Teamportrait

Minardi war über Jahrzehnte der Inbegriff für Überlebenskampf, Finanzprobleme, hintere Startreihen, Wunder und ein Sprungbrett für junge Talente. Zumindest dieser letzte Punkt soll auch in Zukunft unter der neuen Führung von Red Bull erhalten bleiben. Allerdings nur noch für Piloten des Red Bull Junior Teams.

Durch die Übernahme des in Faenza stationierten Ex-Rennstalls von Paul Stoddart verlor die F1 eines ihrer sympathischsten Teams. Andererseits gewann sie ein finanziell stabiles, seriös geführtes und ambitioniertes Team.

Ob der geringeren finanziellen Möglichkeiten und dem Charakter als Durchgangsstation für junge Piloten auf dem Weg nach oben, sind die Mittel der Scuderia Toro Rosso zwar begrenzt, doch niemand in der weiten F1-Welt unterschätzt Red Bull und dessen Zweitteam.

Nicht zuletzt der sensationelle Regensieg von Sebastian Vettel beim heimischen Grand Prix von Italien 2008 trug zur Reputation der beliebten Truppe aus Faenza bei. Generell hielt der Aufwärtstrend des Teams zwar an, Vettel selbst war aber nicht zu halten - ihn zog es in der Folge logischerweise zum großen Red-Bull-Team.

Mit Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari wurde auch danach die Tradition der jungen Wilden fortgeführt. Zwar blieben die großen Überraschungen aus, einen soliden Platz im Mittelfeld der F1 sicherte sich die kleine Scuderia aber allemal. Mit der Verpflichtung von Daniel Ricciardo und Rookie Jean-Eric Vergne setzte Toro Rosso seine Jugendarbeit auch 2012 fort. Immerhin reichte es zu vier achten Plätzen durch Vergne und vier neunten Rängen durch Ricciardo. 2013 setzte Toro Rosso auf Kontinuität und gab den beiden Youngstern eine weitere Bewährungschance. Während Vergne sich nur mäßig steigern konnte, überzeugte Ricciardo ein ums andere Mal mit Highlights und wurde belohnt: 2014 fuhr der Australier an der Seite von Sebastian Vettel bei Red Bull.

Bei Toro Rosso übernahm Daniil Kvyat das Cockpit von Ricciardo. Der junge Russe wusste in seiner Debütsaison zu überzeugen, sodass ihm der direkte Durchmarsch zu Red Bull gelang. Dort beerbt er 2015 Sebastian Vettel. Jean-Eric Vergne hingegen blieb nicht nur der Aufstieg verwehrt. Der Franzose muss trotz einer guten Saison 2014 das Feld räumen. So tritt Toro Rosso 2015 mit einer völlig neuen Paarung an: Einem Youngster-Duo bestehend aus Max Verstappen und Carlos Sainz Junior.

Nach viel Kritik am Alter der neuen Piloten unterstrichen Verstappen und Sainz, dass sie es verdient hatten, einen Platz in der Königsklasse zu ergattern. Im Vergleich zu 2014 konnte das Team seine Punkteausbeute mehr als verdoppeln und das, obwohl sie noch mit der Renault-Power-Unit fuhren.

Für die Saison 2016 wechselte Toro Rosso auf die Vorjahres-Motoren von Ferrari, im Gegensatz zur großen Schwester Red Bull, die dem Renault-Antrieb treu blieb. Mit den Fahren Carlos Sainz jr. und Max Verstappen startete der Rennstall aus Faenza in die neue Saison, ab dem Großen Preis von Spanien wechselte jedoch Daniil Kvyat mit Verstappen, da dieser zu Red Bull geholt wurde. 16 Plätze unter den besten zehn verhalf Toro Rosso zu Saisonende den siebten Platz in der Konstrukteurswertung, sowie den besten Platz der Ferrari-Kundenteams, vor Haas und Sauber.

2017 erwies sich für Toro Rosso als extrem turbulentes Jahr. Mit Sainz und Kvyat in die Saison gestartet, beendete der Rennstall das Jahr mit dem Duo Pierre Gasly und Brendon Hartley. Zuvor war Kvyat wegen mangelnder Leistung entlassen, Sainz an Renault vermittelt worden. Letzteres geschah, um aus dem Motorenvertrag herauszukommen. Denn für 2018 plant Red Bull, sein Juniorteam als Testlabor für Honda-Motoren zu nutzen. Die Trennung von Renault verkam jedoch zum Rosenkrieg. Weil die Teams sportlich in der Konstrukteurswertung konkurrierten und bei Toro Rosso die Renault-Aggregate auffällig oft den Dienst quittierten, führte das zu heftigen Wortgefechten. Die Saison beendete Toro Rosso auf P7.

Die Zusammenarbeit mit Honda sorgte 2018 für weniger Negativ-Schlagzeilen als zunächst erwartet. Dennoch blieb Toro Rosso von der Performance hinter den Leistungen der Vorjahre zurück. Lediglich ein vierter Platz von Pierre Gasly in Bahrain stellte einen Lichtblick dar. Mit 33 Punkten absolvierte das Team die schwächste Saison seit fünf Jahren und landete unter dem Strich auf Rang neun. Für 2019 holte Toro Rosso Daniil Kvyat zurück ins Team, während Alexander Albon den schwachen Brendon Hartley ersetzte.

2019 war eine der besten Saisonen in der Geschichte des Rennstalles. Von Saisonbeginn an punkteten die beiden Piloten regelmäßig, wobei sich Routinier Daniil Kvyat und Rookie Alexander Albon nicht viel schuldig blieben. Beim chaotischen Deutschland-GP sicherte sich Kvyat das erste Podium des Teams seit 2008. Dennoch war es Albon, der zu Saisonmitte den enttäuschenden Pierre Gasly bei Red Bull ersetzte. Nach seiner Rückkehr zu Toro Rosso blühte Albon auf, hatte Kvyat im Griff und krönte die Saison mit Platz 2 in Brasilien. Toro Rosso landete auf dem sechsten Rang der Team-Meisterschaft und damit so weit vorne wie seit 2008 nicht mehr.

Für 2020 bleibt dem Team die Fahrerpaarung erhalten. Der Name der Mannschaft aus Faenza lautet von nun an aber AlphaTauri.