Im DTM-Starterfeld 2022 der bislang 26 bestätigten Autos mischen mindestens vier BMW M4 GT3 mit. Die Kundenteams Walkenhorst Motorsport und DTM-Debütant Schubert Motorsport setzen je zwei der neuentwickelten Fahrzeuge ein, die den BMW M6 GT3 nach sechs Jahren ablösen.

Walkenhorst vertraut in seiner zweiten DTM-Saison erneut auf den zweifachen Champion und BMW-Werksfahrer Marco Wittmann, der heuer in Esteban Muth erstmals einen Teamkollegen erhält. Neueinsteiger Schubert Motorsport tritt unterdessen mit zwei Werksfahrern an: Sheldon van der Linde, der vom letztjährigen Team ROWE Racing kommt, steht vor seiner vierten DTM-Saison. Teamkollege Philipp Eng kehrt nach einem Jahr in unterschiedlichen BMW-Programmen zurück.

Mit dem brandneuen BMW M4 GT3 erwartet die beiden Teams eine besondere Herausforderung. Bislang hat das Auto mit seinem Sechszylinder-Twinturbo-Motor erst drei Rennen unter Wettbewerbsbedingungen bestritten: die Premiere beim 24-Stunden-Rennen in Sebring Mitte November letzten Jahres, die 24 Stunden von Dubai unter anderem mit Schubert Motorsport Mitte Januar 2022 sowie Ende Januar das 24-Stunden-Rennen Daytona mit zahlreichen Werksfahrern.

BMW-M-CEO van Meel: "Wird für uns eine Lern-Saison"

"Für uns wird das eine Lern-Saison", sagte Franciscus van Meel, Geschäftsführer der BMW M GmbH und damit verantwortlich für BMW M Motorsport, im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Das Auto ist noch ganz frisch. Wir müssen erst einmal das Laufen lernen. Wir haben noch nicht so viele Fahrzeuge und noch nicht viel Erfahrung in Rennen. Wir werden in dieser Saison alles ausprobieren in der Konstellation mit dem Auto, den Teams und den Fahrern."

17 Einheiten des BMW M4 GT3 wurden bislang in der BMW M Manufaktur in Garching nahe München zusammengebaut, teilweise schon an internationale Teams ausgeliefert. Der nächste Großeinsatz steht beim 12-Stunden-Rennen von Sebring in der IMSA-Serie Mitte März bevor. Die deutschen Teams Schubert und Walkenhorst haben zuletzt Testfahrten mit dem neuen Münchner Top-Kundensportler in Portimao und Vallelunga bestritten.

BMW-M-CEO Franciscus van Meel mit dem neuen Safety Car der MotoGP, Foto: BMW Motorsport
BMW-M-CEO Franciscus van Meel mit dem neuen Safety Car der MotoGP, Foto: BMW Motorsport

"Werden die Teams nicht im Regen stehen lassen"

In der DTM können sie auf die Unterstützung von BMW M Motorsport bauen - im Gegensatz zur vergangenen Saison, als Walkenhorst und DTM-Aussteiger ROWE Racing mit dem Auslaufmodell BMW M6 GT3 größtenteils auf sich alleine gestellt waren. Van Meel: "Es geht darum, die neuen Fahrzeuge zu verstehen. Da unterstützen wir mit Know-how, weil wir unser Auto selbst am besten kennen. Wir machen auch jede Menge drum herum und müssen schauen, wie sich die Saison entwickelt."

Weitere Unterstützung der DTM-Teams Schubert und Walkenhorst in der bevorstehenden Saison, etwa durch von BMW M Motorsport abgestellte Ingenieure, sei laut van Meel "situationsabhängig": "Wenn es das erfordert, ja. Wir müssen jetzt das Laufen lernen in dieser neuen Konstellation, das haben wir uns so vorgenommen. Und wir werden die Teams nicht allein im Regen stehen lassen. Das gemeinsame Interesse ist, zu gewinnen. Was auch sonst?"

BoP-Herausforderung namens BMW M4 GT3

Um gegen die starke Konkurrenz in der DTM von Marken wie Mercedes-AMG mit immerhin jetzt schon feststehenden acht Mercedes-AMG GT3 im Starterfeld antreten zu können, will BMW M Motorsport auf Zusammenhalt setzen. Ein direkter Austausch zwischen Walkenhorst und Schubert etwa in der Daten-Analyse könne von Vorteil sein, sagte van Meel: "Das fördern wir eigentlich auch bei unseren Teams und spielen mit offenen Karten."

Unterstützung soll es auch mit Blick auf die Balance of Performance geben, die in der DTM unter dem GT3-Reglement eine sehr wichtige Rolle einnimmt. Der Vorgänger BMW M6 GT3 galt rückblickend als limitierender Performance-Faktor im Feld, zum Saisonende hin war das Auto deutlich an seine Leistungsgrenzen gestoßen und spielte im finalen Titelrennen plötzlich keine Rolle mehr. Beim BMW M4 GT3 soll darauf geachtet worden sein, ein noch breiteres Performance-Fenster nutzen zu können.

Gleichwohl gilt die Einstufung eines neuentwickelten Autos stets als besondere Herausforderung für die BoP-Verantwortlichen, hier beim DTM-Dienstleister AVL. So wurde der BMW M4 GT3 mangels Erfahrung zuletzt in Daytona nach Experten-Ansicht ziemlich konservativ einbalanciert. Ein deutlicher Nachteil beim Topspeed war die Folge für die drei Autos, die sich zudem mit beschädigten Diffusoren im Heckbereich herumplagten.

Die RLL-BMW M4 GT3 bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: BMW M Motorsport
Die RLL-BMW M4 GT3 bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: BMW M Motorsport

BoP? "Es wird definitiv Unterstützung geben"

"Zum Thema BoP wird es definitiv auch Unterstützung geben", kündigte van Meel an. "Ganz alleine kann man die Teams da auch nicht lassen, weil wir unser Auto ja am besten kennen." Seit einer ganzen Weile ist es üblich, dass Hersteller im GT3-Bereich ausgewiesene BoP-Experten beschäftigen, um bei der jeweiligen Einstufung zu unterstützen - und im Zweifelsfall auch im Sinne des eigenen Arbeitgebers zu argumentieren...

Mit Blick auf die Balance of Performance gelten besonders GT3-Autos mit einem Turbomotor als äußerst komplex einzustufen. Hier spielen vorhandene Datensätze eine noch größere Rolle als bei Fahrzeugen mit einem reinen Saugmotor.

Franciscus van Meel verantwortet als M-Chef auch BMW M Motorsport, Foto: BMW Motorsport
Franciscus van Meel verantwortet als M-Chef auch BMW M Motorsport, Foto: BMW Motorsport

Van Meel über BoP: Hoffen auf den ersten Schuss

Sorgen, dass es eine ganze Weile brauchen könnte, bis in der DTM eine ausgeglichene BoP herrscht, hatte van Meel offenbar nicht: "Es gibt natürlich eine idealistische Erwartungshaltung, die besagt, dass von Anfang an so balanciert wird, dass es passt. Da kann man aber niemandem einen Vorwurf machen. Wir müssen einfach hoffen, dass der Schuss von Anfang an einigermaßen gut sitzt. Auch mit Blick auf alle anderen Autos."

Dabei nahm van Meel auch die DTM-Dachorganisation ITR in die Pflicht, für einen möglichst ausgeglichenen Wettbewerb zwischen den Herstellern und Teams zu sorgen. "Es ist unsere Annahme, dass wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass es eine interessante Rennserie wird", sagte der 55 Jahre alte, gebürtige Niederländer. "Eine Serie ist nur dann spannend für Zuschauer, wenn man das Gefühl hat, dass alle gleich schnell sind und es keine massiven Unterschiede in den jeweiligen Performances gibt."