Maro, Du kommst mit einem Jahr mehr Erfahrung in die neue Saison. Wobei genau hilft Dir das?
Maro Engel: Sie hilft in vielen Bereichen, angefangen bei der Arbeit am Setup bis hin zur Zusammenarbeit mit dem Team. An einem Rennwochenende gilt es ruhig zu bleiben, denn es sind immer viele Fans um einen herum, viele Leute wollen mit Dir sprechen, ein Autogramm oder ein Interview haben. Natürlich hält sich das bei mir noch in einem gewissen Rahmen, ist nicht so ausgeprägt wie bei den Fahrern mit langjähriger Motorsporterfahrung, aber für einen jungen Fahrer, der aus der Formel 3 kommt, sind das sehr viele Eindrücke auf einmal. In so einer Situation ist es relativ schwierig, ruhig zu bleiben, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren und das Beste herauszuholen. Je mehr Erfahrung man sammelt, desto mehr reift man.

Kommt Dir diese Erfahrung auch aufgrund des neuen Zeitplans zu Gute?
Maro Engel: Ganz sicher. Wir fahren jetzt deutlich weniger Runden als im letzten Jahr, als ich mich noch viel besser auf unbekannte Strecken einstellen konnte. In dieser Saison habe ich den Vorteil, dass ich alle Kurse bis auf Dijon in einem DTM-Auto kenne. Letzte Saison war es teilweise so, dass ich sechs Jahre lang nicht auf den Strecken gefahren war oder sie gar nicht kannte. Wenn der Zeitplan dann wie in diesem Jahr gestraffter ist, hilft diese Erfahrung enorm.

Als Rennfahrer bist Du ehrgeizig und willst immer gewinnen. Gleichzeitig bist Du realistisch genug, dass Du mit einem Vorjahresauto normalerweise nicht zu den Sieganwärtern zählst. Wie gehst Du mit dieser Situation um?
Maro Engel: Natürlich bin ich extrem ehrgeizig, möchte erfolgreich sein und wenn es geht auch gewinnen. Allerdings fahren in der DTM prinzipiell die Neuwagen um die Meisterschaft, obwohl wir in diesem Jahr auch mit der 2008er AMG Mercedes C-Klasse die Chance haben, um richtig gute Ergebnisse zu fahren. Ich orientiere mich an meiner mir selbst vorgegebenen Messlatte, etwa dem Erreichen des Top-8-Qualifyings in Hockenheim. In einem so engen und hart umkämpften Feld ist das ein super Erfolg für mich. Wenn ich mich nur mit dem schnellsten Neuwagen vergleichen würde, ginge das nicht, weil die Autos zu verschieden sind.

Maro Engel fuhr in Hockenheim seine ersten Punkte ein., Foto: DTM
Maro Engel fuhr in Hockenheim seine ersten Punkte ein., Foto: DTM

Ich habe kürzlich mit dem Ex-DTM-Piloten Pierre Kaffer gesprochen, der mir erzählt hat, wie strategisch er beim Fahren in der ALMS vorgehen muss. Wie er Fahrer in einen Fehler treibt, um zwei Runden später vielleicht zu überholen. Läuft das bei Dir ähnlich?
Maro Engel: Die Zweikämpfe sind in der DTM sehr hart. Man versucht so viel Druck wie möglich auf den Vordermann auszuüben, um im richtigen Moment so nah dran zu sein, dass man überholen kann. Es bringt mir nichts, wenn ich zwischen zwei engen Kurven dicht dran bin, es aber keinen Platz zum Überholen gibt. Ich muss zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle dran sein.

Jeder hat seine eigenen Tricks, wie er einen Gegner in Fehler zwingt oder einen Angriff startet. Zudem sind die DTM-Autos aerodynamisch sensibel, was das Überholen nicht einfach macht. Die Autos sind in schnellen Kurven unglaublich schnell, wodurch man nicht so nah auffahren kann, wie zum Beispiel in der ALMS, wo die GT-Autos aerodynamisch nicht so weit entwickelt sind. Beim Saisonfinale 2008 kämpfte ich das gesamte Rennen mit Gary [Paffett] - einmal war er vorne, einmal ich. Gewechselt haben wir die Positionen aber nur bei den Boxenstopps. Der letzte Schritt, die letzten 20 Meter an den Vordermann ranzukommen, ist extrem schwierig.

Dabei hilft sicher auch wieder die Erfahrung.
Maro Engel: Auf jeden Fall. Das lässt sich vergleichen mit einem Tennisspieler. Er steht jeden Tag auf dem Platz und spielt viele Matches. Im Rennsport haben wir nicht die Möglichkeit, so viele Rennen zu fahren. Eine Saison mit 10 Rennen ist im Vergleich zu den vielen Turnieren eines Tennisprofis wenig. Umso mehr reift ein Rennfahrer mit jedem Rennen.

Zu Saisonbeginn sind die Chancen der Jahreswagen am besten, das hast Du in Hockenheim in Qualifying und Rennen bewiesen. Wie lange glaubst Du, könnt Ihr im Saisonverlauf mithalten?
Maro Engel: Wenn ich wüsste, wie schnell die Entwicklungsgeschwindigkeit bei den neuen Autos sein wird, könnte ich eine Antwort darauf geben. HWA hat letztes Jahr unglaublich gute Arbeit geleistet, um das Defizit vom Saisonauftakt aufzuholen und beim Saisonfinale auf der gleichen Strecke die Pole Position zu holen. Wie stark und schnell die Entwicklung in dieser Saison ausfallen wird, kann ich nicht einschätzen. Mein Team und ich werden uns wie immer darauf konzentrieren, das Maximum herauszuholen.

Dein Saisonziel waren die ersten Punkte in der DTM. Das hast Du gleich am ersten Wochenende abgehakt.
Maro Engel: Ich bin super glücklich mit diesem Saisonstart. Im letzten Jahr habe ich die ersten Punkte ein paar Mal nur knapp verpasst, umso schöner ist es, dass ich es jetzt auf Anhieb mit der 2008er AMG Mercedes C-Klasse geschafft habe.