Die Zeit bevor Loris Capirossis Wechsel zu Suzuki offiziell bekannt gegeben wurde, war nicht gerade eine Zeit, in der der Italiener in Harmonie mit Ducati lebte. Als der Wechsel dann endlich offiziell war, schien sich alles wieder zu normalisieren. Livio Suppo tauchte bei der Pressekonferenz seines baldigen Ex-Fahrers auf, es gab versöhnliche Worte und alles schien wieder gut zu sein. Eindrücke können aber täuschen, vor allem auf Pressekonferenzen.

Das bestätigte sich nach dem Rennen in Estoril, als Capirossi dem Fernsehsender Italia1 folgende Dinge sagte: "Auch in schwierigen Zeiten wie heute habe ich meinen vollen Einsatz gegeben, egal ob das Resultat schlecht oder null ist. Ich werde das bis zum Ende tun. Ich war fünf Jahre bei Ducati und ich werde bis zum letzten Rennen weiter alles für sie geben, das ist sicher. Man kann es aber nicht verhehlen: die Harmonie innerhalb des Teams ist nicht am Höhepunkt. Wir werden dennoch versuchen, gut zu arbeiten." Den Ursprung der Unstimmigkeiten wollte Capirossi nicht nennen, er hatte allerdings das ganze Estoril-Wochenende Probleme, mit seiner Maschine zurecht zu kommen, wie eigentlich schon das ganze Jahr.

Der Manager des Italieners, Carlo Pernat, wurde ein wenig konkreter. "Wenn die Dinge nicht gut laufen, dann gibt es keine Harmonie", erklärte er. Und er ging dabei auch wieder zurück auf die Verpflichtung von Marco Melandri bei Ducati, die damals vor allem dem Capirossi-Lager sauer aufgestoßen war. "Es ist klar, dass das, was mit Loris passiert ist, eine negative Sache war, vor allem die Art, wie die Dinge mit Melandri gehandhabt wurden. Das war vielleicht ein psychologischer Schlag für Loris. Die Harmonie im Team geht eindeutig etwas verloren."

Dieses Jahr stand Capirossi bei Ducati im Schatten anderer, Foto: Ducati
Dieses Jahr stand Capirossi bei Ducati im Schatten anderer, Foto: Ducati

Und noch etwas gefällt Pernat nicht besonders. Er kann zwar voll und ganz verstehen, dass Ducati unbedingt den Titel gewinnen will und deswegen für Casey Stoner alles Erdenkliche tut, doch was er nicht versteht, ist die fehlende Unterstützung für Capirossi. "Es ist klar, dass Loris im Moment etwas Hilfe gebrauchen könnte; nicht technisch sondern psychologisch. Ein bisschen mehr Harmonie würde allen nutzen. Loris hat in Japan zwei Mal und in Malaysia ein Mal gewonnen. Wir werden sehen, wie die Situation dort ist: mit weniger Spannung und etwas mehr technischer Arbeit kann Loris immer noch zeigen, was er drauf hat", sagte Pernat. Und darauf hofft er auch, damit die letzten Rennen von Capirossis Zeit mit Ducati noch einen positiven Abschluss finden.

Suppo selbst kann die Ausführungen von Capirossi und Pernat nicht ganz nachvollziehen und widersprach dem Argument, dass die Harmonie nicht mehr in Ordnung sei. "Wir geben unser Möglichstes, um zu verstehen, was passiert. Aber leider war die Leistung seit Saisonbeginn nicht gut. Er ist offensichtlich etwas demotiviert, aber für uns hat sich nichts geändert. Die Zuneigung zu Loris ist immer die gleiche. Sein Team bringt sich fast selbst um, wenn es versucht, seine Maschine 20 Mal pro Wochenende umzubauen", meinte der Ducati MotoGP Projektmanager. Suppo betonte, dass die Atmosphäre normalerweise von den Fahrern gemacht wird und dass ein gelassener und ruhiger Fahrer dem Team dabei hilft, bestmöglich zu arbeiten.

Was er aber nachvollziehen konnte, war der Umstand, dass das Jahr für Capirossi recht schwer war und sein Kopf vielleicht schon woanders ist. "Das ist verständlich, aber ich denke nicht, dass irgendetwas [eigenartiges] passiert. Ich verstehe Loris aus menschlicher Sicht: so eine desaströse Saison kann ihn nicht glücklich machen. Aber der Einsatz des Teams hat sich nie verändert; sie geben alles, da sie Loris seit Jahren mögen." Dass ein Fahrer unglücklich ist, wenn es nicht läuft, ist für Suppo klar, doch dann müsse er auch dem Team helfend zur Hand gehen und sagen, was passiert ist, meinte er weiter. Einfach alles zu wechseln, sei nicht die Lösung. Der große Wechsel hat aber schon stattgefunden. Damals gab es auch eine Pressekonferenz, wo alles gut schien.