Gerne erinnert man sich bei BMW an den Saisonauftakt 2007, als Andy Priaulx, Jörg Müller und Augusto Farfus für einen zweifachen Dreifach-Sieg sorgten. Ziemlich genau ein Jahr später geht es an gleicher Stelle wieder los: am kommenden Wochenende startet die WTCC-Saison mit den Läufen im brasilianischen Curitiba. Doch in München erinnert man sich auch daran, dass der große Konkurrent Seat vor zwölf Monaten mit Benzin-Motoren fuhr und man mittlerweile auf die stärkeren Diesel gewechselt hat.

Schon in den letzten Rennen des Vorjahres zeigte sich das Potenzial des spanischen Klopfers. Pünktlich zum Qualifying mischte vor allem die Seat-Speerspitze Yvan Muller an der Spitze des Feldes mit, nachdem er im Training meist eine knappe Sekunde langsamer war - der neue Motor braucht viel Feintuning, heißt es bei den Spaniern. Ohne den technischen Defekt beim Finale in Macau wäre Muller mit ziemlicher Sicherheit Weltmeister geworden und genau das will der Franzose 2008 nachholen.

Darf Seat 2008 noch öfter jubeln?, Foto: Sutton
Darf Seat 2008 noch öfter jubeln?, Foto: Sutton

Yvan Muller hat gute Chancen, sich bei den ersten beiden Veranstaltungen des Jahres einen kleinen Vorsprung zu erarbeiten, denn er hat den technischen Vorteil auf einer Seite. Zum einen sind die BMW 15 Kilo schwerer als im letzten Jahr, zum anderen verlieren die Saugmotor im 900 Meter über Normalnull liegenden Curitiba mehr als zehn Prozent ihrer Leistung, während die Selbstzünder aus dem Hause Seat auf die gewohnten Pferde zurückgreifen können. Noch krasser wird der Unterschied in Puebla, der zweiten Runde, sein: Mehr als 2000 Meter über dem Meeresspiegel haben die Benziner kaum noch Sauerstoff zum Atmen und verlieren ein Viertel der Leistung.

Während sich BMW und Chevrolet akribisch auf die Saison vorbereiten und zusammen testeten, blieb das wahre Potential von Seat den ganzen Winter über im Verborgenen. Die Truppe um Yvan Muller und Tiago Monteiro testete nicht einmal zusammen mit den anderen Herstellern. Man hat Angst vor einer neuen Einstufung, denn die FIA wird nicht vor einer neuen Reglementierung der Diesel zurückschrecken, falls diese überlegen sein sollten. "Wir wollen die Nummer eins sein und daher müssen wir gewinnen. Wir haben es 2007 fast geschafft, daher wissen wir, dass wir es können und das ist auch unser Ziel", erklärte Sport-Direktor Jamie Puig vor dem Saisonstart.

Wir stark sind BMW und Priaulx?, Foto: Sutton
Wir stark sind BMW und Priaulx?, Foto: Sutton

Bei Chevrolet ist die Devise im dritten WM-Jahr klar: der Titel muss her. Mit Nicola Larini, Rob Huff und Alain Menu vertraut man abermals auf das gleiche Fahrer-Trio wie zuvor und setzt voll auf den Schweizer Menu. Er konnte schon 2007 Seat und BMW ärgern, hatte bis zuletzt Chancen auf die Meisterschaft. Aber auch Menu hält Seat für den großen Favoriten beim Auftakt in Brasilien, wie er in seiner Motorsport aktuell-Kolumne berichtet: "Haarnadeln und Höhenlage lassen erwarten, dass die Seat-Turbodiesel dieses Jahr einen Vorteil haben werden."

"Der Saisonstart ist immer ein spannender Moment. Es mischt sich allerdings auch immer ein wenig Besorgnis in die Vorfreude. Man fragt sich, ob die nötige Arbeit über den Winter wirklich getan wurde und wie die Konkurrenz aufgestellt ist", so der Weltmeister Andy Priaulx aus dem Lager von BMW. "Es beruhigt mich jedoch zu wissen, dass wir unseren Job gut erledigt haben und man an der Leistung seiner Rivalen nun mal nichts ändern kann. Ich kann nur versuchen, sie auf der Strecke zu schlagen." Auch Jörg Müller, der zweite deutsche Teilnehmer neben Franz Engstler, freut sich, dass es endlich wieder losgeht. 2007 konnte der Hückelhovener die Pole-Position holen und ein Rennen gewinnen. "Wir haben das nötige Material und ein starkes Team, um auch diesmal wieder vorne mitzumischen. Aber man weiß natürlich nie, wie stark die Konkurrenz wirklich ist", berichtet Müller.

Neben den drei bekannten Herstellern werden mit Honda und Lada zwei neue Marken in der WM vertreten sein. Nach dem endgültigem Ende der Alfa-Romoes wird das italienische Team N-technology 2008 einen Honda Civic einsetzen. Da diese aber noch nicht fertig aufgebaut sind, wird man auf den Saisonstart und wohl auch die Läufe drei und vier in Puebla verzichten. Als Fahrer setzen die Italiener erneut James Thompson ein, der im letzten Jahr mehrere Rennen für sich entscheiden konnte. Ab dem dritten Rennen in Valencia soll auch Lada in die WTCC einsteigen. Russian Bears Racing setzt Jaap van Lagen und Viktor Shapovalov in zwei Lada 110, die bisher aber keine FIA-Homologation erhalten haben.