Zunächst schien in Mugello ein weiterer Audi-Sieg gar nicht erst in Frage zu stehen - offen war nur, wie viele Abt-Audi-Piloten ganz vorne landen würden. Die Zuschauerzahlen vor den TV-Geräten waren trotz befürchteter Audi-Dominanz erneut ermutigend - die Besucherzahlen vor Ort weniger. Schade, denn Mugello hatte in diesem Jahr nicht nur eine tolle Strecke und ein malerisches Ambiente zu bieten, sondern auch ein erhöhtes Kräftegleichgewicht in Rennen und Meisterschaft:

Der Rennspeed der Mercedes war auch aus meiner Sicht überraschend gut. Schon die Long Runs der HWA-Piloten am Freitag waren viel versprechend, und mit der Hitze konnte sich der Mercedes-Bolide in Kombination mit den Dunlop-Pneus auf die Distanz offenbar besser arrangieren als noch im Qualifying. Wieder hat sich gezeigt, dass man die Mercedes-Jungs um Norbert Haug und Gerhard Ungar nie abschreiben darf. Es ist erfreulich, dass wir nun auch in der Meisterschaft wieder den direkten Schlagabtausch zwischen Audi und Mercedes erleben. Der Gewichtsunterschied von 20 Kilogramm zwischen den Neuwagen hat zweifellos eine Rolle gespielt - den Ausschlag für das Rennergebnis hat er aber nicht gegeben. Zu viel war bei den Audi-Piloten schief gegangen:

Titelkampf der Spätsparter

Jamie Green hat sich in den Titelkampf eingeschaltet, Foto: DTM
Jamie Green hat sich in den Titelkampf eingeschaltet, Foto: DTM

Von Tom Kristensen abgesehen hatten sämtliche Audi-Piloten einen schlechten Start erwischt. Mattias Ekström verlor wegen eines nicht ganz optimalen Setups und zu starken Untersteuerns seit Rennbeginn an Boden, Martin Tomczyk hatte das Pech, in der ersten Kurve in eine Berührung mit Mike Rockenfeller gezwungen zu werden. Für Timo Scheider war das Rennen nach seinem Jump Start bereits gelaufen. Doch trotz des Rückschlags in Mugello ist zu erwarten, dass Timo seine Hochform auch für die nächsten Rennen beibehalten kann. An seinem Selbstvertrauen hat der dritte Saisonlauf nichts zum Negativen verändert - im Gegenteil: Schließlich waren sein Speed und seine Zweikampfstärke während der Aufholjagd auf Platz zehn über alle Zweifel erhaben.

Ob jedoch die Durchfahrtsstrafe für Timos Frühstart, mit dem er sich anders als Tom in Oschersleben keinen Vorteil verschafft hatte, in ihrer Härte berechtigt war, ist durchaus zu diskutieren. Die für 2008 eingeführte, bislang aber noch nie vergebene Boxenstrafe, die vor einem Pflichtboxenstopp eine Zeitstrafe am Boxeneingang vorsieht, wäre hier möglicherweise die richtige Lösung gewesen. Wichtig ist aber vor allem, dass auch künftig bei ähnlichen Vorfällen mit gleichem Maß gemessen wird.

Nach Timo hat sich mit Jamie Green ein weiterer Pilot in den Titelkampf eingeschaltet, bei dem der Knoten nach langem Warten endlich geplatzt ist. Ähnlich wie beim Saisonfinale in Hockenheim konnte Jamie auch in Mugello das Rennen souverän und clever kontrollieren. Auch Paul di Resta hat seinen zweiten Platz sauber nach Hause gefahren, nachdem er zunächst unter dem Druck von Tom Kristensen stand. Dieser wiederum hätte mit Blick auf seinen Rennspeed durchaus auch ein Wörtchen um den Sieg mitreden können - hätte er denn nicht zunächst hinter Paul und dann hinter Susie Stoddart festgesteckt:

Rückspiegel statt blauer Flaggen

Nachdem Paul und Tom nach ihrem ersten Boxenstopp auf Susie aufgelaufen waren, kam Paul problemlos an seiner Markenkollegin vorbei. Tom hingegen hat über eine ganze Runde hinweg die entscheidende Zeit hinter Susie verloren. Ich möchte ihr keine Absicht unterstellen - aber in den Kampf um Podiumsplätze hätte sich Susie nicht in diesem Maße einschalten dürfen. Wie würde Susie reagieren, wenn sie im Kampf um ihre ersten DTM-Punkte von einem Audi-Fahrer aufgehalten würde?

Anders als die 2007er-Benz fuhren die Audi-Jahreswagen souverän in die Punkte, Foto: Audi
Anders als die 2007er-Benz fuhren die Audi-Jahreswagen souverän in die Punkte, Foto: Audi

Dass die Streckenposten theoretisch schon früher blaue Flaggen für die Schottin hätten schwenken müssen, ist zwar richtig, in der Praxis aber nicht immer leicht umzusetzen. Die Fahrer müssen gerade während des Boxenstoppfensters in der Lage sein, selbst im Rückspiegel den Überblick über den Verkehr zu behalten - ein Thema, das während der nächsten Fahrerbesprechung von der Rennleitung angesprochen werden sollte.

Jahreswagen mit Übergewicht

Nicht unerwähnt sollte der Kampfgeist von Mathias Lauda bleiben. Mathias hat über das ganze Rennen hinweg mit einem Auto, das nach den Reibereien der ersten Kurve einigen Abtrieb auf der Hinterachse verloren hatte, bis zum Anschlag gekämpft und seine Position am Ende mit fairen Mitteln gegen Martin Tomczyk im übermächtigen Audi-Neuwagen verteidigt. Ähnlich viel Elan zeigte Markus Winkelhock im Duell gegen Mattias Ekström - und wurde ebenso wie Oliver Jarvis und Alexandre Prémat, anders aber als Mathias mit Punkten belohnt. Spätestens seit Mugello ist es an der Zeit, das Gewichtsreglement zu überdenken:

Nicht nur, dass die Einteilung der Jahreswagen sowie der Audi-Gebrauchtwagen in eine Gruppe unglücklich - und faktisch eine Gewichtsabnahme der 2007er-Boliden gar nicht möglich ist. Auch ein reduziertes Basisgewicht für den Vorjahres-Mercedes sollte diskutiert werden, da sie - warum auch immer - konstant deutlich hinter der Performance der 2007er-Audi zurückbleiben. Gary Paffett, Ralf Schumacher oder auch ein kampfstarker Mathias Lauda hätten die Chance auf Punkteränge verdient. Hier wünsche ich mir eine unbürokratische Entscheidung im Sinne des Sports. Denn mit einem um zehn oder 15 Kilogramm reduzierten Basisgewicht für die Mercedes-Jahreswagen würde der Kampf um die Punkteränge künftig noch spannender.