Mit viel Arbeit, aber in bester Stimmung - so habe ich nach meinem ersten DTM-Sieg in Oschersleben die Zeit bis zum dritten Saisonlauf in Mugello verbracht. Nach der ausgiebigen Party am Sonntag in Oschersleben ging es gemeinsam mit meiner Verlobten Jasmin zurück nach Hause. Mein Sohn Loris konnte es kaum erwarten, seinen Papa als Rennsieger wiederzusehen.

Nach dem zweiten Platz in Hockenheim hatte Loris schon Platz für den nächsten Pokal auf seiner Fensterbank geschaffen - und glücklicherweise konnte ich aus Oschersleben ein noch größeres Exemplar mitbringen. Zu Hause habe ich versucht, den Sieg gemeinsam mit meiner Familie in aller Ruhe zu genießen. Viel Zeit blieb dafür leider nicht: Schon nach zwei Tagen war ich wieder für Audi unterwegs und kam bereits sehr früh für Fototermine in Mugello an.

Verfolgt von Kameras

Als Rennsieger und sogar Meisterschaftsführender zu einem DTM-Wochenende zu reisen, war für mich eine komplett neue Situation. Nicht nur meine Mannschaft hat mir noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt als gewohnt - auch unter den Fahrerkollegen richteten sich alle Blicke auf mich. Wann fährt Timo auf die Strecke? Welches Setup könnte er haben? Welche Rundenzeiten fährt er damit?

Auch ein so großes Medieninteresse an meiner Person war ich noch nicht gewohnt. Ich konnte mich vor lauter Kameras und Interviews kaum retten und musste zunächst lernen, die vielen zusätzlichen Termine noch besser zu timen. Nun könnte ich mich an diesen Ansturm von Fans und Medien durchaus gewöhnen, solange ich dafür Meisterschaftsführender bleiben darf...

Mir war klar, dass es nach den ersten beiden Rennen auch wieder schwierige Situationen geben wird. Doch mit der dritten Pole Position in Folge schien sich der Traumstart in die Saison fortzusetzen - bis Sonntags 14:03 Uhr. Zunächst lief der Start nach dem üblichen Muster ab: Ich habe das Auto "vorgespannt", indem ich das Auto mit der Kupplung gegen die Bremse gefahren habe.

Nach seinem Jump Start musste Timo das Feld von hinten aufrollen, Foto: Sutton
Nach seinem Jump Start musste Timo das Feld von hinten aufrollen, Foto: Sutton

Auf Pole Position stehend wollte ich alles perfekt machen und möglichst gut von meinem Startplatz wegkommen. Was dann jedoch folgte, ist technisch leicht erklärt: Die hohe Drehzahl und das Schleifenlassen der Kupplung führen eine Reibung zwischen den Druckplatten herbei. Hierdurch ist die Kupplung während der langen Rotphase bis zum Start offenbar so heiß geworden, dass sie plötzlich gegriffen hat - und das Auto trotz getretener Bremse losgefahren ist.

Mensch & Maschine

Als ich merkte, dass das Auto einen Satz nach vorne machte, wusste ich sofort: Verdammt, das hätte nicht passieren dürfen! Auch wenn mir klar war, dass ich eine Strafe bekomme, habe ich noch einmal reflexartig gebremst - im Nachhinein ein Fehler. Ich hätte wie Tom in Oschersleben mit Vollgas weiterfahren sollen, denn mit fünf Sekunden Vorsprung in Führung liegend wäre die Strafe weniger ins Gewicht gefallen als nur auf Rang vier liegend.

Man sollte überdenken, ob eine Drive-through-Penalty die richtige Bestrafung für ein solches Missgeschick ist. Ich lege schon ein bisschen wert auf die Unterscheidung, dass es eher ein Jump Start war als ein klassischer Frühstart. Ohne Zweifel: Strafe muss sein - aber die Anwendung der in diesem Jahr eingeführten Zeitstrafe am Boxeneingang, die einen anschließenden Pflichtboxenstopp erlaubt, wäre aus meiner Sicht angemessener gewesen. Da ist Tom derselben Meinung wie ich.

Dass ich vom letzten Platz noch auf Rang zehn vorgefahren bin, zeigt, was das Auto auch diesmal gekonnt hätte - und mit Sicherheit auch auf dem EuroSpeedway können wird. Ich möchte nichts verschreien, aber nach zwei "Frühstarts" in zwei Rennen hoffe ich, dass die Audi-Jungs ihre Starts auf dem EuroSpeedway locker und ohne böse Erinnerungen angehen - zumal auch Martin in Hockenheim und Eki in Mugello keine tollen Starts hingelegt haben. Wieso nach der ersten Kurve von Mugello alle Abt-Audi-Piloten Plätze verloren hatten, müssen wir genau analysieren.

Begonnen haben wir damit schon bei der Teambesprechung am Sonntagnachmittag. Ich bin froh darüber, dass diese im Gespräch von Fahrern und Ingenieuren wie gewohnt analytisch abgelaufen ist, ohne dass mit dem Finger auf mich oder andere gezeigt wurde. Dennoch sprechen wir Fehler und Probleme während der Meetings offen an - zumal ich es in meiner Zeit bei Audi noch nie erlebt habe, dass hinter meinem Rücken über mich geredet wurde. Das schafft auch nach einem schwierigen Rennen eine angenehme Atmosphäre. Schließlich wissen wir nicht erst seit dem Mugello-Start, dass wir Menschen sind - und keine Maschinen...