genug ist, am Ende des Feldes mitzufahren. "Das Team und ich, wir müssen Punkte holen. Ich muss das, weil ich ein Rennfahrer bin, der immer vorne mitfuhr und nach einer schweren Saison, die ich voriges Jahr erwartet hatte, will ich wieder Punkte holen und kämpfen. Das ist wichtig für meine Seele. Es ist außerdem wichtig, weil dieses Team, das Team Lotus, nicht am Ende des Feldes leben kann. Wir müssen dieses Jahr im Mittelfeld leben und in Zukunft zurück an die Spitze kommen", betonte Trulli.

Der Name ist egal

Bei seinem aktuellen Arbeitgeber fühlt er sich jedenfalls sehr wohl und sieht sich von Profis umgeben. Der berühmte Namen des Teams tut sein Übriges, wobei es ihm auch egal wäre, sollte man im Streit mit der Group Lotus die Rechte an dem Teamnamen verlieren. "Sicher ist es eine zusätzliche Motivation. Es ist auch eine Verantwortung und macht mich glücklich. Aber ich werde andererseits nicht sehr böse sein, wenn wir den Namen verlieren sollten, denn die Seele des Teams, das Team selbst, wird immer noch ein Formel-1-Team mit erfahrenen Ingenieuren sein. Man kann es nennen, wie man will, aber es wird nicht die Einstellung von jemandem verändern."

Eine passende Atmosphäre ist für Trulli ohnehin das Um und Auf in einem Team. Das genoss er schon bei Minardi, wo er seine Formel-1-Karriere begann. "Minardi war schön. Ich begann mit netten Leuten, Italienern, einem kleinen Team. Es war sehr familiär", erinnerte er sich. Doch auch bei Toyota fühlte er sich gut aufgehoben, obwohl die Dimensionen dieses Teams ein krasser Gegensatz zu Minardi waren. Das lag wieder an den Leuten dort. "Bei Toyota fühlte ich mich gut. Ich war glücklich, es war ein gutes, professionelles Team mit professionellen Leuten." Dementsprechend enttäuscht ist er auch, dass er mit der Mannschaft nie ganz oben stehen konnte, wobei das für ihn auch Teil der Formel 1 ist. "Ich hatte dort nicht wirklich Erfolg, weil ich Toyota an die Spitze bringen wollte, was ich fast geschafft habe. Ich bin nur knapp gescheitert. Ich brachte Toyota das erste Podest, die erste Pole Position, verpasste aber den Sieg knapp. Das hat einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen."

Viele gute Leute

Gewonnen hat Trulli in seiner Karriere trotzdem einmal - und zwar mit Renault in Monaco 2004. Doch nach seinem ersten und einzigen Sieg gab es Probleme. Ein Fehler in der letzten Runde des Frankreich Grand Prix kostete ihn nicht nur einen Podestplatz, sondern auch die Gunst von Teamchef Flavio Briatore. Danach holte er keinen Punkt mehr für Renault und war bis zum China Grand Prix ausgemustert worden, um kurz darauf bei Toyota anzudocken. Doch auch über Renault wollte er kein schlechtes Wort verlieren, denn es gab dort "viele gute Leute". Auch das kann einen motivieren.