Sie haben gestrahlt, teils vor Aufregung, teils vor Vorfreude, als es vor rund zwei Wochen in Lissabon auf die ersten der 8000 Dakar-Kilometer ging. Alle wollten sie in Dakar ankommen, einige hofften auf Tagessiege und ein paar auf den ganz großen Wurf mit dem Gesamtsieg. Viel ist bei den meisten davon nicht übriggeblieben. 264 Motorräder, 189 Autos und 85 Trucks waren an den Start gegangen, 132 Motorräder, 109 Autos und 60 Trucks erreichten das Ziel.

Auf dem Weg dazwischen spielten sich Geschichten ab, wie nur die Dakar sie schreiben kann und wie sie viele der Teilnehmer am liebsten nicht erlebt hätten. Die dunkelsten davon waren sicherlich jene zwei, die den Tod beinhalteten. Die erste davon ereignete sich am 9. Januar auf der vierten Etappe. Der 29-jährige Motorrad-Pilot Elmer Symons war auf der Prüfung gestürzt und seinen Verletzungen erlegen. Symons war zum ersten Mal als Fahrer bei der Dakar dabei. Vorher hatte er als Mechaniker an der Rallye teilgenommen. Ein erfahrener Motorrad-Pilot war er trotzdem, denn immerhin seit 1996 war er bei zahlreichen Enduro- und Offroad-Bewerben mitgefahren.

Elmer Symons verünglückte auf der vierten Etappe, Foto: Flechsig T.
Elmer Symons verünglückte auf der vierten Etappe, Foto: Flechsig T.

Die zweite Todesnachricht ereilte den Dakar-Tross am vorletzten Tag. Der Franzose Eric Aubijoux hatte die Wertungsprüfung bereits hinter sich gelassen und befand sich auf der Verbindungsetappe ins Biwak. 15 Kilometer vor dem Ziel seiner Fahrt musste er stoppen, weil ihm schwindlig war. Kurz darauf fiel er in Ohnmacht und schließlich versagte sein Herz. Nicht zuletzt wegen Vorfällen wie diesen zweien, fällte der Vatikan bereits während des Rennens sein Urteil über die Dakar. Die Vatikan-Zeitung L'Osservatore Romano nannte die Veranstaltung einen"blutigen, unverantwortlichen, brutalen und zynischen Versuch, den Entwicklungsländern fragwürdige westliche Ansichten aufzudrücken".

Die Dakar fuhr natürlich trotzdem und bot eine Dramaturgie, wie sie Hollywood-Drehbauchautoren schon lange nicht mehr zustande bringen. So ließen die Volkswagen bei den Autos zu Beginn gleich keinen Zweifel aufkommen, wer der Favorit auf den Sieg ist. Die ersten drei Etappen gehörten den Race Touaregs. Bei den Motorrädern schlugen bei den ersten beiden Tagesabschnitten, die noch in Europa gefahren wurden, aber die Außenseiter zu. Nichts war es mit KTM-Tagessiegen gleich zu Beginn. Die beiden Yamaha-Piloten Ruben Faria und Helder Rodrigues teilten sich die zwei Etappen brüderlich auf und kamen als Gesamtführende in Afrika an.

Gar nicht in Afrika an, kam Ellen Lohr. Bereits auf der ersten Etappe hatte sie viel Zeit verloren und schließlich noch eine Zeitstrafe von fünf Stunden bekommen. Auf der zweiten Etappe kam es dann noch schlimmer. Die Prüfung hatte sie bereits gemeistert, da ging ihr auf der Verbindungsetappe das Getriebe kaputt. Bis das Service Fahrzeug eintraf, um den Schaden zu beheben, war nur mehr eine Stunde Zeit, um die Fähre nach Afrika zu erreichen. Das ging sich nicht mehr aus und für Ellen Lohr war die Dakar schon vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte.

In Lissabon war bei Ellen Lohr noch alles in Ordnung, Foto: Lohr
In Lissabon war bei Ellen Lohr noch alles in Ordnung, Foto: Lohr

Denn in Afrika angekommen, zeigte KTM bei den Motorrädern sehr schnell, wie unwichtig die Abschnitte in Europa eigentlich waren und zogen der Konkurrenz auf und davon. Vor allem Marc Coma legte mit einer zielsicheren Navigation und einem höllischen Tempo der Konkurrenz einiges vor. Auch bei den Trucks zeigte Vladimir Chagin, dass er nicht umsonst fünfmaliger Sieger ist. Und Volkswagen ließ zwar Zwischendurch einmal Jean Louis Schlesser auf der vierten und Robby Gordon auf der sechsten Etappe gewinnen, aber ansonsten hatte das Team alles fest im Griff.

Bis dann das Schicksal zuschlug und die Favoriten reihenweise purzeln ließ. Jutta Kleinschmidt gehörte trotz schnellem Auto übrigens nie dazu. Bereits in Europa hatten ihr mechanische Probleme jegliche gute Platzierung unmöglich gemacht. Das setzte sich auch in Afrika zunächst fort. Doch zurück zu den wahren Favoriten und ihren Stürzen. Als ersten erwischte es Vladimir Chagin, der auf der fünften Etappe seinen Kamaz-Truck auf das Dach legte und das Rennen fortan nur noch als Beobachter verfolgen konnte. Damit war für den Niederländer Hans Stacey der Weg zum Sieg frei.

Cyril Despres profitierte von Marc Comas Ausfall, Foto: Gauloises
Cyril Despres profitierte von Marc Comas Ausfall, Foto: Gauloises

Bei den Autos passierte alles auf Etappe neun. Während Jean-Louis Schlesser seinen zweiten Tagessieg einfuhr stürzte der Himmel über Carlos Sainz und Giniel de Villiers - und dessen deutschen Beifahrer Dirk von Zitzewitz - zusammen. Zunächst war es de Villiers, der seine Träume von einem Gesamtsieg in Rauch aufgehen sah. Wegen einer Fehlfunktion in seinem Turbo fing der Motor Feuer und der Südafrikaner musste vom Assistenz-Truck ins Ziel geschleppt werden. Das Resultat waren über acht verlorene Stunden.

Dann erwischte es Sainz, der mit Problemen an der Elektronik nach 325 von 494 Prüfungskilometern zum Stillstand kam. Zunächst blieb Marc Miller zu seiner Hilfe stehen, dann folgte Carlos Sousa mit seinem deutschen Beifahrer Andreas Schulz, um Hilfe zu leisten. Schließlich wurde das Auto auch ins Ziel gebracht, doch es gingen mehr als sieben Stunden verloren.

Nach diesem Waterloo für Volkswagen war auf einmal wieder Mitsubishi in Führung. Stéphane Peterhansel und Luc Alphand lagen mit ordentlichem Vorsprung vor dem Rest des Feldes und konnten ihre Doppelführung ohne größere Probleme nach Hause fahren. Für Peterhansel bedeutete das den neunten Gesamtsieg bei der Dakar, nachdem er bereits sechs Mal bei den Motorrädern und zwei Mal bei den Autos siegreich war. Doch Volkswagen ließ deswegen die Köpfe nicht hängen. Nachdem Nasser Al Attiyah auf der zehnten Etappe gezeigt hatte, dass der BMW auch zu Tagessiegen fähig ist und auf der elften keine Prüfung stattfand, holte sich das Team von Kris Nissen danach alle restlichen Etappen. Drei Mal schlug Carlos Sainz zu und am Schlusstag gewann noch einmal Giniel de Villiers. Damit hatte VW insgesamt zehn Tagessiege und doch kaum Zählbares.

Carlos Sainz holte fünf Tagessiege, Foto: VW-Motorsport
Carlos Sainz holte fünf Tagessiege, Foto: VW-Motorsport

Noch viel näher am Sieg als VW war bereits Marc Coma. Der spanische KTM-Pilot lag bis zur 13. Etappe souverän in Führung. Doch dann traf er auf einen Baum und stürzte schwer. Glücklicherweise hatte er sich dabei keine schweren Verletzungen zugezogen. Zwar war zunächst von einer Kopfverletzung die Rede, aber die ärztlichen Untersuchungen zeigten, dass es ihm den Umständen entsprechend gut ging.

Durch Comas Unglück kam ein Pilot nach vorne, der im vergangenen Jahr wegen eines Sturzes den Gesamtsieg abschreiben musste. Cyril Despres, Sieger von 2005, war zwei Tage vor Ende des Rennens auf einmal in die Position des Führenden geschlüpft und gab sie bis zum Schluss nicht mehr her. Somit standen sie fest, die drei strahlenden Sieger: Cyril Despres, Stéphane Peterhansel und Hans Stacey. Doch nicht nur die drei hatten ein Strahlen in den Augen, als sie in Dakar feiern durften. Alle, die die zwei Wochen durchgestanden hatten, waren glücklich über das erreichte. Die Erinnerung daran wird wohl immer bleiben, auch die Erinnerung an jene, die nicht mehr angekommen sind.