Sechs Sekunden Vorsprung nach sechsstündiger Vollgas-Hatz: Matthias Kahle und Thomas Schünemann ließen sich selbst von einem Reifenschaden nicht aufhalten und starten mit einem Polster von fast 15 Minuten auf den elftplatzierten Eric van Loon in das Finale.

Vor dem Start in die zwölfte und damit vorletzte Etappe der Rallye Dakar gab es Bedenken im Lager des HS RallyeTeams. Würden die knapp 15 Minuten Vorsprung auf Van Loon reichen, um Platz Zehn verteidigen zu können? Immerhin saß ihnen der amtierende niederländische Rallyemeister in einem starken Allrad-Prototypen im Nacken, der bei der ersten Dakar in Südamerika im Jahr 2009 noch einer der drei Werkswagen des Mitsubishi-Teams war. Die entscheidende Szene spielte sich auf den ersten 80 von insgesamt 555 Kilometern der Prüfung ab. Während die Mitsubishi-Crew einen Navigationsfehler beging, der sie mehrere Minuten kostete, meisterten Kahle und Schünemann das weitläufige und sandige Gelände ohne Schwierigkeiten. Vier Minuten hinter Van Loon gestartet, lag der SMG-Diesel-Buggy plötzlich sogar auf der Strecke vor seinem direkten Rivalen.

Der Niederländer zog erst im neutralisierten Abschnitt an Kahle/Schünemann vorbei, als das deutsche Duo einen Reifen an seinem 300 PS starken Offroader wechseln musste. Anschließend stellte der siebenfache deutsche Rallyemeister Kahle erneut sein ganzes Können unter Beweis. Obwohl sein zweiradgetriebener Buggy auf den kurvenreichen Strecken eindeutig im Nachteil war, retteten Kahle und Copilot Schünemann sechs Sekunden Vorsprung gegenüber Van Loon ins Ziel. Der zehnte Buggy-Tagessieg bei der diesjährigen Dakar und der 20. insgesamt verkamen dabei zu Randnotizen. Die Buggy-Wertung führen Kahle/Schünemann mit über fünf Stunden ohnehin souverän an.

Vor der 181 Kilometer kurzen Abschlussprüfung liegen damit beide im Wettbewerb verbliebenen Fahrzeuge des HS RallyeTeams auf Rang Zehn. Auch Mathias Behringer, Hugo Kupper und Jochen Seiler verteidigten ihre Top-Ten-Platzierung auf der zwölften Etappe. Dank der sensationellen neunten Position in der Tageswertung – lediglich 14 Minuten hinter dem Sieger – hat die Lkw-Crew vor dem Finale anderthalb Stunden Vorsprung auf den ersten Verfolger.

Kahle erzählte: "Die Prüfung war schwieriger als erwartet. Die ersten 200 Kilometer durch Sand waren von der Navigation und fahrerisch sehr anspruchsvoll. Zum Glück hatten wir nur kleinere Probleme. Ein Reifenschaden hat uns ein paar Minuten gekostet, außerdem mussten wir gegen Ende der Prüfung im Staub von zwei Service-Lkw fahren, die extra ein paar Stunden zu spät in die WP gestartet sind, um ‚ihren´ Autos im Notfall helfen zu können. Wir haben den Abstand zu Platz Elf gehalten, das war wichtig. Aber die Rallye ist noch nicht vorbei. Wir dürfen uns auch morgen keine Fehler erlauben."

Auch Schünemann schien zufrieden mit der Tagesleitung: "Matthias hat mich heute sehr beeindruckt. Wie cool und souverän er unter Druck Höchstleistung abrufen kann, ist immer wieder faszinierend. Er hat sehr großen Anteil daran, dass wir den Vorsprung verteidigt haben. Aber wir wissen auch, wie schnell man bei so einer Rallye ein paar Minuten verloren hat. Bei der Silk Way Rallye haben wir auf der Schlussetappe noch einen Platz gewonnen, obwohl die Prüfung nur 16 Kilometer lang war. Es kann also noch immer alles passieren."

Für das Finale der Rallye Dakar 2011 haben sich die Veranstalter eine kurze und schnelle Prüfung über 181 Kilometer ausgesucht. Auf den Schotterstraßen zwischen Cordoba und Buenos Aires kommt es darauf an, keinen Fehler zu begehen. Das Ziel der Prüfung ist im Autodrom von Baradero und gibt den Fahrern einen ersten Vorgeschmack auf die große Siegesfeier am Sonntag in Buenos Aires.