Mit Lego-Autos hat wohl so ziemlich jeder Motorsport-Fan in der Kindheit oder Jugend gespielt und seiner Kreativität mit den bunten Steinen freien Lauf gelassen. Stellte später Lego-Technik für den einen oder anderen Baustein-Enthusiasten schon eine Herausforderung dar, war das nichts im Vergleich zur wohl verrücktesten Aktion am Rande des diesjährigen 24-Stunden-Rennens von Le Mans.

Kein Witz: Lego-Experten bauten beim Langstreckenklassiker in Frankreich ein lebensgroßes Peugeot-Hypercar auf - innerhalb von nur 24 Stunden! Die Bestandteile dieser einmaligen Challenge klingen irre: Für den Bau des Rennwagens kamen schier unglaubliche 626.392 Einzelteile zum Einsatz, die im Vorfeld zu 720 Elementen zusammengefügt worden waren. Das Modell auf Basis des Peugeot 9X8 wiegt mehr als 900 Kilogramm, ist 5,20 Meter lang, 2,20 Meter breit und 1,36 Meter hoch.

Das fertige Peugeot-Hypercar aus Lego-Steinen in Le Mans, Foto: Motorsport-Magazin.com
Das fertige Peugeot-Hypercar aus Lego-Steinen in Le Mans, Foto: Motorsport-Magazin.com

Zwölf Lego-Bauexperten in Le Mans am Werk

Zwölf Lego-Bauexperten - ja, das klingt nach einem Traumjob - waren in Le Mans Tag und Nacht mit dem Zusammenbau des Hypercars beschäftigt, der Startschuss fiel am Freitag um 19:00 Uhr unter den Augen tausender Zuschauer, Peugeot-CEO Linda Jackson sowie den Peugeot-Werksfahrern. "Ich habe früher auch mit Lego gespielt - aber nicht so groß!", zeigte sich der Däne Mikkel Jensen im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com beeindruckt.

Das Projekt unterlag wenig überraschend einer akribischen Planung im Vorfeld, die rund ein halbes Jahr vor dem 24h-Rennen in Le Mans begann. Normalerweise benötigt laut Lego-Angaben ein achtköpfiges Team mehr als fünf Monate, um ein Technik-Modell dieser Größe aufzubauen, von denen einige wenige auf der Welt ausgestellt sind. Und tatsächlich gelang es der Lego-Mannschaft, innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens fertig zu werden: Bereits 01:57.38 Stunden vor dem Ende der 24 Stunden stoppte die Uhr.

Geschafft! Legos Bauexperten waren vor dem Ablauf der 24 Stunden fertig, Foto: Lego
Geschafft! Legos Bauexperten waren vor dem Ablauf der 24 Stunden fertig, Foto: Lego

Sogar Laptops mit grafischen Konstruktionsplänen und Bauanleitungen mit schier unzähligen Seiten kamen zum Einsatz, um das Auto - beginnend mit der Heckpartie - in Kleinstarbeit zusammenzustückeln. Die Einzelteile wurden im Vorfeld sauber durchnummeriert, um dem originalen Rennwagen des französischen Autobauers am Ende so nah wie möglich zu kommen.

So sahen die ersten Schritte beim Bau des Peugeot 9X8 aus, Foto: Motorsport-Magazin.com
So sahen die ersten Schritte beim Bau des Peugeot 9X8 aus, Foto: Motorsport-Magazin.com

Lego-Modell des Peugeot 9X8 wiegt über 900 Kilo

Die Abmaße entsprechen nahezu dem 9X8-Hypercar, beim Gewicht (Original-Mindestgewicht: 1.030 Kilo) konnte das Team sogar gut 100 Kilogramm einsparen. Nur die Räder bestanden nicht aus Lego-Steinen, sondern waren waschechte Slicks. Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und zuhause ebenfalls ein Lego-Peugeot zusammenbasteln möchte, kann ganz ohne Experten-Hilfe bewerkstelligen: Lego bietet ein 50 Zentimeter langes 9X8-Modell mit immerhin 1.775 Elementen zum Preis von knapp 200 Euro an.

"Als Kind habe ich mit Lego und später auch mit Lego-Technik gespielt", sagte der zweifache DTM-Vizemeister und Peugeot-Werksfahrer Nico Müller zu Motorsport-Magazin.com. "Dass die Jungs hier ein Auto aufbauen, das ich ja praktisch im Rennen fahre, ehrt mich und macht mich auch ein wenig stolz. Eine wirklich tolle Aktion für die Fans!"

Lego-Auto aus über 600.000 Elementen - hier noch mitten im Aufbau, Foto: Motorsport-Magazin.com
Lego-Auto aus über 600.000 Elementen - hier noch mitten im Aufbau, Foto: Motorsport-Magazin.com

Peugeot sorgt bei 24h Le Mans für Schlagzeilen

Im realen 24-Stunden-Rennen führte der Schweizer Müller das Feld in der Nacht auf Sonntag mit seinen Teamkollegen Loic Duval und Gustavo Menezes auf dem #94-9X8 sogar eine ganze Weile an und sorgte damit für Schlagzeilen, nachdem Peugeot nicht zu den Favoriten zählte. Ein Crash von Menezes in der feuchten Hunaudieres-Schikane nach einem über dreistündigen Marathon-Stint von Müller machte die Hoffnungen auf eine mögliche Sensation schließlich zunichte.

Die beiden Peugeot-Hypercars im Paarflug beim Zieleinlauf, Foto: Peugeot
Die beiden Peugeot-Hypercars im Paarflug beim Zieleinlauf, Foto: Peugeot

Beim bisher überzeugendsten Auftritt des Peugeot-Werksteams in der Langstrecken-WM rollten die beiden Hybrid-Hypercars größtenteils problemfrei über den Circuit de la Sarthe, bis rund zweieinhalb Stunden vor dem Rennende Hydraulikprobleme auftraten und Zeit in der Box kosteten. Ein später Motorschaden warf die Crew der #94 weiter zurück.

Womit zahlreiche Experten im Vorfeld nicht unbedingt gerechnet hatten: Sowohl die #94 als auch der Wagen mit der Startnummer #93 (Paul Di Resta/Jean-Eric Vergne/Mikkel Jensen) sahen die Zielflagge und beendeten das Rennen auf den Plätzen acht (#93, 12 Runden Rückstand) und zwölf (#94, 32 Runden Rückstand) in der Top-Klasse beim Sieg von Ferrari, das wie Peugeot sein Comeback bei den 24 Stunden von Le Mans gab.